Everswinkel. Ihr Atelier ist gleich um die Ecke: Nur 250 Meter trennen die Künstler, die im Haus St. Vitus leben, von ihrer Wirkstätte im Haus der Generationen. Dort haben die Vitusmaler aus Everswinkel einen eigenen Raum, in dem sie einmal wöchentlich nach Herzenslust malen und schaffen können. Das Angebot besteht seit 20 Jahren und ist so begehrt, dass Künstlerin Luzia-Maria Derks inzwischen nicht nur jeden Dienstag aus Münster anreist, sondern jede zweite Woche zusätzlich auch montags.
Die freischaffende Künstlerin und ausgebildete Heilpädagogin holt ihr Team im Haus St. Vitus ab, eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung in Trägerschaft des Caritasverbandes in Kreisdekanat Warendorf. Gemeinsam gehen die Vitusmaler dann in ihr Atelier.
„Diese Arbeit macht mir ungeheuer viel Spaß“, erzählt Luzia-Maria Derks unterwegs. Am besten gefalle ihr, „dass alle ihren ganz eigenen Stil haben.“ Die Münsteranerin teilt die These von Joseph Beuys, wonach jeder Mensch ein Künstler ist. „Ich bin beim Malen nur dabei und stelle das Material zur Verfügung“, sagt sie.
Mittlerweile sind die Vitusmaler in ihrem Atelier angekommen. Kittel und Farbtuben sind ausgepackt, das Papier hängt an der Wand – und es kann losgehen. Derks steht gerade neben Patricia Bragado, die ein Foto nachmalen möchte, das sie und ihren Vater zeigt. Die junge Frau beginnt damit, die beiden Köpfe zu zeichnen. Der Kopf des Vaters wird viel größer als ihr eigener. Kurz mischt sich Luzia-Maria Derks ein: „Auf dem Foto bist du im Vordergrund und nicht dein Vater. Deswegen müsste dein Kopf eigentlich größer sein als der deines Vaters.“
Patricia blickt auf das Foto, dann wieder auf das Bild. Und entscheidet, dass ihr Papa den größeren Kopf behalten soll – vielleicht liegt es daran, dass die junge Frau ein Familienmensch ist. Patricia möchte ihren Vater groß herausbringen. Künstlerische Freiheit eben.
Auf der anderen Seite des Ateliers malen Udo Benek und sein Freund Mathias Roling. Während Mathias ganz konzentriert an seinem Bild arbeitet, läuft Udo quer durch den Raum, sucht das Radio und will Musik machen. Doch das ist an dem Nachmittag nicht mehrheitsfähig. Jetzt laute Mucke? Brigitte Lütke-Beckmann sagt energisch „Nein“ und wendet sich wieder ihrem Bild zu. Sie fügt farbige Flächen aneinander.
Udo dagegen mag Gegenständliches. So malt er oft Kartoffeln. Sie gehören seit langer Zeit zu seinem Berufsalltag. Denn Udo Benek ist auf Hof Lohmann beschäftigt und hat dort an der Kartoffel-Schälmaschine gearbeitet.
Neben ihm steht Sylvia Warthorst. Sie liebt es, klassische Mondgesichter an die Wand zu malen und bleibt bei diesem Motiv, das sie immer wieder abwandelt. Warthorst zählt ebenso wie Klaus Therling zu den ersten Mitgliedern der Vitusmaler. Beide haben schon mehrfach ausgestellt. Ein großflächiges Bild von Therling hängt zum Beispiel im Haus Vitus und stellt das Gebäude der Caritas-Einrichtung dar – inklusive seiner Bewohner, die zum Teil auf den Balkonen zu erkennen sind.
„Mehrere der Bilder, die hier entstanden sind, verschönern jetzt die Wände im Haus St. Vitus oder anderen Einrichtungen des Caritasverbandes“, erzählt Luzia-Maria Derks. Stolz ist sie darauf, dass die Vitusmaler schon des Öfteren im Kunsthaus Kannen, im Rathaus oder in der LVHS Freckenhorst ausgestellt haben. Die Realisierung eines anderen Traumes steht dagegen noch aus: „Wir würden unsere Bilder sehr gerne im Foyer des Landeshauses in Münster zeigen“, unterstreicht Derks. Ein Traum, den die Künstlerin weiterverfolgen wird. Schon von Berufs wegen. Schließlich ist Kunst ohne Visionen nicht vorstellbar.

Fotos: Caritasverband im Kreisdekanat Warendorf e. V.

