Alexandra Stephan weiß, wovon sie spricht. Als Betroffene kennt sie die Tücken des Alltags für Menschen mit einer Hörschädigung. Eine Hörschädigung fällt auf den ersten Blick nicht auf. Je nach Hörverlust tragen viele Betroffene ein Hörgerät oder können bei starkem Hörverlust von den Lippen ablesen. Trotzdem stoßen Betroffene und Nicht-Betroffene immer wieder an ihre Grenzen. Denn wenn es um Kommunikation geht, ist es auch mit Hilfsmitteln nicht immer leicht. Da wird das ganz normale Gespräch, ein Telefonat oder auch der Besuch einer größeren Veranstaltung zu einer Herausforderung. Alexandra Stephan beschreibt: „Telefonieren fällt mir schwer. Ich kann ja die Personen, mit denen ich spreche, nicht sehen. Wenn ich zum Beispiel einen Arzttermin vereinbaren will, muss ich mich hochgradig konzentrieren, dass ich den richtigen Tag und die richtige Uhrzeit verstehe.“
Gefahr des sozialen Rückzugs bei Hörschädigungen
Digitale Medien stellen für Alexandra Stephan eine große Bereicherung dar. Um Kontakte zu ihrem sozialen Umfeld aufrecht zu erhalten, nutzt Alexandra Stepan insbesondere das Handy- oder E-Mail. Während normale Gespräche mit ein oder zwei Personen für Alexandra Stephan kaum ein Problem darstellen, wird es für sie auf Veranstaltungen oder im Berufsalltag mühsam. Hier erschweren viele Nebengeräusche die Kommunikation: „Es ist anstrengend, einem Gespräch zu zuhören oder selber eins zu führen. Oft bekomme ich nicht alles mit von dem, was gesprochen wird. Ich muss immer wieder nachfragen, und das erschöpft.“ Viele Betroffene reagieren darauf mit einem sozialen Rückzug.
Nicht immer haben Menschen ohne Hörhandicap Verständnis für die Betroffenen oder sind unsicher im Umgang mit ihnen. Wenn beispielsweise eine hörgeschädigte Person von hinten angesprochen wird, bekommt sie oft davon nichts mit und reagiert nicht. Das kann dazu führen, dass der Eindruck entsteht, desinteressiert oder arrogant zu sein. „Oft muss ich mein Nicht-Reagieren kommentieren“, so Alexandra Stephan. Es kommt auch vor, dass Personen ohne Hörverlust ihr Verhalten ändern: Plötzlich sprechen sie lauter, formulieren überdeutlich langsam und in einfachen Sätzen, so als ob ihr Gegenüber nicht nur schlecht hört, sondern auch noch kognitiv eingeschränkt ist.
Erstes Treffen bereits geplant
Dieser Entwicklung möchte Frau Stephan entgegenwirken und hat sich dazu entschlossen, eine Selbsthilfegruppe für Hörgeschädigte in Warendorf zu gründen. Wichtig ist ihr, mit Gleichgesinnten in Kontakt zu treten und sich auszutauschen, sich über Kommunikationsmöglichkeiten zu informieren und gemeinsam Spaß und Freude zu haben. „So, wie es ein schleichender Prozess ist, bis eine Hörschädigung festgestellt wird, so schleichend ist auch der Prozess, langsam in die Isolation zu gleiten. Mit der Selbsthilfegruppe sollen Hörgeschädigte motiviert werden, wieder am gesellschaftlichen Leben aktiv teilzunehmen“, beschreibt Alexandra Stephan das Ziel der Gruppe. Das erste Treffen ist bereits für den 13. September 2018 geplant: Interessierte sind herzlich dazu eingeladen, sich bei Alexandra Stephan unter 0152 59 86 10 18 oder info@deinestaerke-deinweg.de oder bei der Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Warendorf unter 02581 46 799 88 oder selbsthilfe-warendorf@paritaet-nrw.org zu melden.
Info-Box:
Die Selbsthilfe-Kontaktstelle im Warendorf
Die Selbsthilfe-Kontaktstelle ist eine Beratungsstelle rund um das Thema Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen. Die Hauptaufgaben der Selbsthilfe-Kontaktstelle sind die Information und Beratung über Selbsthilfe, die Vermittlung in Selbsthilfegruppen und die Unterstützung bestehender Gruppen und Gruppengründungen. Weitere Informationen unter http://www.selbsthilfe-warendorf.de oder unter Telefon: (0 25 81) 4 67 99 88.
Alexandra Stephan, Gruppengründerin, Christiane Vollmer, Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Warendorf
(Foto: Der Paritätische WAF)