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Geburtshilfe braucht Verlässlichkeit

Hebammen Verena Strotbaum und Ann-Katrin Everwin aus Ostbevern kritisieren im Gespräch mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Daniel Hagemeier den neuen Hebammenhilfevertrag.

Geburt ist nicht planbar. Umso größer ist das Engagement der Hebammen zu bewerten, die in den entscheidenden Stunden zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbar sind. Doch die gesetzlichen Rahmenbedingungen machen es den Hebammen nicht immer leicht. Insbesondere der neue Hebammenhilfevertrag, der am 1. November 2025 in Kraft treten soll, bereitet vielen Akteurinnen in NRW Bauchschmerzen. Deshalb wandten sich jetzt Verena Strotbaum und Ann-Katrin Everwin aus Ostbevern stellvertretend für ihre Kolleginnen an den CDU-Landtagsabgeordneten Daniel Hagemeier, um ihre Befürchtungen deutlich zu machen, dass der Vertrag für die Dienst-Beleghebammen teils erhebliche Einkommenseinbußen mit sich bringen wird.

Widerspruch gegen GKV-Darstellung

Die Hebammen sehen eine deutliche Diskrepanz zwischen der Darstellung des GKV-Spitzenverbands als oberste Interessenvertretung der gesetzlichen Krankenkassen und der tatsächlichen Ausgestaltung der neuen Vergütungsstruktur. Während der GKV-Spitzenverband in seinem Infopapier vom 12. Mai 2025 von „mehr 1:1-Betreuungen und höheren Vergütungen“ spricht, weist der Deutsche Hebammenverband (DHV) diese Darstellung entschieden zurück. Demnach werde der neue Vertrag für Beleghebammen im Gegenteil zu deutlichen finanziellen Nachteilen führen. So sinke der Stundensatz für die Betreuung einer Versicherten signifikant. Der GKV habe zwar einen Stundensatz von 74,28 Euro (gegenüber den früher üblichen Pauschalen) ausgehandelt, aber Dienstbeleghebammen erhielten davon lediglich 80 Prozent.. Auch das Argument, dass der GKV-Spitzenverband die 1:1-Betreuung fördern will, lassen die Hebammen nicht gelten. Der Zuschlag sei an strenge Abrechnungsbestimmungen gekoppelt, was dazu führe, dass er auch bei einer Geburt in 1:1-Betreuung häufig nicht abgerechnet werden könne. Ähnliches gelte für ambulante Leistungen, die vor dem Hintergrund der Neuregelung aus Sicht der Hebammen deshalb in Zukunft nicht mehr in der Form leistbar seien wie bisher.

„Finanzielle Abstrafung“

Besonders kritisch sieht der DHV, dass Hebammen für die parallel notwendige Betreuung mehrerer Frauen künftig geringere Stundensätze erhalten als bisher – obwohl die parallele Leistungserbringung aufgrund der Unplanbarkeit von Geburten häufig unumgänglich ist. Für die zweite oder dritte parallel betreute werdende Mutter seien es nur noch 30 Prozent des ausgehandelten Stundensatzes. „Das ist faktisch eine finanzielle Abstrafung für Flexibilität und Einsatzbereitschaft“, so die Einschätzung der beiden Ostbeveraner Hebammen. Von den Betroffenen – so fürchten Strotbaum und Everwin – würden sich in der Folge viele aus der Geburtshilfe zurückziehen. „Diese wichtige Ressource der Gesundheitsförderung, die maßgeblich für Frauengesundheit und den Lebensweg von Kindern ist, sollte nicht durch Sparmaßnahmen verloren gehen“, gaben sie Hagemeier im persönlichen Gespräch mit auf den Weg.

Einschnitte angemessen ausgleichen

Der CDU-Landtagsabgeordnete zeigte großes Verständnis für die Sorgen der Hebammen. „Die bewährten Strukturen der Dienst-Beleghebammen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zu einer verlässlichen geburtshilflichen Versorgung – insbesondere in der Fläche“, betonte er. „Dass einzelne Teams im Zuge des neuen Hebammenhilfevertrags mit teils erheblichen Vergütungseinbußen rechnen müssen, ist Anlass zur Sorge.“ Positiv bewertete Hagemeier zwar einzelne Neuregelungen, etwa die differenziertere Vergütung in der Wochenbettbetreuung, auch wenn viele Pauschalen wie der Zwillingszuschlag wegfielen.  Insgesamt reiche der vorgesehene Zuschlag für die 1:1-Betreuung „in der praktischen Ausgestaltung häufig nicht aus, um die Einschnitte angemessen auszugleichen“. Zwar haben die Bundesländer keine Möglichkeit, direkt auf die Inhalte Einfluss zu nehmen, da der Vertrag im Rahmen der gemeinsamen Selbstverwaltung (§ 134a SGB V) beschlossen wurde. Dennoch versprach der Abgeordnete, die Rückmeldungen aus der Praxis in seine parlamentarische Arbeit einzubringen: „Es ist ein wichtiges Anliegen, auf die praktischen Auswirkungen des Vertrags hinzuweisen und – im Rahmen des rechtlich Möglichen – für notwendige Anpassungen zu werben.“

Engagement für eine sichere Geburtshilfe

Verena Strotbaum und Ann-Katrin Everwin hoffen nun, dass ihre Stimme stellvertretend für viele Kolleginnen gehört wird. „Wir möchten, dass die Rahmenbedingungen so gestaltet sind, dass Hebammen ihre Arbeit auch künftig mit Freude, Sicherheit und fairer Vergütung leisten können“, betonen sie. Denn eines sei klar: Geburtshilfe braucht Verlässlichkeit – für Frauen, Familien und die Hebammen gleichermaßen.

 

Im Gespräch mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Daniel Hagemeier äußerten die Ostbeveraner Hebammen Verena Strotbaum (r.) und Ann-Katrin Everwin ihre Kritikpunkte an dem neuen Hebammenhilfevertrag.

© Büro des Abgeordneten Daniel Hagemeier MdL (CDU)