Fehlendes Visum gefährdet Ausbildungsstart

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Kreis Warendorf. Abdelrahman Nazzal ist frustriert. Eigentlich hätte der 20-jährige Jordanier längst in Deutschland sein und schon zum 1. September eine Ausbildung zum Elektrotechniker beginnen sollen. Mehr als sechs Wochen nach diesem Termin ist immer noch nicht absehbar, wann er die Ausbildung tatsächlich beginnen kann. Eine unbefriedigende Situation für den jungen Mann ebenso wie für den Ausbildungsbetrieb.

Der Grund für die Verzögerung des Ausbildungsbeginns ist einzig und allein bei der Deutschen Botschaft in Amman zu suchen. Dort hatte Abdelrahman Nazzal am 25. September einen Interview-Termin zur Visumserteilung. „Schon dieser Interview-Termin hat auf sich warten lassen“, berichtet Frank Tischner. Der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf hat nur noch wenig Verständnis für den bürokratischen Aufwand bei der Visumsvergabe. Wir haben mehrfach auf den Ausbildungsstart hingewiesen und auch auf die priorisierte Bearbeitung seines Visums.

„Insgesamt haben in diesem Jahr acht junge Jordanier Visa beantragt, um eine Handwerksausbildung in den Kreisen Steinfurt und Warendorf beginnen zu können“, blickt Tischner zurück. „Bei fast allen Verfahren massive Probleme oder eine verspätete Bearbeitung.“ Nach persönlichen Gesprächen in Amman gab es Videoschalten mit den potenziellen Ausbildungsbetrieben, anschließend wurden Ausbildungsverträge unterschrieben. „Die sind die Grundlage für die Visumsvergabe“, erläutert Tischner das Prozedere. Um entsprechende Termine bei der Botschaft habe man sich schon frühzeitig bemüht. Mittlerweile haben sieben junge Jordanier ihre Handwerksausbildung beginnen können – nur Abdelrahman Nazzal nicht. „Hier warten wir immer noch auf das Visum.“

Für Frank Tischner ist das völlig unverständlich. „Nach dem Interview in der Botschaft am 25. September kam sechs Tage später die Aufforderung, mit einer Bescheinigung des Ausbildungsbetriebes nachzuweisen, dass Abdelrahman Nazzal seine Berufsausbildung auch verspätet antreten kann.“ Die Übermittlung einer solchen Bescheinigung war kein Problem und ist noch am selben Tag erfolgt. „Dass ein verspäteter Ausbildungsstart möglich ist, sollte der Botschaft aber ohnehin bekannt sein“, ärgert sich Tischner über eine weitere bürokratische Anforderung. Noch mehr ärgert sich der Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Steinfurt Warendorf allerdings darüber, dass seit der Übersendung der Bescheinigung weitere zehn Tage vergangen sind, ohne dass Abdelrahman Nazzal eine Rückmeldung, geschweige denn ein Visum erhalten hat. „Mittlerweile steht zu befürchten, dass der junge Jordanier den Ausbildungseinstieg in diesem Ausbildungsjahr verpassen wird.“ Und das in einem Projekt, das von der Bundesregierung als Pilotprojekt angesehen wird und für das Entwicklungshilfeministerin Reem Alabali-Radovan erst gerade in Berlin zusammen mit den jordanischen Partnern ein Fortführungsabkommen unterzeichnet hat. „Mittlerweile drängt sich der Eindruck auf, dass es sich bei der verzögerten Visumsvergabe um bürokratische Schikanen handelt“, ist Tischner frustriert. „Man muss sich ernsthaft fragen, ob wir in Deutschland den Bereich Fachkräftemigration überhaupt glaubwürdig bearbeiten wollen, wenn selbst in einem Pilotprojekt der Bundesregierung die zeitnahe Visumserteilung nicht gewährleistet ist. Hinzu kommt das negative Bild welches wir bei den Jugendlichen in Jordanien und den heimischen Betrieben hinterlassen. Von einer gelebten Willkommenskultur kann keine Rede sein und auch hier schlägt die Bürokratie wieder auf eine funktionierende Wirtschaft und hemmt diese. “ 

Für deutsche Staatsangehörige ist es in der Regel kein Problem, ein Visum für Jordanien zu bekommen. Hauptgeschäftsführer Frank Tischner hat das Land im Rahmen des PAM-Projektes und einer Berufsbildungspartnerschaft schon mehrfach besucht. Auf ein Visum für Deutschland wartet der angehende Auszubildende Abdelrahman Nazzal immer noch.

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