14 Jahre lenkte Antonius Wolters die Geschicke der Freckenhorster Werkstätten. Am 31. August geht er in den Ruhestand und übergibt den Stab an Martin Weißenberg.
Am 01. Oktober 2008 begann für Antonius Wolters ein bis dahin ungewohnter Weg: Nach vielen Jahren als Leiter der technischen Planung und der Serienbetreuung bei der Karrosseriebaufirma Karmann in Rheine übernahm der Maschinenbauingenieur die Werkstattleitung bei den Freckenhorster Werkstätten. Neben technischer Planung, Zahlen und Kosten gab es nun einen neuen Fokus seiner Arbeit: Die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. „Das war natürlich damals natürlich eine weitreichende Entscheidung, mit 50 Jahren nochmal komplett neu anzufangen.“, erinnert sich der 64-jährige Wolters im Rückblick. „Aber obwohl man als Außenstehender denkt, dass dieser Wechsel von der Industrie in den sozialen Bereich ein riesiger Schritt sein muss, lagen die Aufgaben gar nicht so weit auseinander: Ich hatte schon vorher viel Erfahrung darin sammeln können, Mitarbeitende zu motivieren und gleichzeitig die betriebswirtschaftlichen Aspekte im Blick zu behalten.“ Und das kam Wolters als Leitung der Freckenhorster Werkstätten zugute. Dazu passte auch die heute noch anhaltende politische Forderung an Werkstätten für Menschen mit Behinderung, sozial zu handeln und dennoch wirtschaftlich zu arbeiten.
„Mitgestalten statt reagieren“
Dass der gebürtige Westfale gerne selbst gestaltet statt nur auf Rahmenbedingungen zu reagieren, zeigte sich schnell. So wurde er 2012 auch als Mitglied in den Vorstand des Caritasverbandes im Kreisdekanat Warendorf e.V. aufgenommen, in dessen Rahmen er die Geschicke von über 40 Einrichtungen und Fachdiensten im gesamten Kreisgebiet 10 Jahre lang wesentlich mit lenken konnte.
Für die Werkstätten machte er sich unter anderem dafür stark, dass sie Teil einer Modellregion wurden, in der neue Konzepte umgesetzt werden, die aus dem Ende 2016 erlassenen Bundesteilhabegesetz entstanden sind. Ziel des Gesetzes ist es auch heute noch, die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zu verbessern, und dabei jeden Menschen individuell in den Blick zu nehmen. Die Einhaltung dieser Konzepte und Vorgaben, die für alle Werkstätten verbindlich sind, wird mittlerweile von den Kostenträgern regelmäßig überprüft. „Und nebenbei müssen auch die wirtschaftlichen Aspekte passen“, nennt Wolters die Herausforderung, der sich die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen regelmäßig stellen müssen.
„Ein wichtiges Ziel unserer Arbeit ist, dass unsere Beschäftigten passgenauere Aufgaben bekommen. Dazu kommt stellen wir uns die Frage, wie wir jeden Menschen individuell fördern können“, erläutert Antonius Wolters den Hintergrund dafür, warum er gemeinsam mit vielen Mitarbeitenden aus verschiedensten Bereichen Lerneinheiten und Systeme ent- und weiterentwickelt hat, um den Beschäftigten mit Behinderung mehr Lernmöglichkeiten zu schaffen. „Dahinter steht die Überzeugung, dass jeder Mensch – egal, mit welcher Einschränkung oder Leben verbindet.
Behinderung er lebt – bestimmte Dinge lernen kann, wenn man die richtigen Rahmenbedingungen schafft und ihm die verständliche Lernsysteme an die Hand gibt.“ Darüber hinaus sind in den vergangenen Jahren immer mehr technische Hilfsmittel dazugekommen, die Fähigkeiten unterstützen oder ausgleichen können. „Auch die Digitalisierung kommt uns dabei zugute“, erzählt Wolters von den unterschiedlichen Möglichkeiten der Unterstützung.
Werkstätten als „Lernort“
Damit hat Wolters in den vergangenen Jahren wesentlich den Prozess mitgestaltet, die Freckenhorster Werkstätten in vielfältiger Hinsicht zu einem „Lernort“ für Menschen mit Behinderung zu machen, wo ihnen ein möglichst hohes Maß an Selbständigkeit zugestanden wird. „Mit dem Bundesteilhabegesetz gehen wir auch im gesellschaftlichen Prozess weg vom Kümmern und Vorgeben zu mehr Teilhabe und Mitbestimmung. Da wünsche ich mir, dass dieser Prozess sich auch künftig weiter fortsetzt“, blickt Antonius Wolters in die Zukunft.
Für ihn selbst stehen auch im Ruhestand weiter spannende Aufgaben auf dem Programm: An erster Stelle steht die Familie. Und als 1. Vorsitzender des SC Altenrhein e.V. soll auch die sportliche Leidenschaft wieder einen größeren Raum bekommen.
Martin Weißenberg wird neuer Werkstattleiter
Die Geschicke der Freckenhoster Werkstätten legt Antonius Wolters zum 01. September ganz offiziell in die Hände von Martin Weißenberg. Weißenberg ist Diplom-Sozialarbeiter, Sozialmanager und Sozialwirt mit langjähriger beruflicher Erfahrung in der Jugendberufshilfe. 2012 bis 2017 war als Fachreferent für die Arbeit in der Behindertenhilfe und Psychiatrie bei der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe e.V. beschäftigt, bevor er 2017 als Werkstattleitung zum Caritasverband für den Kreis Coesfeld e.V. wechselte und dort schließlich als Ressortleitung Arbeit und Qualifizierung für drei Werkstattstandorte verantwortlich war. Zuletzt war er bei der contec GmbH in Bochum als Management- und Organisationsberater für Eingliederungshilfe. Damit hat er vielseitige Erfahrungen in den sozialen und betriebswirtschaftlichen Themen, die auch in den Freckenhoster Werkstätten wesentlich sind. „Mir liegt es am Herzen, den Teilhabeprozess unserer Beschäftigten mit Behinderungen weiter auszubauen und beispielsweise die Selbstvertretung von Werkstatträten weiter zu stärken“, gibt Weißenberg einen Ausblick auf seine Arbeit. Darüber hinaus möchte der neue Werkstattleiter auch die Beschäftigungsangebote für Menschen mit Behinderungen weiter ausbauen.
Martin Weißenberg ist 57 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Er lebt mit seiner Familie in Münster.
Am 31. August 2022 wurde der langjährige Geschäftsführer der Freckenhorster Werkstätten Antonius Wolters (Mitte) unter anderem vom Vorsitzendes des Caritasrates im Kreisdekanat Warendorf Franz-Josef Prangemeier (links) verabschiedet. Die Werkstattleitung übernimmt Martin Weißenberg (rechts) (Bild: Henner Lammers).