
Lena malt den Sternenhimmel. Über ein anderes Motiv hat sie gar nicht nachgedacht. Denn die Neunjährige ist fest überzeugt: „Jeder Mensch, der stirbt, wird später ein Stern.“ Das ist die wichtigste Botschaft, die Lena in ihrer „Herzenspost“ zum Ausdruck bringen will. Einen großen Stapel Briefe und Postkarten haben Kinder beim Ferienlager Emscamp in Warendorf an ältere und alleinlebende Menschen geschrieben. Die Idee zu dieser Initiative kam von der youngcaritas, einer Initiative des Caritasverbandes im Kreisdekanat Warendorf. Zusammen mit vielen Postkarten, die bereits Anfang Juni auf der Berufsorientierungsmesse in Warendorf von Jugendlichen geschrieben wurden, konnte nun eine beachtliche Anzahl von 223 „Sommergrüßen“ übergeben werden.
„Wir haben diese Aktion im vergangenen Jahr zum ersten Mal gestartet, und die Resonanz war richtig gut“, freuen sich die Ideengeber der Aktion Kathrin Wiggering, Referentin für Gemeindecaritas beim Caritasverband und Jens Hagemann, Schulseelsorger in Warendorf. Durch die Ambulanten Dienste, die ebenfalls beim Caritas-Sozialverband angesiedelt sind, haben dessen Mitarbeiter den direkten Draht zu älteren Menschen und überraschen sie mit der „Herzenspost“. Nicht wenige von ihnen haben kein großes soziales Netzwerk (mehr) und leiden darunter, alleine zu sein.
Lena Richter mit ihren neun Jahren klingt in ihrem Brief fast philosophisch: „Die Luft wird ihren Atem immer durch die Welt tragen“, schreibt sie an einen unbekannten Adressaten. Aber die Neunjährige gibt nicht nur abstrakte Gedanken weiter. Das Mädchen hat auch ein Armband aus Perlen gebastelt, das es in den Brief klebt.
Lena nimmt zusammen mit ihrer Freundin Mathilda am Emscamp teil. Auch die Zehnjährige malt akribisch rote Herzen in ihren Brief. Dass sie nicht weiß, welche Frau oder welcher Mann ihre Post bekommen wird, stört Mathilda Dinkelborg nicht. Sie hat schon im letzten Jahr bei der Aktion Herzenspost mitgemacht. „Man spürt in seinem Herzen, dass es gut ist“, erläutert das Mädchen. Die umstehenden Erwachsenen hören erstaunt zu und sind begeistert, wie kreativ und durchdacht die Kinder diese Aktion umsetzen. Diese läuft nicht nur im Emscamp, sondern auch in vielen anderen Ferienlagern im Kreis Warendorf – etwa bei den Kirchengemeinden.
Katja Bartels, Bildungsbeauftragte der Caritas Ambulanten Dienste, berichtet, dass sie im vergangenen Jahr viele Anrufe von älteren und alleinlebenden Menschen erhalten hat, die einfach nur erzählen wollten, wie sehr sie sich über die Post gefreut haben. Oft sind es auch Tipps rund um die Gesundheit, die die Kinder parat haben. „Vergessen sie nicht: Trinken ist wichtig“ ist beispielsweise häufig zu lesen.
Hin und wieder sitzt aber auch ein Kind ratlos vor einem weißen Blatt Papier und weiß nicht, was es schreiben soll. „Wir schlagen dann vor, dass sie von ihren Ferienerlebnissen erzählen können oder davon, was sie später im Leben machen wollen“, sagt Verena Klesse, hauptamtliche Mitarbeiterin im Jugendzentrum HOT und Mitorganisatorin. Ungeschrieben ist am Ende jedenfalls kein Brief geblieben. Und ungelesen ganz bestimmt nicht.
Fotos: Caritas