Sonja ist eineinhalb Jahre alt. Jeden Tag zeigt ihr ihre Mutter Anastasia Fotos und erklärt der Kleinen: Das ist dein Papa. Doch Sonja wird ihren Papa nie wirklich kennenlernen, denn er ist tot. „Gefallen“, wie es gerne umschrieben wird.
Sofia ist fünfzehn, aber sie sieht wesentlich älter aus.Sie musste sehr früh erwachsen werden, weil sie nach dem Tod des Vaters Bezugsperson und Ansprechpartnerin für die Mutter wurde. Im dörflichen Umfeld ist Sofias Mutter isoliert, sie kann sich niemandem öffnen , weil es keine Diskretion gibt.Sie würde sich schutzlos machen und ausgegrenzt werden.
Anja war neun Tage schwanger, als ihr Mann an der Front starb. Nun kämpft sie für sich und ihre beiden Kinder um den Lebensunterhalt. Als ledige Mutter musste sie zwei teure DNA-Tests machen lassen, um den Beweis der Vaterschaft zu erbringen und eine staatliche Unterstützung zu erhalten.
Drei Schicksale , wie sie ungezählte Male den Frauen und Kindern in der Ukraine passieren. Natascha Chajka von der freien Kirchengemeinde in Warendorf weiß Erschütterndes davon zu berichten . Sie hat im Sommer zum zweiten Mal in den Karpaten ein Camp für Witwen und ihre Kinder organisiert, das von der Aktion Kleiner Prinz finanziell unterstützt wurde.Weit ab vom Grollen der Bomben und der alltäglichen Bedrohung durch Drohnen konnten hier in einem idyllischen Tal insgesamt 43 Frauen und 78 Kinder Ruhe, Entspannung und Betreuung erfahren. Ein Team von ehrenamtlichen Helfern , alle in der Art einer Notfallseelsorge geschult und gut vorbereitet, kümmerten sich um die traumatisierten Menschen. Während es bei den Kindern in erster Linie darum ging, beim Basteln, Malen, Tanzen und beim Sport Spaß zu haben und möglichst ungestörte Fröhlichkeit zu erleben, gab es für die Mütter unterschiedliche Angebote für Gespräche. Überaus wohltuend haben die Frauen es empfunden, in den Nächten endlich wieder einmal durchschlafen zu können – zu Hause jagt der Alarm auf dem Handy sie alle paar Stunden in den Schutzkeller. „ Ich habe hier das Gefühl, seit zwei Jahren erstmals wieder richtig atmen zu können,“ sagt Anja. Natascha Chajka und ihr Team wissen, dass nicht alle Frauen im Stande sind, über ihre Seelenlast zu sprechen und sich zu öffnen. Aber die Erfahrung, hier gut aufgehoben zu sein, ist für alle ein Segen.
Den Kindern galt ganz besondere Aufmerksamkeit,die in besonderer Weise angebracht war: galt es doch, auch schon bei scheinbar ganz normalen und harmlosen Aktivitäten sensibel darauf zu achten, dass keine Geräusche oder Situationen entstehen durften, die die Kinder an die Schrecken des Kriegsgeschehens erinnerten und womöglich Panikattacken auslösen würden. „ Wie intensiv diese Zeit für alle gewesen ist“, berichtet Natascha, „ wurde jeweils am Abschlussabend deutlich. Die Kinder haben Aufführungen vorbereitet, ein Mädchen hat ein Gedicht an ihren toten Vater geschrieben und es auf der Bühne vorgelesen. Es sind viele Tränen geflossen. Und eine große Dankbarkeit war zu spüren für diese Atempause vom schweren Alltag im Krieg.“
Der Krieg dauert an, die Not wird immer größer. Deshalb möchte die Aktion Kleiner Prinz auch weiterhin die Hilfstransporte der freien Kirchengemeinde unterstützen. Ganz dringend werden Babynahrung, Hygieneartikel aller Art und Schulsachen gebraucht. Natascha und ihr Ehemann Tim fahren immer selber in die Ukraine, kaufen zum Teil die Waren vor Ort. Sie arbeiten mit offiziellen Hilfsorganisationen zusammen und haben auch persönliche Kontakte.Dass sie beide die Sprache sprechen , Kultur und Mentalität der Menschen dort kennen, macht ihren Einsatz besonders effektiv. Im nächsten Frühjahr soll wieder ein Camp stattfinden. Auch das möchte die Aktion Kleiner Prinz unterstützen.
Wer helfen möchte kann dies tun mit einer Spende unter De 46 4005 0150 0062 0620 62 Stichwort Ukrainehilfe
Fotos: AKP