Das reich verzierte Wohnhaus am Warendorfer Markt wurde 1631 im Stil der Spätrenaissance errichtet. Das seitlich versetzte Portal ist eine spätere Veränderung und kann auf die Zeit um 1760 datiert werden. Der großzügig durchfensterte Rollwerkgiebel der aus Ziegeln und Werkstein errichteten Fassade fand seine Vorbilder am Prinzipalmarkt in Münster, die jedoch allesamt vollständig während des zweiten Weltkrieges zerstört wurden, wodurch das Gebäude am Warendorf Marktplatz einen herausragenden Denkmalwert besitzt.
Verschiedene Instandsetzungen des zwischenzeitlich sogar verputzten Gebäudes lassen sich in die zweite Hälfte der 1920er Jahre und auf das Jahr 1978 datieren. Um 1965 wurde zudem die Freitreppe saniert. Schon in den 1970er Jahren musste zerstörtes Steinmaterial ersetzt werden, wodurch teilweise auch Steinersatzmaterial verbaut wurde. In dem Zuge wurde leider auch eine Hydrophobierung (wasserabweisenden Schutzanstrich) auf die Fassade gebracht, welche die Ziegel und Werksteine dauerhaft geschädigte. Insbesondere die Bereiche, die mit Steinersatzmaterial restauriert wurden, aber auch die Ersatzsteine der 1970er Jahre waren zunehmend abgängig und schälten sich in den letzten Jahren sogar oberflächennah ab. Diese Abgänge führten im Jahr 2018 schließlich dazu, dass der Bereich vor dem Haus aus Sicherheitsgründen abgesperrt werden musste.
Dieser Missstand nahm das Quartiersmanagement Altstadt Warendorf zum Anlass, Kontakt zu den Eigentümern aufzunehmen und ihre ideelle Unterstützung anzubieten. In ihrer unterstützenden Funktion kontaktierte das Quartiersmanagement den LWL Denkmalpflege in Münster und schilderte den Sachverhalt, sodass dieser die Erstellung eines Fachgutachtens mit Sanierungsoptionen in die Wege leitete. Der damit beauftragte Restaurator Dr. Hellbrügge aus Ascheberg legte nach der Befahrung der Fassade mittels Hubsteiger im Januar 2019 seine ernüchternden Erkenntnisse vor: Demnach war nach fast 400 Jahren der Schädigungsgrad der mittlerweile sieben (!) verschiedenen in der Fassade verbauten Werksteinsorten so groß, dass ein fast kompletter Steinaustausch empfohlen werden musste.
Da dieser Austausch mit hohen Kosten verbunden war, wurde in enger Zusammenarbeit zwischen dem Quartiersmanagement und der Stadt Warendorf Kontakt zu verschiedenen Fördergebern aufgenommen. Nach vielen Abstimmungsgesprächen konnte die Maßnahme mit Hilfe von Fördermitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Denkmalförderung des Landes Nordrhein-Westfalen sowie der Stadt Warendorf kofinanziert werden.
Das Büro Kroos+Schlemper Architekten aus Dortmund wurde mit der Erarbeitung der Planungsleistungen und der fachlichen Begleitung des Projektes beauftragt. Die Umsetzung der notwendigen Arbeiten wurde an die Firma Schlüter aus Rinkerode vergeben.
Mit Aufnahme der Sanierung und der damit einhergehenden Gerüstaufstellung wurde erst Anfang September das wahre Maß der Schädigungen sichtbar. Aber auch einige Überraschungen kamen zu Tage: wie zum Beispiel alte Kaminzüge, verrottete Rückverankerungen am Dachstuhl oder Halterungen für zwei bisher unbekannte Obelisken auf den Giebelabsätzen.
Vor dem Austausch der Werksteine musste erst der Bestand genau vermessen und kartiert werden, bevor man dann mit dem behutsamen Ausbau der bis zu 120kg schweren Sandsteinblöcke beginnen konnte. Bei dem neuen Material handelt es sich um Thüster Kalkstein, der in Niedersachsen abgebaut und wesentlich langlebiger ist, als der ursprünglich verbaute Baumberger Kalksandstein. Parallel zum Natursteinaustausch werden die Ziegelflächen behutsam gereinigt und in Teilen neu verfugt. So werden neben den bis zu 100 auszutauschenden Ziegelsteinen knapp 6 Tonnen des Thüster Kalksteins in der Fassade verbaut. Zudem erhalten die Zuganker der Decken, einige Zierkugeln und die Wetterfahne einen feinen Blattgoldüberzug, welcher der Fassade wieder im Detail einen feinen Glanz verleiht.
Zurzeit werden in der Werkstatt der Firma Schlüter die einzelnen Sandsteinblöcke bildhauerisch bearbeitet, um dadurch exakte Kopien des Originals zu erzeugen. Leider führten Lieferschwierigkeiten im Steinbruch zu einem Zeitverzug, wodurch erst Mitte November mit dem Wiedereinbau der Natursteine begonnen werden konnte. Aufgrund dieser zeitlichen Verzögerung bei der Materialbeschaffung und der notwendigen Winterpause wird die Maßnahme voraussichtlich im Frühjahr beendet werden können.
Mit Abschluss der Maßnahme – da sind sich alle Beteiligten sicher – wird auf dem Warendorfer Marktplatz wieder ein kleines architektonisches Schmuckstück stehen.
Fotos: Stadt Warendorf