Er freue sich aufs kommende Schützenfest, sagt Ernst Rath, einer der in diesem Jahr für 70-jährige Mitgliedschaft im Schützenverein geehrten Mitglieder. Augenzwinkernd fügt er hinzu: „Und aufs Bierchen!“
Der erfahrene Schützenbruder, im Verein alles andere als ein unbekannter, freut sich aber auch „auf die Gemeinschaft“. Auch auf den Tanz, fügt er an, macht eine kurze Pause und sagt dann „Wenn man noch jung ist. Schöne Mädels!“
Mit der Auszeichnung „General“, die extra für ihn geschaffen wurde, weil er schon jahrelang „Oberst gewesen war, ist Rath der höchstrangige am Tisch im Café Arenhövel. König Thomas Stratmann und Pressesprecher Frank Deitert haben eingeladen, um die langjährigen Mitglieder mit der runden Jubiläumszahl zu ehren. Außer Ernst Rath sitzen noch Bernhard Strothmann, Heinz Oetter und Helmut Franke mit am Tisch, der seine Gattin Ulla mitgebracht hat. August Glanemann und Heinz Fischer waren leider verhindert. Mit Schmunzeln stellen die anwesenden Männer fest, dass sie alle um die 88 Jahre jung sind, also alle rund um den 18. Geburtstag eingetreten sind, dem damaligen Mindestalter.
In einen Schützenverein, in dem noch vieles anders war als heute, wie sich während der Erzählungen herauskristallisiert. Die für Schützen heute übliche weiße Hose sei ein hoch umstrittener und viel diskutierter Beschluss gewesen. Vermutlich auch weil es einfacher war, einen hellen Anzug aus dem Schrank zu nehmen, Hut und Stock dazu, fertig!
Die Frauen standen mitunter ebenfalls vor Problemen mit dem Dresscode, wie sich Ulla Franke erinnert. Sie spielte mit einem Kind im Sandkasten, als sie Pferdegetrappel hörte. „Hallo, zu Ihnen wollte ich“, sagte der Reiter. „Sie sind mit auf dem Thron!“ Das sei dann ziemlich hektisch gewesen, lacht sie. Sie fuhr noch schnell nach Warendorf, holte aber dann doch einiges aus dem eigenen Schrank. Die Jahreszahl hat sie nicht parat, aber „wir waren bei Kaiser Heinz Mußmann auf dem Thron“, erinnert sich das Ehepaar. Eine schnelle Recherche auf den bestens gepflegten Internetseiten des Vereins ergibt: 1991.
Noch viel weiter reichen die Erinnerungen von Heinz Oetter zurück. Er habe zum Schützenfest eine Tasse um den Hals getragen, für den leckeren Erdbeersaft. Da war er noch sehr jung, höchstens fünf Jahre, denn 1939 fand das letzte Fest vor dem 2. Weltkrieg statt.
Aus den Erzählungen wird zeitweise ein Gespräch, dem nicht leicht zu folgen ist. Verständlich, denn mit Ulla Franke sitzen weit über 300 Jahre Erinnerungen am Tisch. Am deutlichsten wird noch die Schützenvita von Ernst Rath, der drei Mal Mitglied einer Throngesellschaft war und sich genau erinnert, beim Schützenfest nie zu Fuß im Zug gegangen zu sein. „Immer nur auf’m Pferd“, sagt er und rechnet hoch, dass das 45 Jahre gewesen sein müssen. Ganz besonders kann er sich an eine seiner Jacken erinnern, denn die war abends plötzlich weg. Beim Aufräumen fand sie sich später wieder. „Ein paar Jungs hatten die wohl zusammengeknüllt und als Ball benutzt“, blickt er zurück und lacht: „War aber noch ganz in Ordnung, gute Qualität!“ lacht er.
59 Schützenfeste hätten die vier Schützenbrüder seit Beginn ihrer Mitgliedschaft erleben können, bei den meisten waren sie tatsächlich dabei. König war keiner von ihnen, sonst wäre bei diesem die Antwort auf die Frage, welches Schützenfest das schönste war, bestimmt anders ausgefallen. So sind sich die vier Herren und die Dame einig: Sie waren alle schön!
Langzeitkönig Thomas Stratmann (oben links) ehrte Helmut Franke, Ernst Rath, Bernhard Strotmann und Heinz Oetter für 70 Jahre Mitgliedschaft im Sassenberger Schützenverein
Foto: Rieder