Eigentlich hatte die Kameradschaft ehemaliger Soldaten in Milte schon im vergangenen Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum begehen wollen. Aber wie es aussieht, stellt die Pandemie auch in diesem Jahr eine Feier mit vielen Gästen infrage. Davon lässt sich die Kameradschaft aber nicht beirren. Wenn schon nicht gefeiert werden darf, soll doch wenigstens die eigens erstellte Jubiläumsfestschrift erscheinen! Ein historischer Rückblick auf ein Dorf, auf die leidvollen Einschnitte durch die Kriege im 19. und 20. Jahrhundert und auf die Geschichte eines Vereins, der sich die Arbeit für den Frieden auf die Fahne geschrieben hat.
Emil Schoppmann hat historische Dokumente und Fotos aus der Vereinsgeschichte zusammengetragen und gemeinsam mit Jeanine Müller-Keuker in einer Festschrift verarbeitet, die mehr ist als das: Hier wird nicht nur deutlich, welche gesellschaftlichen Strömungen zur Gründung von Kriegervereinen führten, auch die vielen Schicksale, die es in fast jeder Milter Familie gab, werden sichtbar. Gerade junge Menschen können mitunter ihren Ur-Opa, Großvater oder Onkel wiederfinden. Möglich gemacht hat dies die jahrelange Arbeit von Emil Schoppmann. Der studierte Historiker versteht sich als ehrenamtlicher Chronist seines Heimatdorfes und kennt die Geschichte des Warendorfer Ortsteils wie kein Zweiter. Er sammelt alles, was es zur Geschichte von Milte zu finden gibt: Fotos, Schriftstücke, die Erlebnisberichte von Zeitzeugen. Sofort erklärte er sich daher bereit, sich mit der Historie der Kameradschaft ehemaliger Soldaten zu befassen: „Als einer der ältesten Vereine hat die Kameradschaft das gesellschaftliche Leben in Milte entscheidend geprägt. In ihrer Entwicklung war sie besonders den politischen Strömungen und kriegerischen Ereignissen unterworfen. So spiegelt die Geschichte des Vereins eben auch einen Teil der Geschichte dieses Dorfes wider“, erklärt Schoppmann. Vom Militarismus der Kaiserzeit über den Schock des industriellen Tötens in den Schützengräben während des Ersten Weltkriegs, vom Nationalsozialismus bis in die Neuzeit hat er Material zusammengetragen.
Dr. Jeanine Müller-Keuker hat die Texte und die vielen Fotos grafisch so aufbereitet, dass der Wandel des „Kriegervereins“ in eine Institution, die der Opfer gedenkt und zum Frieden mahnt, leicht nachvollziehbar wird. „Es soll ja Spaß machen, darin zu lesen und zu blättern. Mich würde es freuen, wenn gerade viele junge Menschen im Ort vielleicht etwas über ihre eigene Familie darin entdecken!“ 40 Seiten hat die gebürtige Niederländerin, die Milte zu ihrer Wahlheimat gemacht hat, gestaltet.
Die Festschrift will erinnern und zum Erzählen und Nachfragen anregen. „Das ist ja ohnehin eine der wichtigsten Aufgaben des Vereins“, erklärt dessen Vorsitzender Wenzel Havelt: „Unser Dorf hat während der beiden Weltkriege viele Männer verloren. Söhne, Väter, Ehemänner und Brüder. Indem wir die Erinnerung an sie und die Opfer von Gewalt wachhalten, machen wir den Menschen bewusst, dass aus Krieg nur Leid und Elend entsteht. Nie war diese Aufgabe wichtiger als heute. Denn nach der längsten Friedenszeit der Geschichte halten viele junge Menschen, die selbst nie einen Krieg erlebt haben, Nationalismus und Feindseligkeit für politisch vertretbar. Das ist grundfalsch!“
Jedem Haushalt in Milte wird in den nächsten Tagen eine Jubiläumsfestschrift ausgehändigt. Wer darüber hinaus noch Exemplare haben möchte, kann diese zum Preis von 5 Euro in der Milter Dorfapotheke erwerben. Mit dem Preis soll die Arbeit des Vereins und vor allem die Jubiläumsfeier unterstützt werden. Denn dass diese noch stattfinden soll, daran lässt der Vereinsvorsitzende Wenzel Havelt keinen Zweifel. Noch geht man optimistisch vom 24. Juli dieses Jahres als einem möglichen Termin aus.
Präsentieren ihre Jubiläumsfestschrift auf historischem Boden: Emil Schoppmann, Jeanine Müller-Keuker, Mike Atig und Wenzel Havelt am Milter Ehrenmal (Foto: Atig)