
Kreis Warendorf. Er schraubt und schraubt – konzentriert und mit Leidenschaft. Kein Wunder: Denn jedes Mal, wenn es „knack“ sagt, hat Mark ein Erfolgserlebnis. Der Siebenjährige strahlt, als Heilpädagogin Karin Leifhelm ihn anschaut und sagt: „Jetzt hast du den Bagger ganz zusammengeschraubt.“ Der Bagger ist natürlich ein Spielzeug-Bagger. Und auf den ersten Blick sieht es so aus, als würde Mark vor einer großen Lego-Kiste sitzen und dort eben Bagger zusammenbauen. Aber was dem Jungen mit Down-Syndrom gerade so viel Spaß macht, ist eigentlich Therapie. Schon seit Mark zehn Monate alt ist, erhält er heilpädagogische Frühförderung.
„Vor zwölf Jahren habe ich mit meiner Arbeit als Heilpädagogin für den Caritasverband angefangen“, erzählt Karin Leifhelm und fügt hinzu: „Damals waren wir in der Heilpädagogik nur acht Mitarbeiterinnen.“ Inzwischen seien es rund 40 Fachkräfte, und man arbeite interdisziplinär. So erhält Mark zum Beispiel neben der heilpädagogischen Frühförderung noch Physiotherapie und Logopädie. Aber die wöchentliche heilpädagogische Förderung scheint ihm besonders gut zu gefallen. „Wenn wir zu Karin gehen, macht er Freudensprünge und applaudiert dabei“, sagt seine Mutter Ludmilla Miller. Sie bringt ihren Jungen einmal pro Woche in die heilpädagogische Frühförderstelle, die der Caritasverband im Kreisdekanat Warendorf in Ostbevern unterhält.
Ludmilla Miller beobachtet ihren Sohn während der Förderstunde und lächelt. „Mark ist ein unkompliziertes Kind“, erzählt sie. Aber dennoch lebt der Siebenjährige mit Einschränkungen. „Karin hat mir sehr geholfen, unsere Lebenssituation gelassen anzunehmen und mir einfach keinen Druck mehr zu machen“, unterstreicht die Mutter. Schließlich kam bei Mark alles später als bei den meisten Kindern seines Alters – egal, ob es ums Krabbeln oder ums Sprechen ging. „Mark wird das schon machen, wenn er dafür bereit ist, hat Karin immer gesagt.“ Dass die Familie in all den Jahren so viel Unterstützung durch die Heilpädagogin hatte, empfindet Ludmilla Miller als ein großes Geschenk. „Ich wusste während der Schwangerschaft nicht, dass mein Kind behindert zur Welt kommen würde. Und anfangs hatte ich große Sorge. Mit Karin Leifhelm konnte ich dann aber alle meine Sorgen und Nöte teilen.“
Anfangs fand die Therapie für Mark ausschließlich zu Hause statt. Dieser Ansatz habe sich im Lauf der Jahre aber verändert, berichtet die Heilpädagogin. Weil die Frühförderung interdisziplinär angeboten werde, finde sie heute oft in der Kita statt – oder in Kleingruppen. Letzteres ist auch bei Mark der Fall, er wird zusammen mit zwei anderen Kindern gefördert – und macht so leichter Fortschritte beim Sprechen und Kommunizieren.
Als Mark in die Kita kam, hat er beispielsweise nicht gesprochen. Erst der Einsatz eines Therapiehundes half dem Jungen auf die Sprünge. Er durfte dem Hund quasi Befehle geben – und mit „Sitz“ und „Platz“ hat Mark angefangen zu kommunizieren. Im ersten Schritt damals nur mit dem Hund, aber heute reagiert er auf Ansprache und kann sich auch selbst mitteilen. „Wir haben immer jeden Erfolg gefeiert“, erzählt Karin Leifhelm. Auch für Marks Mutter war das wichtig. Etwas sorgt sie sich, wie es weitergehen wird. Denn nach dem Sommer wird Mark die Heinrich-Tellen-Schule in Warendorf besuchen. Von diesem Zeitpunkt an wird die Förderung des Jungen in andere Hände gelegt werden. Aber Karin Leifhelm ist zuversichtlich: „Mark wird das gut machen“, ist sie sicher. Und den Siebenjährigen kümmert das erstmal gar nicht. Für ihn zählt nur dem Moment. Und den scheint er zu genießen, winkt noch einmal und macht sich auf den Weg nach Hause.
Ein Besuch des Fachtags „Beziehung ermöglichen -Entwicklung aktivieren“ mit Maria Aarts am 11. Juni im Theater am Wall in Warendorf bietet die seltene Gelegenheit, von einer weltweit anerkannten Expertin zu lernen und ihre innovativen Marte Meo Methoden direkt zu erleben. Es ist eine seltene Chance, sich inspirieren zu lassen und wertvolle Werkzeuge für die Erziehungs- und Interaktionsarbeit, insbesondere im Umgang mit herausforderndem Verhalten, mitzunehmen. Zudem bietet der Fachtag Raum für Austausch und Vernetzung mit anderen Fachleuten und Interessierten sowie die Möglichkeit, Gelegenheiten für Entwicklung zu erkennen und zu nutzen. Der Fachtag findet von 9 bis 16 Uhr statt. Kosten: 95 Euro (inklusive Mittagessen. Anmeldung: forms.office.com/e/hLNsEYzvmz
Mark schraubt einen Bagger zusammen. Seine Mutter Ludmilla Miller unterstützt ihn dabei. Heilpädagogin Karin Leifhelm (r.) hat die Frühförderung des Jungen übernommen, seitdem er zehn Monate alt ist. Foto: Caritasverband im Kreisdekanat Warendorf
50 Jahre Heilpädagogische Frühförderung
Heilpädagogische Frühförderung wird im Kreis Warendorf seit 50 Jahren angeboten. 1975 beschäftigte der Caritasverband in Warendorf für diese Arbeit erstmals eine Heilpädagogin. Zwei Jahre später wurde das Angebot auf den Altkreis Beckum ausgeweitet. 1990 wurde die Frühförderstelle in Freckenhorst eingeweiht. Damit standen erstmals Therapie- und Büroräume zur Verfügung. 2019 wurde die rein Heilpädagogische Frühförderstelle zur Interdisziplinären Frühförderstelle umgebaut. Die Fachkräfte arbeiten seitdem mobil im häuslichen Bereich, in Kindergärten, ambulant in den Standorten und in Gruppen mit Kindern. Die Förder-Standorte des Caritasverbandes in Freckenhorst, Sassenberg, Oelde und Ostbevern wurden 2021 mit allen therapeutischen Möglichkeiten fertiggestellt und ermöglichen den Eltern eine standortnahe Versorgung. Heute werden vom Caritasverband 250 Kinder und deren Familien begleitet. Rund 40 pädagogische Fachkräfte arbeiten in Voll- und Teilzeitstellen. Eltern, die sich um die Entwicklung ihres Kindes bis zum Schulbeginn sorgen, können sich in der offenen Beratung der Frühförderstelle beraten lassen, Telefon 02581-78968-10.