
2025 ist in Deutschland das dritte Jahr in Folge mit schwacher Wirtschaftsleistung. Und auch im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region zeige sich die wirtschaftliche Schwächephase deutlich, erklärte gestern (30. September) Dr. Fritz Jaeckel beim dritten IHK-Konjunkturforum. „Hoffnung auf Besserung“, nahm der Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen in der Region zwar wahr. Doch schon aktuelle Trendzahlen aus der laufenden IHK-Herbstumfrage „geben keinen Anlass zur Euphorie“. Wann also kommt endlich der Aufschwung? Antworten auf diese Leitfrage der Diskussion suchten Prof. Michael Grömling vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) Köln und Prof. Manuel Rupprecht, Dekan des Fachbereichs Wirtschaft der FH Münster. Grömling sah „Deutschland in der Schockstarre“ und Rupprecht mahnte Investitionen in mehr Wachstum an.
Für Jaeckel ist es ein gutes Zeichen, dass sich die Bundesregierung bei der Kabinettsklausur auf die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft konzentriere. „Die Beschlüsse für eine sogenannte Modernisierungsagenda müssen dann aber auch schnell so umgesetzt werden, dass die Unternehmen das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort zurückgewinnen und wieder investieren“, so Jaeckel. Das ist auch aus Sicht von Grömling dringend notwendig. „Die Investitionen, die in den vergangenen fünf, sechs Jahren nicht getätigt wurden, nehmen uns nicht nur konjunkturellen Schwung. Sie sind nach vorne gerichtet ein immenses Problem“, stellte der Ökonom fest. Um bis 2030 auf einen Wohlstandspfad zurückzukommen, brauche es jährlich im Schnitt drei Prozent Wachstum – doppelt so viel wie in den vergangenen mehr als 30 Jahren. „Das ist nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein gesellschaftliches Thema“, meinte er auch mit Blick auf die Zurückhaltung beim privaten Konsum. Ohne Reformen keine Erholung, so sein Fazit.
Eine Analyse, die Rupprecht in der von FAZ-Wirtschaftsredakteur Patrick Welter moderierten Diskussion teilte: Für den Ökonom von der FH Münster brauche eine nachhaltig wachsende Wirtschaft zielgerichtete Investitionen in Infrastruktur, Sicherheit und Energie. Er warf die Frage auf: „Wer soll das bezahlen?“ Die Steuereinnahmen sprudelten so stark wie nie, dennoch wachsen die Staatsschulden – „870 Milliarden Euro neue Schulden in nur fünf Jahren“, rechnete er vor. Verdeckte Verbindlichkeiten für Renten, Pensionen und Pflege trieben die Gesamtverschuldung auf 450 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Staat verliere Handlungsfähigkeit, „der Haushalt droht zu versteinern“. Er warnte davor, Steuern zu erhöhen, um die Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen. Das trage nicht zur dringend benötigten Wettbewerbsfähigkeit bei. Sein Rezept: Ran an die Ausgaben, gerade im konsumtiven Bereich, bei den Subventionen, aber auch im Sozialbereich – „ohne hier mit der oft zitierten Kettensäge durchzugehen“. Er forderte einen verlässlichen Ordnungsrahmen für die Unternehmen und klare Investitionen in Wachstum.
In der abschließenden Diskussion schaltete sich auch das Publikum ein. Gefragt wurde nach der US-Wirtschaftspolitik und den Zöllen. Jaeckel berichtete von den Erfahrungen in der für internationale Fragen zuständigen IHK-Abteilung, die das Zollgeschäft abwickelt und eine große Unsicherheit verspürt. „Wir haben im Vier-Wochen-Rhythmus neue Regeln, von denen wir nicht wissen, wie lange sie halten.“ US-Zölle, Konkurrenz aus China, eine gelähmte Welthandelsorganisation WTO und dazu Bürokratie und Berichtspflichten auf europäischer Ebene vermischten sich zu einem „toxischen Cocktail“. Für den IHK-Hauptgeschäftsführer spielen Innovationen eine zentrale Rolle: Die Exportnation Deutschland „muss zurück an die Weltspitze“, und sie habe die Chance dazu mit ihrem Ingenieurkönnen, mit den Engineering-Fähigkeiten und der Kompetenz, daraus skalierbare Produkte zu entwickeln.
Wann kommt der ersehnte Aufschwung? Diese Frage diskutierten beim IHK-Konjunkturforum Prof. Manuel Rupprecht (l.) und Dr. Fritz Jaeckel sowie zugeschaltet Prof. Michael Grömling (Monitor unten links) und Patrick Welter.
Foto: Hertel/IHK