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Von Stöpselmäuskes und Brokatmäntelchen: Im 14-tägigen Seniorentreff in Freckenhorst beginnen die Erinnerungen zu sprießen

Sie seien alle drei Wiederholungstäter, sagen Margret Höckelmann, Anne Böhmer und Käthe Kipp. Regelmäßige sogar, was bedeutet, dass sie bei allen bisherigen Seniorencafés im Café Obstkörbchen in Freckenhorst teilgenommen haben. Alle 14 Tage seit der Premiere am 11. Juli, jeden Freitagnachmittag in den geraden Wochen.

Da erübrigt sich eigentlich die Frage, wie sie die vom Pastoralteam der katholischen Kirchengemeinde ins Leben gerufene Idee finden. „Gut“ sagen sie trotzdem, denn die offenen Treffen, die gegen 15 Uhr beginnen und irgendwann nach 17 Uhr enden, bringen Abwechslung in den Alltag, der alleinstehenden Frauen, deren große Kinder längst aus dem Haus sind. Zwar kennen sich alle drei, weil sie „halbe Nachbarn“ sind, aber im Café sei das Quatern doch gemütlicher.

Sonntags wäre noch schöner, sagen sie, was sich allerdings zeitlich im Café Obstkörbchen nicht realisieren lässt. „Die Sonntage sind schrecklich“, unterstreicht Kipp. „Sonst geh’ ich zum Edeka und Aldi, aber sonntags sieht man nichts und niemanden, wenn man nicht in die Kirche oder zum Friedhof geht“.

Genau für die recht häufige Einsamkeit sind die Seniorentreffs entwickelt worden. Denn sie bieten die Möglichkeit, in einem offenen und trotzdem beschränkten Personenkreis Menschen kennen zu lernen und Bekanntschaften zu intensivieren. Offen, weil es keine Zugangsbeschränkungen gibt, wer „Senior“ ist, entscheidet jeder selbst. Offen übrigens auch in Bezug auf die Zugänglichkeit, denn das Café Obstkörbchen ist mit dem Behindertenlift am rückwärtigen Eingang auch mit Rolli und Rollator bestens erreichbar. Und beschränkt, weil sich von der Idee des Treffs nur diejenigen angesprochen fühlen, die hier Kontakte knüpfen und pflegen, sowie etwas mehr Abwechslung in den Alltag bringen wollen.

Fast müsste man nur von „Seniorinnen“ sprechen, denn die Beteiligung des sogenannten starken Geschlechts ist mäßig. „Einer ist immer dabei“, sagen die drei Freckenhorsterinnen und deuten auf einen Herrn an einem anderen Tisch. Und einige Herren kommen her, weil sie hier ein wenig Programm machen. Dr. Gunter Tönne war schon da und hat mit den Anwesenden gesungen. Hermann Flothkötter, ehemaliger Leiter der Landvolkshochschule wird einen Vortrag halten. Eine angekündigte Einweisung in Tipps und Tricks fürs Smartphone war dann allerdings doch nicht so gefragt, wie zunächst vermutet. „Kein Wunder“, sagen die drei Damen schmunzelnd „wir haben doch alle Enkel.

Damit es definitiv nicht langweilig wird, plant das Team vorab einige Aktionen. Deshalb hat Elisabeth Dieker Bücher mit Kurzgeschichten von Usch Hellmann mitgebracht und liest aus „Wat is uns alles erspart geblieben?“ vor. Es geht um Anrufbeantworter, lange Zeit hochmodern und unterschiedlichst genutzt. Schnell wandern die Erinnerungen an die erste Zeit der Telefone in Freckenhorst, die zunächst eine Seltenheit waren. Nachbarn kamen, um vom einzigen Anschluss in der Straße aus zu telefonieren oder wurden herbeigeholt, wenn für sie ein Anruf kam. Ortsgespräche konnte man selber wählen, Ferngespräche musste man beim „Fräulein vom Amt“ anmelden. Da saßen die „Stöpselmäuskes“, erinnert sich der einzige Mann in der Runde, ein ehemaliger Postbeamter. Genauer: Im Postamt an der Freckenhorster Straße. Sie stellten die Verbindungen noch mit Kabeln her, die sie in die entsprechenden Buchsen einstöpselten. Als die Telefone häufiger wurden, gab es sogar Brokatmäntelchen dafür, wissen die Anwesenden und die Erinnerungen nehmen ihren Lauf.

„Zu erzählen gebe es immer was“, sagen die drei Freckenhorsterinnen. Und auch Einzelpersonen kämen so ins Gespräch. Sie selbst versuchen gelegentlich ebenfalls, andere Senioren zu motivieren am Treff teilzunehmen. Dass die Besucherzahlen nach der überfüllten Premiere leicht rückläufig seien, tue dem Ganzen keinen Abbruch. Denn wenn es richtig voll sei, sei es für Gespräche schon fast zu laut.

Höckelmann, Böhmer Kipp wollen auch weiterhin an den Treffs teilnehmen. Dass jede ihren Verzehr selbst bezahlen muss, geht für sie in Ordnung. Wer es finanziell eng habe, könne sich ja auf einen Kaffee oder ein Wasser beschränken, raten sie. Die Abwechslung wiege die Kosten dafür sicherlich auf. Sie freuen sich auch auf weitere Veranstaltungen im Rahmen des Treffs. Beispielsweise wären Vorträge und Ratschläge der Polizei, speziell für Senioren, sicherlich willkommen, ebenso die Feuerwehr und eine sogenannte Brandschutzerziehung. Auch musikalische Vorträge sind herzlich willkommen.

Am 5. September wird der Seniorentreff in die Eisdiele ausweichen, da der Raum im Obstkörbchen an diesem Tag nicht zur Verfügung steht.

Elisabeth Dieker las eine kurze Geschichte von Usch Hellmann vor und schon begannen die Erinnerungen zu sprießen

Margret Höckelmann, Anne Böhmer und Käthe Kipp haben bislang an allen Seniorentreffs in Freckenhorst teilgenommen und können herzlich empfehlen (v.li.).

Fotos: Rieder