Knapp zwei Jahre hat Simon Smolarek auf sein neues Auto gewartet, nun konnte er es endlich abholen. Die lange Lieferzeit hat aber nichts mit Materialengpässen zu tun: Da der Simon Smolarek ständig auf einen E-Rollstuhl angewiesen ist, wurde der Mercedes Sprinter speziell für ihn umgebaut. Im Heckbereich verfügt er über einen vollautomatischen Lift, im Fahrerbereich wird der Rollstuhl in einer Dockingstation fixiert. Für Gas und Bremse gibt es einen Schieber, gelenkt wird per Joystick. Für alles Weitere, zum Beispiel Blinker oder Scheibenwischer, nutzt der Telgter eine Sprachsteuerung. Da der Rollstuhl gleichzeitig als Fahrersitz dient, musste er vom TÜV speziell zum Fahren des Autos zugelassen werden. Innerhalb weniger Minuten können Beifahrersitz und Rollstuhl für einen Fahrerwechsel getauscht werden – so sind auch längere Fahrten kein Problem.
Möglich wurde dies durch die Unterstützung der Fachstelle für behinderte Menschen im Beruf, die beim Kreis Warendorf angesiedelt ist und eng mit dem LWL-Integrationsfachdienst zusammengearbeitet hat.
Für Simon Smolarek ist das Auto ein wichtiger Schritt, um eigenständig zu sein: „Es ist toll, welche technischen Möglichkeiten es heute gibt, damit ich trotz meiner Behinderung unabhängig sein kann. Ich lerne jetzt ganz neue Grenzen kennen.“
Der 22-jährige absolviert derzeit ein duales Studium an der Hochschule für Finanzen in Nordkirchen und ist beim Finanzamt Münster in der fachpraktischen Ausbildung eingesetzt. Statt mit einem Taxi fährt er nun selber nach Nordkirchen und Münster. Die intelligente Steuerung des Wagens erkennt genau, wer ihn fährt. Sitzt Simon Smolarek hinter dem Lenkrad, ist die Geschwindigkeit zur Sicherheit auf 130 km/h begrenzt.
Das Auto und der spezielle Umbau wurden aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gefördert. Diese müssen Arbeitgeber zahlen, die nicht die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl von schwerbehinderten Menschen beschäftigen. Die Mittel werden ausschließlich zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben (einschließlich begleitender Hilfe im Arbeitsleben) verwendet.
Auch der Führerschein wurde darüber finanziert. Die Fahrausbildung hat Simon Smolarek in einer für Menschen mit körperlichen Behinderungen spezialisierten Fahrschule in Wassenberg im Kreis Heinsberg absolviert.
Sozialamtsleiterin Kirsten Röttger: „Die technischen Möglichkeiten sind das Eine – aber es braucht auch Mut und Willenskraft, ein so großes und langwieriges Projekt anzugehen. Und Simon Smolarek hat beides.“
Hintergrund:
Die Fachstellen „Behinderte Menschen im Beruf“ verfolgen mit ihrer Arbeit das Ziel, Arbeitsplätze schwerbehinderter Beschäftigter zu sichern. Dazu bieten sie begleitende Hilfen im Arbeitsleben an, insbesondere Information und Beratung sowie finanzielle Hilfen. Oft können technische Hilfsmittel bestehende Beeinträchtigungen ausgleichen. Und vor dem Hintergrund des wachsenden Fachkräftebedarfs können und möchten viele Arbeitgeber auf das Potential von Menschen mit Behinderungen nicht verzichten.
Ein weiteres Arbeitsfeld ist der Kündigungsschutz. Die Fachstellen suchen mit den Beteiligten nach Auswegen, eine Kündigung möglichst zu vermeiden, den Arbeitsplatz zu erhalten oder auf eine gütliche Einigung hinzuwirken.
Über die Leistungen informieren beim Kreis Warendorf die Fachstellenmitarbeiterinnen Britta Runde (Tel. 02581/53-5084) und Birgit Stukenbrok (Tel. 0258/ 53-5019). Die Beratung ist vertraulich und kostenlos und umfasst alle Fragen rund um den Arbeitsplatz und die Beschäftigungssituation des schwerbehinderten Menschen.
(Fotos: Kreis Warendorf)
Der Mercedes Sprinter wurde speziell auf die Bedürfnisse von Simon Smolarek abgestimmt und umgebaut.
Simon Smolarek hinter dem Steuer seines Autos. Es gibt ihm ganz neue Freiheiten.