Mit Verwunderung nahm Dorothee Stattmann von der Tischlerei Röwekamp & Stumpe aus Telgte einen kürzlich gesendeten Bericht im WDR-Fernsehen zur Kenntnis, in dem es um die Gleichberechtigung im Beruf ging und der Fall einer jungen Frau dargestellt wurde, die trotz vieler Bewerbungen keinen Ausbildungsplatz als Tischlerin erhalten hatte. Im eigenen Betrieb gibt es ganz andere Erfahrungen. Dort wurden bis 2017 zwölf junge Menschen ausgebildet, davon waren 50 % weibliche Auszubildende, und im August fängt eine weitere junge Frau als Auszubildende an. Dass in der Öffentlichkeit nicht auch die andere Seite gezeigt wird, nämlich dass Handwerksunternehmen ganz bewusst in ihrer Personalplanung Frauen miteinbeziehen, bedauert sie.
„Auch in anderen Tischlereien im Kreis Warendorf befinden sich junge Frauen in der Ausbildung“, erklärt Heinz-Bernd Lohmann, Obermeister der Fachinnung Holz und Kunststoff Warendorf. „Wie so viele andere Handwerksberufe ist auch das Tischlerhandwerk nach wie vor männerdominiert, aber Frauen sind deshalb noch keine „Einhörner“ im Handwerk“, meint Lohmann und verweist darauf, dass in den Tischler-Gesellenprüfungen der letzten Jahre und dem Gestaltungswettbewerb „die gute form“ immer wieder junge Frauen ganz oben standen und für ihre Leistungen ausgezeichnet wurden.
Frank Tischner, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf, bestätigt, dass gerade in den gewerblich-technischen Handwerksberufen der Frauenanteil teilweise gering sei. „Aber das liegt nicht an der mangelnden Bereitschaft der Betriebe, weibliche Azubis einzustellen, sondern vor allem auch am Fehlen geeigneter Bewerbungen von Schülerinnen.“ Deshalb begrüßt er auch Aktionen wie den jährlich stattfindenden „Girls‘ Day“ oder die Berufsfelderkundungen für die 8. Klassen, damit Mädchen auch sogenannte „Männerberufe“ im Handwerk kennenlernen und Hemmschwellen abbauen können.
Wenn der Weg in eine Handwerksausbildung gefunden wird, dann ist diese in der Regel erfolgreich, da ist er sich mit Obermeister Lohmann einig. „Weil die Wahl für ein Handwerk von den Mädchen zumeist ganz bewusst getroffen wird, wird auch die Ausbildung zielgerichtet und mit viel Einsatz durchgezogen“, so Tischner.
„Gleichberechtigung findet in den Köpfen der Betriebsinhaber wie auch der jungen Frauen statt, und dafür braucht man positive Beispiele.“ Davon ist Heinz-Bernd Lohmann überzeugt und verweist auf Handwerksunternehmen wie die Tischlerei Röwekamp & Stumpe, Innungsbeste in den Gesellenprüfungen oder auch auf seine Amtskollegin in Münster Brigitta Hagemann, Obermeisterin der dortigen Tischler-Innung.
Dass Frauen im Handwerk bei der Tischlerei Röwekamp & Stumpe kein neues Thema ist, zeigt das Treffen mit einem Teil der ehemaligen Auszubildenden, zu denen neben der aktuellen Auszubildenden auch eine Tischlergesellin und eine Tischlermeisterin kamen.
V.l.n.r.: Dorothee Stattmann, Nadine Treu, Antonia Stumpe, Eva Büscher, Alex Stenner, Friedrich Stumpe, Nils Röwekamp, Arne Schmidt, Philipp Winkels