Eine lange Firmengeschichte geht (nicht!) zu Ende: Bernhard Wessel wechselte in den Ruhestand

Bernhard Wessel atmet tief durch. „Die jungen Leute müssen das jetzt machen“, sagt er und ist sicher, dass „die jungen Leute“ seinen vor 45 Jahren gegründeten Betrieb in seinem Sinne und zur Zufriedenheit des großen Kundenstamms weiterführen werden. Denn sowohl Andreas Schulze Westhoff als auch Roland Schräer sind in der Firma schon lange in verantwortungsvollen Positionen tätig. Schräer zählt seit 27 Jahren zur Mannschaft, Schulze Westhoff ist als einer der 62 Lehrlinge, die hier seit Anbeginn ausgebildet wurden, sogar ein Eigengewächs. Für die Kunden also keine größere Umstellung. Und für Bernhard?

„Ich bin schon länger morgens nicht mehr der erste in der Firma“, sagt der. „Is’ genug!“ – Das kann man nachvollziehen, wenn man auf die Leistungen des Seniors blickt, der die Firma am 5. April 1977 gründete. Nicht nur, dass er sich und dem Betrieb in all den Jahren einen hervorragenden Namen gemacht hat – er hatte ja auch bereits vorher kräftig angepackt.

„Als kleiner Stift“, wie man die Auszubildenden seinerzeit nannte, hat vor 60 Jahren angefangen. „Bin Laurenz Neite auf den Geist gegangen“, lacht er. Als Junge vom Hof, aufgewachsen in Gröblingen, kannte er nach eigenem Bekunden kaum irgendwelche Berufe, da fühlte sich Elektriker irgendwie richtig an. Wessel, den die allermeisten Menschen einfach Bernhard nennen, setzte noch eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann drauf, machte einen – die älteren erinnern sich, was das ist – Schreibmaschinenkurs und war in Warendorf bei Goldmann sowie bei Siemens in Münster angestellt.

Mit seiner Tätigkeit dort könnte er sich bei einigen Menschen durchaus ungeliebt gemacht haben. Denn Wessel zählte zu denjenigen, die seinerzeit den Rotlichtblitzer an der Kreuzung Warendorfer-/Eisenbahnstraße installiert haben. Doch die Arbeit in der großen Firma mit festen Vorgaben, war nicht Seins. „Sechs Straßenlaternen pro Tag war Vorgabe, wir schafften fast 40.“ Das war nicht vorgesehen. Konsequenz: Sehr langes Frühstück, besonders lange Mittagspause.

Wessel schätzte die reelle, ehrliche Arbeit. Den Meisterbrief hatte er in der Tasche, also gründete er seine eigene Firma, die sich seither stetig weiter entwickelte. Der erste Lehrling begann seine Ausbildung bereits August 1979, schon ein Jahr später der zweite. 1983 stieß Heinz Böckmann zum Betrieb. „Immer noch bei uns“, sagt der Firmengründer stolz.

1990 kam die Sparte „Sanitärinstallation und Bauklempnerei“ hinzu, 1995 wurden Heizungsbau und Solartechnik ins Programm aufgenommen. Sogar Kamin- und Kachelöfen waren eine Zeitlang Teil des Angebots.

Das heutige Programm umfasst alles, was die Kunden von einem großen Dienstleister vor Ort erwarten, und sogar vieles, was sie nicht erwarten. Denn der konsequente Ausbau der Sparten, unter stetiger Weiterbildung bei den führenden Herstellern, macht den Betrieb mit vier Meistern, 15 Gesellen und derzeit vier Lehrlingen zu einer großen schlagkräftigen Truppe, die stets allen Anforderungen der modernen Haustechnik gewachsen ist. Das Ladenlokal an der Müllerstraße 6 bietet zudem eine große Auswahl an Schalterprogrammen, Elektrogroß- und Kleingeräten, sowie Sanitär- und Heizungsartikeln. Selbstverständlich werden auch die erforderlichen Wartungsarbeiten an allen Heizungsanlagen aller Hersteller ausgeführt.

„Pferdesolarien machen wir allerdings keine mehr“, schmunzelt Bernhard Wessel, der in seinem langen Berufsweg auch dieses ungewöhnliche Produkt herstellte. Er macht da kein großes Aufheben von – nicht einmal, obwohl er eine der Anlagen für Prinzessin Anne, der Tochter der verstorbenen Queen Elisabeth II., in Gatcombe Park in Großbritannien installierte. Sein Schmunzeln verrät allerdings, dass er noch zahlreiche dieser Dönekes erzählen könnte.

Zeit hat er jetzt dafür – vermutlich. „Einiges muss ja noch abgewickelt werden“, sagt er, und Christiane Wessel, die die Buchhaltung führt, hofft ihren alten Chef noch lange für Fragen ansprechen zu können.

Der blickt mit einem Seufzer auf und sagt mit ernstem Blick: „Ohne die Truppe hätte man es nicht geschafft“, betont er. Und so geht sein Dank an alle jetzigen und ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Auszubildende, Praktikantinnen und Praktikanten, und selbstverständlich an alle Geschäftsfreunde. Vor allem aber geht sein Dank an die Kundinnen und Kunden, die ihm und seiner Firma teils seit Anbeginn die Treue gehalten haben. „Ohne die hätten wir es ebenfalls nicht geschafft!“

Die Beliebtheit des Seniors zeigte sich am 7. Januar. Bernhard hatte zu einer „kleinen“ Abschiedsfeier mit Imbiss und Umtrunk eingeladen und die Resonanz war überwältigend. Ohne sein Wissen hatten Mitarbeiter die 62 Auszubildenden angeschrieben, deren beruflicher Werdegang hier begann. Bernhard Wessel kann sich an jeden einzelnen von ihnen erinnern. „Einer davon hat sogar einen Doktortitel in Elektrotechnik gemacht“, freut er sich. Wer konnte kam, um dem ehemaligen einen entspannten Ruhestand zu wünschen. Dazu die gesamte Nachbarschaft, Weggefährten, Geschäftspartner, Kunden, Freunde, Verwandte und Bekannte. Einen schöneren Beweis für die Beliebtheit des Sassenbergers, als Chef, als Geschäftspartner und als Mensch, hätte es nicht geben können.

Ein riesengroßer Bahnhof zum Abschied – die Kette der Besucher, die sich am 7. Januar von Bernhard Wessel verabschieden wollten, riss kaum ab

Der Chef geht, aber es belibt alles wie es war – Christiane Wessel, Andreas Schulze Westhoff, Roland Schräer und Bernhard Wessel freuen sich auf das weitere Vertrauen der Kunden in die Firma B. Wessel GmbH & Co. KG

Fotos: Rieder