Für Europa gibt es keine andere Wahl

Europa-Politiker Markus Pieper zu Gast beim Handwerk

Navigationsgeräten sollte man nicht immer glauben, denn bevor der Europa-Abgeordnete Markus Pieper zu Handwerksunternehmern und Unternehmerfrauen im Handwerk sprach, meldete zum allgemeinen Amüsement eine Stimme von seinen Mobiltelefon: „Position unbestimmt.“ Nicht nur, dass der Europa-Politiker, direkt aus Straßburg kommend, eine Punktlandung in Beckum machte, auch in seinem rund zweieinhalb stündigen Vortrag „Europa – Keine andere Wahl“, zu dem die „Unternehmerfrauen im Handwerk Kreis Warendorf (UFH)“ und die Kreishandwerkerschaft (KH) Steinfurt-Warendorf gemeinsam eingeladen hatten, ließ Markus Pieper nichts unbestimmt, sondern machte seine Positionen zu den vielen angesprochenen Themen deutlich und nachvollziehbar. 

Dabei sprach Pieper nicht mit einem vorbereiteten Manuskript, sondern fragte sein Publikum, welche Themen und Fragen ihnen auf der Seele brennen, und verband seine Antworten darauf zu einem Bogen verschiedenster Aspekte der aktuellen Europapolitik. Er ging dabei ebenso auf die von dem KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner in der Begrüßung angesprochene Bedeutung der EU für Freiheit, Demokratie und Frieden in Europa ein wie auch auf die für das Handwerk relevanten Punkte wie duale Ausbildung und Meisterpflicht und Maut- und Tachographenpflicht für die Fahrzeuge der Handwerker an. Und natürlich kam auch der seitens der Handwerksunternehmen immer wieder erhobene Vorwurf der Überbürokratisierung durch die EU zur Sprache. UFH-Vorsitzende Andrea Bühlbecker hatte zu Anfang erklärt, dass vor allem dieses Thema Anlass war, den Europa-Abgeordneten einzuladen. Zum Erstaunen der meisten Anwesenden erklärte Markus Pieper, dass die im letzten Mai in Kraft getretene EU-Datenschutzgrundverordnung zu 95 % deutsch ist und gerade die heftig kritisierte Regelung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten auf Drängen der deutschen Regierung in dieser verschärften Form Bestandteil der Verordnung wurde. Die EU, so seine Botschaft, ist eben nicht immer Urheber von Bürokratie, diese entsteht oft erst in der nationalen Umsetzung. 

Überhaupt sieht Pieper den europäischen Binnenmarkt als größtes Entbürokratisierungsprogramm, weil der grenzüberschreitende Waren- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der EU-Staaten dadurch deutlich erleichtert wird. Auf der anderen Seite, stellte er klar, gab es im Rahmen der Deregulierung nie eine Vorgabe seitens der EU, den deutschen Meistertitel abzuschaffen. 

Auch der Brexit war an dem Abend, an dem sich das britische Parlament gegen einen Austritt ohne Vertrag ausgesprochen hatte, selbstverständlich ein nachgefragtes Thema. Markus Pieper bekannte, dass er noch die Hoffnung habe, dass über ein zweites Referendum der Verbleib der Briten – natürlich ohne den bisherigen „Briten-Rabatt“ – noch möglich wird. Großbritannien sei nicht nur als Wirtschaft- und Militärmacht ein wichtiger Bestandteil der Europäischen Union, sondern auch ein Verfechter des Subsidiaritätsprinzips und damit Gegner einer Sozialisierung von Schulden.

Bei allen bestehenden Problemen plädierte der Europaabgeordnete für die EU: „Es ist besser die EU zu erneuern und zu verbessern als sie abzuschaffen. Dazu gehört auch neue Brücken zu bauen und bestehende nicht abzureißen“, so Piper. Für ihn wie auch für die teilnehmenden Handwerksunternehmer steht deshalb fest, dass es für „Europa keine andere Wahl“ besteht und die Beteiligung an den Europawahlen am 26. Mai wichtig ist, um die europafeindlichen Populisten im rechten wie auch im linken Spektrum in ihre Schranken zu verweisen, damit es für ein freies Europa keine Schranken mehr gibt.

Mehr als zwei Stunden ging Europa-Parlamentarier Markus Pieper in der Kreishandwerkerschaft auf die Fragen und Themen der Handwerksunternehmer und Unternehmerfrauen im Handwerk ein. (Foto: KH)