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Handel mit Großbritannien wieder ankurbeln – Fünf Jahre Brexit: IHK fordert politische Initiative

Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Fünf Jahre nach dem EU-Austritt Großbritanniens am 31. Januar 2020 wirbt die IHK Nord Westfalen für „mehr politische Initiative“, um den Abwärtstrend in den Handelsbeziehungen mit dem Vereinigten Königreich zu stoppen. „Das ist möglich und dringend nötig“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel. Er fordert, die im nächsten Jahr anstehende Überprüfung des EU-UK-Handelsabkommens für eine Trendumkehr zu nutzen, „um den Handel wieder anzukurbeln und Investitionen zu erleichtern“.

Nach den gerade veröffentlichten Zahlen von IT.NRW lag der Wert der Waren, die die nordrhein-westfälische Wirtschaft 2023 in das Vereinigte Königreich ausgeführt hat, bei 9,5 Milliarden Euro. 2018, vor Ausbruch der Brexit-Debatte, waren es noch 12,1 Milliarden Euro. „Das ist ein Rückgang um mehr als 20 Prozent“, betont Jaeckel. Den Anteil, den Unternehmen aus dem Münsterland und der Emscher-Lippe-Region aktuell am Export aus NRW haben, beziffert die IHK Nord Westfalen mit etwa 1,1 Milliarden Euro jährlich. Über 400 Unternehmen aus dem IHK-Bezirk unterhalten Geschäftsbeziehungen nach Großbritannien.

Für den IHK-Hauptgeschäftsführer zeigen die rückläufigen Zahlen zugleich „die Wachstumsmöglichkeiten, die sich ergeben, wenn wir die Handelshindernisse aus dem Weg räumen“. Gerade angesichts der weltweit zunehmenden Handelsstreitigkeiten müsse dieses „Potenzial in unmittelbarer Nachbarschaft“ zum Vorteil beider Seiten besser genutzt werden. „Wir können diesen Handelsverlust wieder wettmachen“, ist Jaeckel überzeugt.

Auch fünf Jahre nach dem Brexit beantwortet die IHK-Außenwirtschaftsabteilung noch fast täglich Fragen von Unternehmen zum Handel mit Großbritannien. Neben der Zollbürokratie, die den Handel aufwändiger und damit teurer macht, haben die Unternehmen vor allem Probleme rund um die Entsendung von Mitarbeitern. „Das Verfahren sollte vereinfacht werden“, fordert Gerd Laudwein, der Außenwirtschaftsexperte der IHK Nord Westfalen. Aktuell aber droht das Gegenteil: „Ab April ist für Bürgerinnen und Bürger aus der EU eine kostenpflichtige elektronische Einreisegenehmigung, kurz: ETA, vorgeschrieben“, erläutert Laudwein, der die Außenwirtschaftsabteilung der IHK leitet. Betriebe könnten Mitarbeiter ohne Visum nur noch eingeschränkt für gewerbliche Tätigkeiten nach Großbritannien schicken. Möglich bleiben laut IHK zum Beispiel Reisen für Geschäftsverhandlungen, für den Auf- oder Abbau von Anlagen oder für den Besuch einer Messe – nicht aber zum Beispiel für den Aufbau eines Messestands. „Außerdem besteht die Möglichkeit zur visumsfreien Einreise nur für EU-Bürger“, erläutert Laudwein. Viele Betriebe aus Nord-Westfalen beschäftigten aber auch Mitarbeiter aus Nicht-EU-Ländern.

Ein weiteres Handelshindernis droht bald ebenfalls eher größer als kleiner zu werden: „Nach meiner Einschätzung werden sich die grundlegenden technischen Normen und Vorschriften unterschiedlich entwickeln“, befürchtet Laudwein. Noch seien zum Beispiel die Zertifizierungs-Vorgaben für das europäische CE-Kennzeichen und das britische UKCA weitgehend einheitlich. Zudem akzeptierten die Briten in vielen Fällen das CE-Zeichen. Das ändere sich jedoch nach und nach: „Passt die EU eine ihrer Normen an, dann entspricht die CE-Kennzeichnung nicht mehr den britischen Regeln“, erläutert er. „Auch das erhöht den Aufwand und macht den Handel weniger attraktiv“, weshalb sich die IHK dafür einsetzt, einheitliche Zertifizierungsregeln beizubehalten.

Fordert eine neue Initiative, um die Wirtschaftsbeziehungen zu Großbritannien wieder zu verbessern: Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen.

Foto: Mensing/IHK Nord Westfalen

Beantwortet fast täglich Fragen zum Handel mit Großbritannien: Gerd Laudwein, Außenwirtschaftsexperte der IHK Nord Westfalen.

Foto: Morsey/IHK Nord Westfalen