Nach den Plänen des Bundesfinanzministers drohen der kommunalen Ebene ab 2019 erhebliche Kürzungen bei der Erstattung von Flüchtlingskosten. Wenn z.B. die fünf Jobcenter im Münsterland ab 2020 die Kosten der Unterkunft alleine oder zu einem großen Teil übernehmen müssten, wäre allein dieser Einschnitt mit massiven Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte verbunden. Hinzu kommen weitere Erstattungen wie die Integrationspauschale des Bundes, die gestrichen werden sollen. Als Sprecher der Münsterland-Landräte warnte Dr. Olaf Gericke (Kreis Warendorf) bei einer Pressekonferenz am Dienstag (16. April) vor diesen Kürzungen. Er setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass der Bund seiner Verantwortung gerecht wird.
„Den vier Münsterland-Kreisen und der Stadt Münster drohen jährliche Mehrbelastungen von insgesamt etwa 100 Millionen Euro“, erläuterten Dr. Gericke und Kreisdirektor Dr. Stefan Funke (Warendorf), der auch Sprecher der Vereinigung Westfälisch-Lippischer Kreiskämmerer ist. Deshalb stärken die Landräte Dr. Gericke, Dr. Effing (Steinfurt), Dr. Zwicker (Borken) und Dr. Schulze Pellengahr (Coesfeld) sowie Oberbürgermeister Lewe (Münster) in einem gemeinsamen Brief Ministerpräsident Laschet den Rücken. Der setzt sich dafür ein, dass der Bund an seiner finanziellen Unterstützung festhält.
Hintergrund ist, dass wichtige Regelungen der Flüchtlingsfinanzierung Ende 2019 auslaufen. Der Bund plant u.a.:
die stark steigenden Kosten der Unterkunft (KdU) für die anerkannten Flüchtlinge nicht mehr in voller Höhe zu erstatten. Für die KdU dieser Gruppe geben die fünf Jobcenter im Münsterland jährlich derzeit knapp 33 Mio. Euro aus – Tendenz steigend! Allein im Vergleich zum Vorjahr (26,3 Mio. €) stiegen die Ausgaben dafür um 24 Prozent. die Integrationspauschale von derzeit zwei Milliarden Euro jährlich komplett zu streichen. Dabei gibt das Land NRW gerade erst seit diesem Jahr die Pauschale in voller Höhe an die Städte, Gemeinden und erstmals an die Kreise weiter. Das Münsterland kann mit einem Betrag von geschätzt über 40 Mio. Euro rechnen, der ebenfalls auf der Kippe steht. die monatliche Asylbewerberpauschale von 670 Euro, die die Städte und Gemeinden erhalten, zu streichen. ab 2020 nichts mehr für abgelehnte und abzuschiebende Flüchtlinge zu zahlen.
„Nur ein dürftiger Ersatz für diese Leistungen ist die auf fünf Jahre verteilte Pauschale von 16.000 Euro pro Flüchtling. Unterm Strich läuft das darauf hinaus, dass der Bund einen Großteil seiner bisherigen Leistungen streichen will. Das ist für uns nicht hinnehmbar“, sagt Landrat Dr. Gericke. „Denn die Herausforderungen der Integration werden in den kommenden Jahren nicht kleiner! Insbesondere die fünf kommunalen Jobcenter im Münsterland kümmern sich mehr denn je um Flüchtlinge.“ Etwa jeder fünfte erwerbsfähige Leistungsberechtigte ist ab 2015 als Asylbewerber anerkannt – das sind 11.000 Menschen, die die Jobcenter in Arbeit vermitteln müssen.
„Integration geht nicht so schnell wie gedacht. Auch wenn die Quote im Münsterland langsam Richtung 25 Prozent steigt, so konnte bislang nur ein kleiner Teil der Flüchtlinge nachhaltig ins Berufsleben integriert werden – häufig leider in Helfertätigkeiten und nicht seltennur vorübergehend“, erläuterte Dr. Gericke und nannte eine Zahl aus dem Kreis Warendorf: So haben von ca. 900 seit Juli 2016 integrierten Flüchtlingen ca. 530 im Laufe der Zeit wieder SGB II-Leistungen erhalten.
Für eine echte, nachhaltige Integration sind gute Sprachkenntnisse nötig. Um eine Ausbildung und den dazugehörigen Berufsschulbesuch erfolgreich abzuschließen, ist das Niveau B 2 erforderlich. Nur knapp zehn Prozent der Flüchtlinge haben bislang dieses Sprachniveau erreicht. Eine durchschnittliche Integration inklusive Berufsausbildung dauert von 5,5 bis 7,5 Jahre, so das Jobcenter Kreis Warendorf.
„Integration findet vor Ort statt, in den Städten, Gemeinden und Kreisen! Dazu brauchen wir aber auch weiterhin die nötigen finanziellen Mittel. Denn der Weg ist noch lang – doch wir gehen ihn gerne, weil wir auch die Chancen sehen, die junge Menschen mit guten Sprachkenntnissen z.B. im Handwerk haben. Die Integration ist eine echte Mammutaufgabe“, so der Sprecher der Münsterland-Landräte. Deshalb fordern die Landräte und der OB: „Der Bund darf die Kommunen nicht im Regen stehen lassen und muss dauerhaft Verantwortung in dieser wichtigen Frage übernehmen! Er darf sich nicht aus der Flüchtlingsfinanzierung zurückziehen. Hier geht es auch um Verlässlichkeit.
Setzen sich dafür ein, dass der Bund an seiner finanziellen Unterstützung für die Integration der Flüchtlinge festhält: Landrat Dr. Olaf Gericke (l.) und Kreisdirektor Dr. Stefan Funke (Warendorf), der auch Sprecher der Vereinigung Westfälisch-Lippischer Kreiskämmerer ist. (Foto: Kreis Warendorf)