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Musikszene in der Corona-Krise 

Foto: pixabay.de

Eine Online-Befragung des Landesmusikrats dokumentiert die problematische Einkommenssituation der Freischaffenden in der Musikbranche 

In der Corona-Krise hat sich die ohnehin schwierige finanzielle Situation der freischaffenden Musiker*innen und Musikpädagog*innen noch einmal dramatisch verschärft. Das zeigt eine vom Landesmusikrat NRW initiierte Online-Befragung. An der von Prof. Dr. Heiner Barz, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, durchgeführten Studie nahmen ca. 200 Befragte der freien Musikszene teil.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Musiker*innen und Musikpädagog*innen in NRW mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von 2.028 EUR aus der Sparte Musik oder 2.492 EUR, wenn man sonstige Einkünfte einbezieht, deutlich unter dem liegen, was das Statistische Bundesamt als deutsches Durchschnittseinkommen ausweist. Nämlich für 2020: 3.975 EUR. Die in der Studie festgestellten Einkommensunterschiede bestätigen den vielfach beschriebenen Gender Pay Gap. Bei den Einkünften aus dem Bereich Musik errechnete sich für die männlichen Befragten ein jährliches Durchschnittseinkommen von 28.180,44 EUR, für die weiblichen Befragten von 20.627,67 EUR – was einem Gap von ca. 25% entspricht.

Matthias Hornschuh, Vizepräsident des Landesmusikrats NRW: „Die Studie zeigt eindrucksvoll, wie groß der Abstand zwischen den monatlichen Einkünften der Musikschaffenden und dem deutschen Durchschnittseinkommen ist. Wir müssen alles daransetzen, die rechtlichen und politischen Rahmen­bedingungen dahingehend anzupassen, dass die gesellschaftlich bedeutsame Arbeit professioneller Musikschaffender endlich als vollwertige Erwerbsarbeit anerkannt wird und diesen neben einem soliden Auskommen die nötige Vorsorge für Krisen, Krankheiten und das Alter ermöglicht.“

Auch in der Sparte Musik finden sich Frauen öfter in den Berufsfeldern wieder, die ein generell niedrigeres Verdienstniveau aufweisen, etwa als Instrumentalpädagoginnen, Gesangspädagoginnen oder Sängerinnen. Während Männer – etwa im Feld der Komposition, der Musikproduktion, der Schulleitung, als Dirigent oder Hochschuldozent – oftmals die deutlich besser vergüteten Positionen besetzen.

Die Folgen der Corona-Krise erleben viele Befragte als problematisch. Einkommensanteile von 70%, 80% oder gar 100% sind abrupt weggefallen. Worte wie „Desaster“ und „Katastrophe“ finden sich in den Antworten. Als fast genauso dramatisch beschreiben viele die sozialen und psychischen Folgen: Die fehlenden realen Kontakte zu Kolleg*innen, zu Schüler*innen und überhaupt zu Mitmen­schen führen zu sozialer Isolation. Das Wegbrechen vieler Aufträge und Auftritte können einige durch Verlagerung der Tätigkeitsfelder, meist hin zu mehr Unterricht, zumindest teilweise kompensieren. Den teilweise positiven Erfahrungen mit dem Online-Unterricht im Zuge der Corona-Maßnahmen stehen negative Aspekte gegenüber, die eine fast doppelt so große Gruppe berichtet.

Cornelia Sokoll, Vorsitzende des Deutschen Tonkünstlerbandes NRW: „Es ist beeindruckend, dass sich alle befragten Musikpädagog*innen der Herausforderung des Online-Unterrichts gestellt haben. Und es macht nachdenklich, dass die weit überwiegende Mehrheit dennoch nur im Präsenzunterricht die Möglichkeit einer optimalen Talentförderung sieht. Zu groß sind die Einbußen an Tonqualität und unmittelbarer Arbeit am Instrument und an der Stimme.“

Viele Befragte nennen auch positive Erfahrungen in der Corona-Krise: Insbesondere die Solidarität und die treue Unterstützung durch Auftraggeber oder Schüler werden hier genannt. Die Refinan­zierungsmöglichkeiten durch staatliche Hilfsgelder werden von den Befragten skeptisch bewertet: 70% der Studienteilnehmer*innen konnten dadurch nach eigener Einschätzung den wirtschaftlichen Schaden nicht oder nicht nennenswert kompensieren.

Angesichts der oft problematischen wirtschaftlichen Situation ist die Zufriedenheit mit dem gewählten Musik-Beruf überraschend hoch: Die überwiegende Mehrheit (71%) sagt, dass sie sich erneut dafür entscheiden würde. Nur 6% der Befragten würden sich heute nicht mehr dafür entscheiden; gelegentliche Zweifel geben 23% an. Die hier zum Ausdruck gebrachte hohe Gesamtzufriedenheit resultiert offenbar vor allem aus einer hohen Befriedigung intrinsisch motivierter Bedürfnisse. So finden sich hohe, über 80% liegende Zufriedenheitswerte „im Hinblick auf Aspekte wie Sinn und Bedeutung“, während mit der Einkommenssituation nur ungefähr die Hälfte der Befragten zufrieden ist.