Laurentianum: Studienfahrt des Leistungskurses Sozialwissenschaften nach Budapest

Studienfahrt nach Budapest (Foto: Gymnasium Laurentianum)

Orbán, Europa und Donaumetropole

Eine einwöchige Studienfahrt führte 20 angehende Abiturienten des Leistungskurses Sozialwissenschaften des Gymnasium Laurentianum unter der Leitung von Lars Boesenberg und Lena Steinwachs in die ungarische Metropole Budapest.

Am Anfang der Fahrt stand ein Spaziergang auf den Budapester Gellértberg. Der bei strahlendem Sonnenschein schweißtreibende Aufstieg brachte nicht nur einen beeindruckenden Panoramablick auf Budapest, sondern lieferte am Fuße der monumentalen Freiheitsstatue auch den ersten Anlass, sich mit der Bedeutung und auch dem besonderen Verständnis des Begriffs Freiheit in Ungarn auseinanderzusetzen. 

Am folgenden Tag wurde das Thema weitergeführt. Im „Haus des Terrors“, der ehemaligen Zentrale und zugleich dem Foltergefängnis der mit Hitler paktierenden ungarischen Pfeilkreuzler sowie später des insbesondere unter Stalin grausamen sozialistischen Geheimdienstes, wurde die unmenschliche Wirkung zweier Diktaturen deutlich. Der Freiheitskampf vieler Ungarn gegen beide Diktaturen wurde ebenso thematisiert wie die erstaunliche Wandlungsfähigkeit der Folterknechte, die nach 1945 in neuer Uniform ihr altes Werk vollrichteten. Bewegt und nachdenklich verließen die Schüler diesen besonderen Ort.

Die Besichtigung des ungarischen Parlaments zeigte nicht nur die Pracht dieses Monumentalbaus, sondern warf auch Fragen auf. Auf die Irritation des Kurses, dass nach Viktor Orbáns Amtsübernahme die Herrschaftsinsignien der ungarischen Könige ausgerechnet im zentralen Saal des Parlaments einer Republik installiert wurden und dass zugleich die Europafahne aus dem Gebäude entfernt wurde, wollte die Parlamentsmitarbeiterin nur ausweichend antworten.

Ein ganztägiger Ausflug auf der Donau führte den Kurs nach Visegrád im Norden Ungarns. Das verschlafene Dorf, die bewaldeten Berge und die imposante Natur des Donauknies bildeten einen abwechslungsreichen Kontrast zum pulsierenden Budapest. Nach einer erneut schweißtreibenden Wanderung erreichte der Kurs die Ruine der Burg Visegrád. Hier fand im Mittelalter ein Treffen der Könige von Ungarn, Böhmen und Polen statt, in dessen Tradition sich die heutige „Visegrád-Gruppe“ sieht, eine informelle Interessenvertretung von Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn innerhalb der EU, die in Opposition zu vielen Positionen anderer EU-Staaten steht. In einer Diskussion wurde die symbolische Bedeutung des Ortes erörtert.

Bei einem Besuch der Deutschen Botschaft in Budapest wurden die diplomatischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Ungarn diskutiert. Einen Schwerpunkt bildete dabei die veränderte politische Lage seit dem Amtsantritt Viktor Orbáns. Die Gelegenheit des Botschaftsbesuchs wurde auch genutzt, um sich über die Berufsperspektiven im diplomatischen Dienst zu informieren. Besonderes Interesse der Schüler weckten die Besonderheiten des Diplomatenlebens, auf das die Botschaftsmitarbeiterin sehr offen und persönlich antwortete.

Im jüdischen Viertel Budapests wurde dessen rasanter Wandel durch die Gentrifizierung der letzten Jahre mit den einhergehenden sozialen Folgen erörtert. Der Kurs nutzte die in den dortigen Ruinenhäusern entstandene Erlebnispädagogik „Escape Games“ zum Teambuilding kurz vor dem anstehenden Abitur. In Gruppen mussten Schüler Aufgaben und Rätsel lösen, um gemeinsam aus einem „Verlies“ wieder herauszufinden.

Am letzten Tag der Fahrt führte ein gemeinsamer Ausflug auf die Margaretheninsel, einem Erholungsort der Budapester. Zu ungarischen Volksliedern und Shakira tanzende Wasserfontänen sorgten ebenso für Entspannung wie ein japanischer Garten oder die Ruhe am Donauufer.

Durch das gemeinsame Programm sowie viele individuell gestaltete Freizeitaktivitäten erlangten die Schüler einen Einblick in die kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Besonderheiten Ungarns. Dabei wurde deutlich, wie problematisch manche Entwicklungen in Ungarn sind, aber auch, wie sie zu erklären sind. Dass erkennbar wurde, dass sich der Freiheitsbegriff in Ungarn stets gegen fremde Herrschaft richtete, aber Unfreiheit durch eigene Herrscher auch heute mehrheitlich gleichgültig bis zustimmend hingenommen wird und dabei auch der Entrechtung von Minderheiten im eigenen Land wie den Sinti und Roma zugestimmt wird, hinterließ bei den Schülern wie den begleitenden Lehrern Sorgen.

Studienfahrt nach Budapest (Foto: Gymnasium Laurentianum)