News Ticker

Gleichstellungsbeauftragte im Kreis Warendorf weisen auf Tag der Endometriose hin

„Was ist Endometriose?“ Auf diese Frage wissen viele keine Antwort. Auch wie man diese Krankheit behandelt, muss noch umfassender erforscht werden. Die Gleichstellungsbeauftragten aus dem Kreis Warendorf sind sich einig: hier muss Aufklärungsarbeit geleistet werden.

Am 29. September wird weltweit auf die chronische Erkrankung aufmerksam gemacht, von der in Deutschland schätzungsweise zwei Millionen Frauen betroffen sind. Und doch bleibt Endometriose vielfach unerkannt, unterschätzt und unterforscht. Das hat nicht nur medizinische, sondern auch gleichstellungspolitische Relevanz. Endometriose steht exemplarisch für eine systematische Lücke in der Gesundheitsversorgung von Frauen – eine Lücke, die dringend geschlossen werden muss. Hier im Kreis Warendorf ist das Joseph-Hospital in Warendorf bereits ein wichtiger Anlaufpunkt für Betroffene geworden. Als ein spezialisiertes, zertifiziertes Endometriosezentrum leistet es einen wichtigen Beitrag zur Sichtbarkeit und Versorgung.

Was ist Endometriose?  Es handelt sich um eine gutartige, aber oft sehr schmerzhafte Erkrankung, bei der gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst. Diese Herde können an Organen wie Eierstöcken, Darm oder Blase auftreten und Entzündungen, Verwachsungen und in vielen Fällen auch Unfruchtbarkeit verursachen. Trotz der Tatsache, dass 8 bis 15 Prozent aller Frauen mit Beginn der Menstruation bis zur Menopause betroffen sind, vergehen im Durchschnitt mehrere Jahre, bis die Erkrankung diagnostiziert wird. Bei jungen Patientinnen unter 20 Jahren dauert die Diagnosestellung durchschnittlich über zwölf Jahre. „Wenn eine Krankheit so viele betrifft und dennoch kaum bekannt ist, müssen wir uns fragen, wo unser Gesundheitssystem Prioritäten setzt. Hier ist definitiv Handlungsbedarf“, sagen die Gleichstellungsbeauftragten Margarete Götker aus Ostbevern und Dr. Stefanie Reitzig aus Telgte.

Ein Grund für die späte Diagnose ist die hartnäckige Fehleinschätzung, Menstruationsschmerzen seien „normal“. Viele Betroffene berichten, dass ihre Beschwerden nicht ernst genommen werden – weder im privaten Umfeld noch im medizinischen System. Diese Verharmlosung von Frauengesundheit ist kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem. „Krankheiten, die überwiegend Frauen betreffen, werden nachweislich später erforscht, seltener in klinischen Studien berücksichtigt und oftmals mit weniger Ressourcen behandelt als Erkrankungen, die häufiger bei Männern auftreten“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte Manuela Stumpe aus Sassenberg.

Die Symptome der Endometriose sind vielfältig: neben zyklusabhängigen Unterleibsschmerzen auch Rückenschmerzen, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, chronische Erschöpfung und psychische Belastungen wie Angst und Depressionen. Da viele Symptome unspezifisch sind, wird die Erkrankung häufig mit anderen Beschwerden verwechselt. 

Eine gesicherte Diagnose erfolgte bisher über eine Bauchspiegelung. Seit 2023 ist eine nicht-invasive Methode mit Speicheltests verfügbar, basierend auf der Analyse von micro-RNAs. Die Speicheltests ersetzen allerdings aktuell noch nicht den invasiven Eingriff. Neue Forschungsansätze suchen daher weiter nach verlässlichen Biomarkern im Blut oder Speichel, um die Methode weiter zu verbessern und eine weniger belastende Diagnostik zu unterstützen.

Auch wenn die Erkrankung stark mit dem weiblichen Zyklus in Verbindung steht, sind in seltenen Einzelfällen auch Männer betroffen – etwa nach einer intensiven Östrogentherapie im Rahmen der Prostatakrebsbehandlung. Diese Fälle belegen, dass endometriumähnliches Gewebe grundsätzlich auch außerhalb des weiblichen Körpers vorkommen kann. „Die Erkrankung ist komplexer, als viele denken – das zeigt sich auch daran, dass selbst Männer betroffen sein können“, so die Gleichstellungsbeauftragte Yvonne Hüllbrock der Stadt Warendorf.

In der deutschen Forschungslandschaft tut sich etwas. Die medizinische Forschung zu Endometriose hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt, auch nicht zuletzt durch das Engagement von Betroffenenorganisationen. Immer mehr klinische Studien widmen sich der Erforschung der Krankheit. Dennoch ist weiterhin Aufklärungsarbeit in der medizinischen Ausbildung ebenso wie in der Öffentlichkeit notwendig.

„Ein geschlechtersensibles Gesundheitssystem sollte darauf ausgerichtet sein, Erkrankungen wie Endometriose frühzeitig zu erkennen und angemessen zu behandeln“, sagen Gleichstellungsbeauftragte Monika Björklund aus Beckum und Silke Russow aus Drensteinfurt. „Dazu gehört auch, Endometriose mehr Raum in medizinischen Fortbildungen und Ausbildungen zu geben. Das Stichwort heißt ´geschlechtergerechte Medizin´“, ergänzt Kathrin Diekhoff, Gleichstellungsbeauftragte vom Kreis Warendorf.

„Was ist Endometriose?“ Dass viele diese Frage sicher beantworten können, ist ein Grund, warum der Tag der Endometriose im Kalender steht. Doch er erinnert auch daran, dass Frauengesundheit sichtbar gemacht werden muss – in der Forschung, in der Versorgung und im gesellschaftlichen Bewusstsein.

Foto: Kreis Warendorf