Ist die Selbsthilfe im Kreis den Herausforderungen der Zukunft gewachsen?

„Bereit für morgen? Die Selbsthilfe im Kreis Warendorf. Herausforderungen, Entwicklungen, Chancen.“ Eine Veranstaltung der Selbsthilfe-Kontaktstelle im Kreis Warendorf.

Am 27.10.2016 fand im Mütterzentrum Beckum die oben genannte Veranstaltung statt. Initiiert von der Selbsthilfe-Kontaktstelle im Kreis Warendorf wurde hier der Frage nachgegangen, inwiefern die Selbsthilfe im Kreis den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist und wie die Vernetzung der Selbsthilfegruppen zu professionellen Akteuren des Sozial- und Gesundheitssystems verbessert werden kann.

Schon zu Beginn der Veranstaltung wurde den Gästen schnell klar, wie relevant die Selbsthilfe in Deutschland mittlerweile ist. Frau Multmeier, Moderatorin des Abends und Fachreferentin für Bürgerschaftliches Engagement beim Paritätischen NRW, wies darauf hin, dass es deutschlandweit derzeit ca. 70 – 100.000 Selbsthilfegruppen gibt. 110 davon hier im Kreis Warendorf. Auf einer anregenden Podiumsdiskussion mit für die Selbsthilfe relevanten Teilnehmern aus dem Kreis Warendorf wurde das Thema anschaulich bearbeitet.

Vertreter von Selbsthilfegruppen aus den Bereichen Sucht, Depressionen und neurologischen Erkrankungen stellten ihre Gruppen vor und beschrieben sehr anschaulich ihre Arbeitsweisen, aber auch den individuellen Nutzen, den sie für ihre Teilnehmenden und auch sich selbst im Gruppenaustausch sehen. Der Zugang in die Selbsthilfegruppen wurde von den Vertretern unterschiedlich beschrieben. „In unserer Gruppe hat in der Vergangenheit bereits ein guter Austausch mit den Ärzten stattgefunden, und auch Interessierte wurden schon durch Ärzte auf unsere Gruppe aufmerksam gemacht.“ berichtete Danny Warschitzka von der Selbsthilfegruppe „Spike Wave“. Diesen Austausch wünschen sich auch Vertreter anderer Selbsthilfegruppen, doch nicht immer gelingt dies: „Wir hatten bislang keinen Kontakt zu Ärzten und haben die Erfahrung gemacht, dass Ärzte auch nicht an uns verweisen.“, so die Rückmeldung von Vertretern aus weiteren Selbsthilfegruppen.

Angesprochen wurde auch die Nutzung der neuen Medien in der Selbsthilfe. Es herrschte Einigkeit darüber, dass der Fokus in Zukunft verstärkt auf sozialen Netzwerken und anderen Möglichkeiten des Internets liegen wird. Hier sollte auch die Selbsthilfe präsenter werden.

Ein sehr positives Beispiel wie Selbsthilfegruppen gegründet werden können, gab Herr Fleischhauer von der Quadro-Suchtberatung Beckum. Dort besuchen bestehende Selbsthilfegruppen die sich in der ambulanten Therapie befindlichen Menschen und stellen ihre Gruppen vor. So gelingt es, die Gruppen stets mit neuen Interessenten in Kontakt zu bringen, und ihnen schnell Zugang zu einer Gruppe zu geben. Denn, wie Herr Fleischhauer betont, sei gerade im Bereich Sucht die Selbsthilfe eine fast unersetzliche Methode, um langfristig Erfolge haben zu können. Diese oder eine ähnliche Vorgehensweise sollte nach Ansicht der beteiligten Selbsthilfegruppen auch in anderen Bereichen Anwendung finden.

Herr Dr. Sachse, niedergelassener Facharzt und stellvertretender Vorsitzender des Ärztenetzes Warendorf, erklärte, dass er bisher ausschließlich während seiner Tätigkeit als Oberarzt in einer Fachklinik Kontakt zur Selbsthilfe hatte, seit seiner Tätigkeit als niedergelassener Arzt jedoch nicht. Hier wurde über Wege gesprochen, wie den Selbsthilfegruppen die Möglichkeit gegeben werden kann, auch an Ärzte heran zu treten und ihre Gruppen dort bekannt zu machen. Herr Dr. Sachse zeigte sich betont offen gegenüber der Selbsthilfe und machte klar, dass er gerne bereit sei, Infomaterialien in seiner Praxis auslegen zu lassen und seine Mitarbeitenden auf die Selbsthilfegruppen im Kreis aufmerksam zu machen. Er betonte allerdings auch, dass dies eine individuelle Entscheidung von jedem Arzt sei, und man hier nichts vorgeben könne. Es wurde vereinbart, dass die Selbsthilfe-Kontaktstelle bei der nächsten Versammlung des Ärztenetzes im November die Anliegen der Selbsthilfegruppen vorbringen wird. Dass Selbsthilfe auch in das Bewusstsein der Ärzte kommt, ist nach Auffassung vieler Selbsthilfegruppenvertreter unverzichtbar. Sie fordern, das Thema Selbsthilfe auch in die Ausbildung zu integrieren.

„Bis dies erreicht werden kann, scheint noch ein langer Weg vor uns zu liegen. Es gilt weiter, gezielt die breite Öffentlichkeit über die Selbsthilfe zu informieren. Wir hoffen, dass sich dadurch in Zukunft noch mehr Menschen für die Selbsthilfe interessieren.“ resümierte Herr Lancier, Mitarbeiter der Selbsthilfe-Kontaktstelle im Kreis Warendorf. „Aber die Grundsteine sind nun gelegt.“ Die Selbsthilfe-Kontaktstelle bedankt sich sehr herzlich beim Mütterzentrum Beckum e.V. für das Bereitstellen des Veranstaltungsraumes.

 

Die Selbsthilfe-Kontaktstelle im Warendorf

Die Selbsthilfe-Kontaktstelle ist eine Beratungsstelle rund um das Thema Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen. Die Hauptaufgaben der Selbsthilfe-Kontaktstelle sind die Information und Beratung über Selbsthilfe, die Vermittlung in Selbsthilfegruppen und die Unterstützung bestehender Gruppen und Gruppengründungen.

Weitere Informationen unter http://www.selbsthilfe-warendorf.de

 

 

Unser Foto zeigt

v.l.n.r.: Danny Warschitzka (Selbsthilfegruppe Spike-Wave e.V.), Jörg Freitagsmüller (Selbsthilfegruppe Quadro-Beckum), Udo Käfke (Selbsthilfegruppe Depressionen), Andrea Multmeier (Paritätischer NRW), Dr. Florian Sachse, Gerhard Fleischhauer (Quadro-Drogenberatung), und Christiane Vollmer (Selbsthilfe-Kontakstelle)