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Begegnung mit einem Zeitzeugen der DDR-Geschichte

Es gibt Menschen, die mehr Unglück betrifft als andere. Ein solcher Mensch ist Alexander Richter-Kariger. Ein Opfer ist er dennoch nicht. Zu oft hat sich der in Saerbeck bei Münster lebende Schriftsteller in die Büsche geschlagen. Auf diese Weise hat sich der heute Zweiundsiebzigjährige seine Freiheit erhalten können. Alexander Richter-Kariger hat bis 1985 in der DDR gelebt. Geboren 1949 in Coswig, im Land Sachsen-Anhalt, wuchs er in Potsdam auf, wurde als Maurer ausgebildet, machte Abitur und studierte in Berlin an der Humboldt-Universität Finanzwirtschaft. Er arbeitete in Baubetrieben, in der Landwirtschaft, in der Metallbranche, im Einzelhandel und zuletzt im Ministerium der Finanzen der DDR. Die neuralgischen Fragen, die Alexander Richter-Kariger in diesen Jahren beschäftigten, hinsichtlich der Mängelwirtschaft, der Verstöße gegen das Disziplinar- und Verwaltungsrecht der DDR, machten ihn zu dem kritischen Zeitzeugen, der er heute noch ist. Er begann Gedichte, Kurzgeschichten, schließlich Romane zu schreiben, die im SED-Staat nicht veröffentlicht werden konnten: „Ich wusste vom ersten Tag an, zu welchen Folgen die Herausgabe meiner Manuskripte führen würde.“ 1982 wurde er auf offener Straße verhaftet und elf Monate darauf wegen „Staatsfeindlicher Hetze“ zu sechs Jahren Haft verurteilt, von denen er ungefähr die Hälfte verbüßte.

Eindringlich schilderte der akribische Tagebuchschreiber den Neuntklässlern des Mariengymnasiums Warendorf seinen Aufenthalt in der Untersuchungshaft: „An Flucht habe ich damals nicht gedacht. Ein Ausbruch war unmöglich. Das Gelände war ringsum mit Wachttürmen umstellt. Sie hätten mich auf der Flucht erschossen.“ Der Häftling wurde, wie viele andere politische Häftlinge auch, in langen Verhören psychischer Folter unterzogen. 1983 wurde das Urteil der Staatsfeindlichen Hetze verkündet und Alexander Richter-Kariger in das Zuchthaus Brandenburg überstellt.

Begleitet wurde der Schriftsteller von Dr. Frank Hoffmann. Dem Geschäftsführer des Instituts für Deutschlandforschung an der Ruhr-Universität Bochum engagiert sich seit 2008 dafür, unter anderem mithilfe des Schulprojektes, das Interesse für die Geschichte der DDR zu fördern.

Schriftsteller Alexander Richter-Kariger berichtet den neunten Klassen des Mariengymnasiums am eigenen Beispiel über politische Verfolgung in der DDR

Von Gerold Paul

Foto: MGW