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Das Martin-Luther-Haus in Warendorf ist ein gut funktionierendes Schmuckstück für kommende Jahrzehnte geworden

Das Martin-Luther-Haus am Osttor ist nicht einfach irgendeines jener alten Gebäude im Ensemble der an alten Gebäuden reichen Stadt Warendorf. Mit Baujahr 1865 ist es das älteste evangelische Gebäude des Kirchenkreises und damit einer besonderen Würdigung wert. Die ließen ihm die Gemeinde, der Denkmalschutz und nicht zuletzt die an den Planungen und Arbeiten beteiligten Firmen bei seiner umfangreichen Renovierung und Restaurierung, die sich von 2019 bis jetzt hinzog, gerne zuteil werden. Denn einer derartigen Aufgabe stellt man sich nicht alle Tage, so dass die Mitarbeit am Projekt für alle Beteiligten zu einer besonderen und dabei auch zu einer ehrenvollen Aufgabe wurde.

„Das Martin-Luther-Haus war von Anbeginn meiner Tätigkeit in dieser Gemeinde immer wieder Thema. Es war in die Jahre gekommen, es war abgerockt und sehr groß“, erinnerte sich Pfarrer Herwig Behring bei der offiziellen Eröffnung am Reformationstag. Zunächst galt es daher alte Zöpfe abzuschneiden, die Aus- und Anbauten zu entfernen, die sich als Ballast für die Neugestaltung erwiesen hätten. Verblieben ist das Kerngebäude, das durch geschickte Planung auch jene Aufgaben übernehmen kann, für die vormals die Anbauten und weitere Räumlichkeiten genutzt wurden. Das @ttic, die Räume für Aktivitäten jugendlicher Besucher, befindet sich weiterhin unterm Dach, so dass auch der Name weiterhin passt. Einen kleinen (Mehrzweck-)Saal konstruierten die Planer im Erdgeschoss, das sich nun auf einer Ebene ausbreitet. Dazu mussten Mauern weichen und vor allem der Boden, dort wo sich das ehemalige Archiv befand, um rund 30 Zentimeter in der Höhe angeglichen werden. Damit die Geräusche aus dem @ttic die Aktivitäten der Gemeinde in den unteren Räumen nicht stören – auch nicht die Büroarbeit im Gemeindebüro – wurde im ersten Stock Gussasphalt als Bodenbelag genutzt. Ein Kniff, auf den die Planenden zu Recht stolz sein dürfen. Das Büro selbst ist in Sachen Praktikabilität und Ergonomie bis ins kleinste durchdacht. Bei der Inneneinrichtung im gesamten Haus wurde nicht gespart – vor allem nicht an Ideen. Geschickt gewähltes Mobiliar bietet variable Möglichkeiten der Nutzung und kann bei Nichtnutzung einfach „verschwinden“.

Insgesamt sind es viele Details, die die Besonderheit dieser Renovierung ausmachen, auch in Bezug auf den Erhalt vorhandener Materialien wie der Bodenfliesen. Die alten, ursprünglichen Türen lassen erkennen, dass sie nicht glattgeschliffen wurden, sondern in Natronlauge getaucht zwar ihrer zahllosen Farbschichten aber nicht ihrer Macken beraubt wurden. Die ebenso alten Schlösser glänzen als seien sie neu.

Die Detailverliebtheit endet nicht am Ausgang. Auch um das Gebäude herum wurde die Fläche so gestaltet, dass man die Wertigkeit des Gebäudes in der Außengestaltung ebenfalls wiederfindet, wie in der schlichten und zugleich aufwendigen Schönheit der Bepflanzung oder der mit Sitzgelegenheiten umfassten Beete. 500 Stauden werden über die Jahre einen Miniaturpark zeichnen. An der westlichen Front des Hauses führt eine Treppe zum @ttic. Dies schont die alte Holztreppe im Haus und entspricht zugleich allen Forderungen des Brandschutzes. Mehr noch: Die Treppe wurde, mit einem davor hängenden Gewebe aus V4A Stahl, das in seiner Form an den alten Giebel des Anbaus erinnern soll, in die architektonischen Überlegungen einbezogen. Dabei schenkt das Netz den Nutzern der Freitreppe, auch ohne diese Funktion wirklich zu erfüllen, ein zusätzliches Schutzgefühl.

Bei der Eröffnung erläuterte Behring auch den Grund für die lange Dauer der die Renovierung sich so lange hinzog. „Es lag am Krieg, es lag an Putin“, sagte er. Denn im Februar 2022, wenige Monate nach Beginn der Arbeiten, musste umgeplant werden, von einer fossilen auf eine regenerative Heizung „in einem Gebäude aus dem Jahr 1865 – was für eine Herausforderung“, stöhnte er. „Wir haben sie angenommen und ganz neu gedacht – manchmal kurz vorm Verzagen“, lautete sein Resümee. Es funktionierte wegen der erhaltenen Fördermittel vom Klimafonds des Kirchenkreises, der Aktion Mensch für die Barrierefreiheit, der Glücksspirale für die Ausstattung des @ttic, der lokalen Geldinstitute, Kollekten, dem großen Engagement der Beteiligten Firmen und Planer und, das betonte er besonders: „Durch erhebliche Eigenleistung!“

Bereits seit längerem bewundert und fotografiert werden die zwei Graffiti im Außenbereich. Sie stammen vom Gemeindemitglied und zugleich renommierten Graffiti-Künstler Smoe und bilden durch die Zeitlosigkeit des Dargestellten eine gedankliche Brücke zwischen der Historie des Hauses und dessen Wert für eine weitere lange Zukunft.

Die alten Schlösser glänzen als seien sie neu

Die alten Türen lassen erkennen, dass sie nicht glattgeschliffen, sondern nur ihrer zahllosen Farbschichten aber nicht ihrer Macken beraubt wurden

Das Haus wurde von Tag zu Tag fertiger. Im Frühjahr kommenden wird der liebevoll bepflanzte Miniaturpark Augen und Herzen erfreuen

Der Billardtisch im @ttic lässt sich ganz unkompliziert in einen normalen Tisch verwandeln – oder umgekehrt

Die Sitzwürfel können platzsparend verstaut werden

Die Jugendlichen lieben es zu kochen und zu backen“ weiß Pfarrer Behring

Fotos: Rieder