Zirkus Phantasia: Es geht nur gemeinsam!

Am 09. April 2025 herrschte bereits um 8:30 Uhr an der Laurentiusschule in Warendorf reges Treiben. 220 Schülerinnen und Schüler der Laurentius- und Heinrich-Tellen-Schule waren auf dem Weg zum Zirkus Phantasia, der in dieser Woche in Warendorf gastierte, um Kostüme für die bevorstehende Generalprobe abzuholen. Während der Vorbereitungen erzählte eine Lehrerin mit einem Lächeln auf den Lippen, dass bei ihnen jeden Tag Zirkus sei.

Nach der Kostümvergabe konnte die Generalprobe beginnen. Spanische Tänzerinnen, Häftlinge und Polizisten sowie Clowns nahmen auf der Tribüne Platz. Auch 98 Kindergartenkinder der umliegenden Einrichtungen warteten gespannt auf die Eröffnung durch die assistierende Zirkusdirektorin Sihem Rosenbach. Die Vorstellung begann mit lautem Applaus und dem Lied „A Million Dreams“ aus dem Film „The Greatest Showman“, einem Lied, das das Leben im Zirkus in Worte fasst. Mit einem Aufruf, die Fantasie schweifen zu lassen und die Sorgen und Gedanken vor dem Zirkuszelt zu lassen, wurde das Publikum in eine magische Welt eingeladen: nach Phantastasien.

In selbst eingeteilten Gruppen präsentierten die Kinder ihre einstudierten Nummern. Zur Auswahl standen die Schwarzlichtkinder, die spanischen Drahtseilartisten, die zaubernden Kinder, Jongleure, mutige Fakire und Akrobaten am Boden und am Trapez – natürlich durften die Clowns ebenfalls nicht fehlen! Finn und Bjarne, zwei Schüler der Laurentiusschule, entlockten dem Publikum mit ihrer Ausführung als Clown ein herzliches Lachen. Besonders freuen würden sich die beiden auf die richtige Vorstellung, bei der ihre Eltern sie im Publikum unterstützen würden. Die 8-Jährigen konnten im Rahmen des Projekts viele neue Leute kennenlernen und Freundschaften schließen. Die Arbeit als Team hat Finn mit den Kindern mit Behinderung als etwas völlig Normales angesehen, was Bjarne mit einem bestätigenden Kopfnicken unterstrich. Die Kinder lernten, dass alle unter ihnen gleich sind – auch wenn manche Kinder besondere Bedürfnisse hatten.

Während der Generalprobe wurden letzte Feinschliffe vorgenommen. Unterstützt wurden die Kinder von dem Zirkuspersonal und den Lehrerinnen und Lehrern, die liebevoll als die „Gladiatoren von Warendorf“ bezeichnet wurden. Die zweistündige Vorstellung, bei der das Publikum Zeuge von waghalsigen Nummern am Trapez, echtem Feuerspucken und dem menschlichen Brandenburger Tor wurde, endete mit tosendem Applaus. Noch immer schmunzelten die Gäste über den Trick der zaubernden Kinder, bei dem Wasser auf magische Weise verschwand. Die Kinder erfüllten das Zirkuszelt nach der Vorstellung mit lautem Singen der gemeinsamen Zirkushymne und unterstrichen damit einmal mehr, zu was für einer Gemeinschaft sie zusammengewachsen waren. Auch die Direktorin der Laurentiusschule, Kathrin Sellmeier, sprach – stellvertretend für das gesamte Team – stolz über die starke Schulgemeinschaft und erzählte, wie sehr es sie berühre, das Leuchten in den Kinderaugen zu sehen. Bei den Kindern gebe es eine übergreifende Offenheit und keinerlei Berührungsängste. 

Im Rahmen der Schulleiterrunde wurde das Projekt „Inklusion vor Ort“ thematisiert, und für Sellmeier war schnell klar, dass sie im Rahmen eines Inklusionschecks an Schulen jedem Kind die Möglichkeit geben möchte, an einem solchen Projekt teilzunehmen. Ein inklusives Zirkusprojekt gab es in Warendorf bisher nicht, was das Team vor organisatorische Herausforderungen stellte. Dennoch betonte Tobias Mörth, Leiter der Heinrich-Tellen-Schule, dass es unabdingbar sei, Inklusion möglichst einfach zu gestalten und dieses Projekt „die ersten Gehversuche in eine gute Richtung“ sei. Es wird bereits überlegt, einen vierjährigen Rhythmus für das Projekt einzuführen.

Die Schulleiter sahen den Zirkus Phantasia, der von Mitte Februar bis Ende November durch ganz Deutschland reist und Zirkusprojekte mit inklusiven Gruppen gestaltet, als idealen Partner. Beide Seiten betonten die gute Zusammenarbeit und auch die tatkräftige Unterstützung abseits der Manege. Mit viel Geduld, Feingefühl und Tatendrang vermittelt das zehnköpfige Team des Zirkus bereits seit dem Jahr 2014 Kindern die Botschaft „Es geht nur gemeinsam“. Jedes Kind bekommt bei ihnen in der Manege die Möglichkeit, seine eigenen Stärken zu zeigen. Die ausgebildeten Artisten, die zum Großteil selbst in der Zirkusmanege aufgewachsen sind, veranstalten zudem selbst konzipierte Shows, die sie zur Weihnachtszeit in Paderborn aufführen. Rosenbach verrät im Interview, dass sie den Kindern nach jedem Projekt sagt, dass sie andere Kinderherzen zum Strahlen bringen müssen – und das spürt man sowohl in der Manege als auch auf den Tribünen und vor dem Zirkuszelt!

Das Zirkusprojekt ist ein großer Schritt, die Inklusion in Warendorf zu stärken, und zeigt, wie offen und herzlich eine Gemeinschaft sein kann, in der „es nur gemeinsam geht“.

Fotos: Netzwerkbüro Inklusion