Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Matthias Gerschwitz berichtet im Mariengymnasium über sein Leben mit dem HI-Virus

Die Stigmatisierung von Infizierten ist, gibt Matthias Gerschwitz bei seinem Vortrag im Mariengymnasium zu bedenken, auch heute noch zu beobachten.. (Foto: MGW)

Als in den achtziger Jahren die Rede von einer „Lustseuche“ aufkam und nicht mehr verstummen wollte, waren die Schuldigen schnell gefunden. Nicht nur Fanatiker, sondern auch besorgte Politiker organisierten Kampagnen gegen Homosexuelle. Für den ab 1984 in Frankfurt am Main studierenden, heute in Berlin lebenden Autoren Matthias Gerschwitz wirkte die Hysterie damals wie weit entfernt. GRID, „gay related immune deficiency“, wie AIDS anfänglich hieß, war für Gerschwitz, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte, etwas, das Schwule in Amerika betrifft. Als das Universitätsklinikum Frankfurt die ersten HIV-Erkrankten meldete, habe sein Freundeskreis sich damit beruhigt, dass das Krankenhaus auf der anderen, der südlichen Seite des Mains steht.

Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß? Dieser Vorsatz, mit Blick auf die Infektionszahlen und die Erkenntnisse der HIV-Forschung, sei heute kaum mehr vorstellbar. Heute könne jeder über das Internet schnell herausfinden, dass es in Deutschland insgesamt 91.400 und weltweit 37,7 Millionen Infizierte gibt (Quelle: RKI 2020). Auch wisse er, so Gerschwitz, dass immer noch 17 Länder in der Welt die Einreise von HIV-Positiven nicht erlauben. Die Stigmatisierung von Infizierten ist laut Gerschwitz auch heute noch zu beobachten.

Gegen die Stigmatisierung von HIV-Positiven

1994 teilte ihm ein Berliner Arzt, der „um die Ecke“ praktizierte, sein positives Testergebnis mit. „Es dauerte lange, bis das Ergebnis bei mir angekommen war.“ Er habe sich damals entschlossen, seine Eltern nicht zu informieren. Medikamente habe ihm der Arzt nicht verschreiben können. Weder Therapie- noch Schutzmaßnahmen waren erforscht. Dagegen dürfte heute allgemein bekannt sein, wie die Ansteckung verhindert werden kann. Zudem ist es durch die Entwicklung der antiretroviralen Therapie (ART) gelungen, die Viruslast bei HIV-Positiven auf ein Minimum zu reduzieren.

Matthias Gerschwitz berichtet seit vielen Jahren, unter anderem vor Schülerinnen und Schülern, über sein Leben als HIV-Positiver. Und er kommt beim Publikum im Mariengymnasium Warendorf an. „Sein Vortrag war informativ, ohne dass er sich in Fakten verlor!“, lautete der Kommentar zweier Oberstufenschülerinnen. „Was er sagte, passt gut in unseren Aufklärungsunterricht!“, sagte ein Achtklässler. Die an mehreren Schulen im Kreis Warendorf veranstalteten Vorträge werden durch die AIDS-Hilfe Ahlen e.V. organisiert und durch die Sparkasse Münsterland-Ost und den Förderverein der Schule unterstützt.

Von Gerold Paul

Die Stigmatisierung von Infizierten ist, gibt Matthias Gerschwitz bei seinem Vortrag im Mariengymnasium zu bedenken, auch heute noch zu beobachten.. (Foto: MGW)