Die Zeit ist reif für die volle Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche

Frauenaktivistin Schwester Philippa Rath erzählt von beeindruckenden Lebenszeugnissen von Frauen in der Kirche

Auf Einladung des KBW Stadtlohn, der Öffentlichen Bücherei St. Otger und des kfd-Diözesanverbandes Münster war Schwester Philippa Rath OSB in der St.-Otger-Kirche zu Gast. Sie stellte ihr Buch „Weil Gott es so will – Frauen erzählen von ihrer Berufung zu Diakonin und Priesterin“ vor.

Philippa Rath sieht sich selbst als spätberufene Verfechterin von Frauenrechten. Seit 30 Jahren ist sie Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen und erlebt dort eine jahrhundertelange Tradition von Frauen als Äbtissinnen in Leitungspositionen.
Ihr Schlüsselerlebnis, sich für Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche einzusetzen, liegt zehn Jahre zurück: Bei der Heiligsprechung Hildegards von Bingen am 7. Oktober 2012 in Rom musste die Äbtissin ihres Ordens ganz hinten Platz nehmen – noch hinter den Ministranten.

Anlass für die Entstehung des Buches war ein Gespräch mit zwei Bischöfen im Rahmen des Synodalen Weges, an dem sie als Delegierte und Mitglied im Forum „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ mitwirkt. Sie wurde gefragt, ob und für was dieses Forum überhaupt notwendig wäre. Daraufhin bat die Ordensschwester zwölf Frauen, ihre Berufungs- und Lebenszeugnisse aufzuschreiben. Nach nur fünf Wochen lagen ihr insgesamt 150 Texte von Frauen im Alter von 20 bis Mitte 90 Jahren vor. In berührenden und erschütternden Texten erzählen sie von ihren Berufungen, die sie nicht leben können, weil sie das falsche Geschlecht haben. Die Autorinnen berichten von Verletzungen und ihrer Angst vor Diskriminierung, Abmahnung und Ausgrenzung.

Eine dieser Frauen ist Barbara Bruns, Bildungsreferentin beim Diözesanverband der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) Münster und bis 2018 Pastoralreferentin in Gescher-Hochmoor. Sie ließ ihr Lebenszeugnis zunächst anonym veröffentlichen.
Am Montagabend schilderte sie in sehr bewegenden Worten ihre Erfahrungen und Erlebnisse. Betroffenes Schweigen machte sich in der St.-Otger-Kirche breit, als sie ein Beispiel nennt: Nachdem sie einen Wortgottesdienst mit einem Segen abgeschlossen hatte, wurde der anwesende Pfarrer von Teilnehmenden gebeten, den „richtigen Segen“ zu geben.

Mit Veröffentlichung der Texte wurde ein Tabu gebrochen. Die Reaktionen waren überwiegend positiv – auch von Männern und Priestern. Aus diesen Reaktionen entstand das Anfang Februar erschienene Buch „Frauen ins Amt! – Männer der Kirche solidarisieren sich“, indem u.a. namhafte Theologen, Priester und einige Bischöfe berichten, wie Raths Buch sie berührt und ihre Einstellung verändert hat. Viele Autoren schildern ihren langen Prozess des Umdenkens und befürworten eine Öffnung der Weiheämter für Frauen ausdrücklich.

Kirche braucht Reformen – das spiegelte sich in der anschließenden Diskussion wider. Die katholische Kirche in Deutschland ist im entscheidenden Wandel. Die dritte Synodalversammlung am vergangenen Wochenende, so Schwester Philippa, gibt durchaus Anlass zur Hoffnung auf eine baldige Veränderung. Sie ist sich sicher, dass sie in naher Zeit Frauen als Diakoninnen und in den kommenden 20 Jahren als Priesterinnen erleben wird.

Am Ende bedankten sich die über 100 Zuhörerinnen und Zuhörer mit stehendem Applaus bei Schwester Philippa Rath OSB und Barbara Bruns für ihre beeindruckenden Worte.

Die Zeit ist reif für die volle Gleichberechtigung von Frauen in der Kirche

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands fordert bereits seit 2019 mit ihrem Positionspapier „gleich und berechtigt“ die volle Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Kirche – verbunden mit dem Zugang von Frauen zu allen Diensten und Ämtern!

Ein Großteil des diakonischen Handelns der Kirche wird von Frauen geleistet, die sich an vielen Orten und in vielen Handlungsfeldern für Menschen engagieren. Ihr Handeln soll nicht nur anerkannt und bestärkt werden. Es muss auch die grundlegende Bedeutung herausgestellt werden, die es für das Wesen der Kirche hat.