Weimar und Buchenwald: Eine Exkursion zwischen Humanität und Barbarei

Neuntklässler:innen des Gymnasium Laurentianum beschäftigen sich mit deutscher Kultur und Geschichte in Weimar, Buchenwald und Erfurt.

Insgesamt 52 Schüler:innen der Jahrgangsstufe 9 des Gymnasium Laurentianum begaben sich auf eine intensive dreitägige Exkursion nach Thüringen und setzten sich dort mit der Frage auseinander, unter welchen Bedingungen Kultur und Menschlichkeit gelebt werden – und wann Menschen zu Grausamkeit und Barbarei fähig sind.

Den Auftakt bildete ein Besuch in Weimar – jener Stadt, die durch Persönlichkeiten wie Herzogin Anna Amalia und ihren Sohn Carl August zur kulturellen Hauptstadt Deutschlands wurde. Die Schüler:innen erkundeten Goethes Wohnhaus, die herzogliche Fürstengruft, in die Goethe und Schiller aufgenommen wurden, sowie das Wittumspalais, wo eine Schülergruppe sogar in historische Kostüme schlüpfte. In einer gemeinsamen Reflexion wurde deutlich: Freiheit ist die Voraussetzung für kulturelle Blüte.

Einen drastischen Kontrast dazu stellte der zweite Exkursionstag dar: Der Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald. In Auseinandersetzung mit dem Leitgedanken des Künstlers und Buchenwald-Überlebenden Józef Szajna – „Es gab nicht Teufel und Menschen, sondern Menschen und Menschen“ – setzten sich die Jugendlichen mit der Frage auseinander, wie „ganz normale Menschen“ zu Tätern werden konnten. Die grausamen Bedingungen des Lageralltags, das perfide System von Häftlingshierarchien und der erschütternde Besuch des Krematoriums lösten Fassungslosigkeit, Trauer und viele Fragen aus.

Besonders irritierend empfanden die Schüler:innen den Kontrast zwischen der Brutalität im Lager und dem „normalen“ Leben der SS-Angehörigen – etwa ihre Theaterbesuche oder Ausflüge mit der Familie in den von Häftlingen erbauten „Zoologischen Garten Buchenwald“. Eine dauerhaft beheizte Metallplatte im Gedenkbereich, die symbolisch die Körpertemperatur eines lebenden Menschen hält, wurde für viele zu einem stillen Ort der Erinnerung und Mahnung.

Am dritten Tag besuchte die Gruppe den Erinnerungsort „Topf & Söhne“ in Erfurt – das Unternehmen, das die Öfen und Entlüftungsanlagen für Krematorien und Gaskammern in mehreren Konzentrationslagern baute. Die Schüler:innen zeigten sich bestürzt über die Motivationen der beteiligten Ingenieure, die weniger aus Ideologie als aus technischer Rivalität und Anerkennungsdrang handelten. Umso befremdlicher war die Erkenntnis, dass die Firma nach dem Krieg versuchte, die Ofentechnologie als Müllverbrennungsanlagen zu vermarkten.

Ein abschließender Rundgang durch die mittelalterliche Altstadt Erfurts sowie der Besuch der ältesten erhaltenen Synagoge nördlich der Alpen warf noch einmal eindringlich Fragen nach Verantwortung und Menschlichkeit auf. Wie konnte es geschehen, dass im Jahr 1349 rund 900 jüdische Bürger:innen der Stadt einem Pogrom zum Opfer fielen – obwohl sie zuvor Teil des städtischen Lebens waren?

Die Exkursion hinterließ bei den Teilnehmer:innen bleibende Eindrücke. Sie führte eindringlich vor Augen, wie nah sich Humanität und Unmenschlichkeit sein können – und wie wichtig es ist, Verantwortung für eine offene und gerechte Gesellschaft zu übernehmen.

Foto: Laurentianum