
„Dann müssen wir eben amputieren!“ – Dr. Sebastian Schwerbrock, Ärztlicher Leiter des Departments Diabetologie, sagt das so teilnahmslos, als würde er sich in der Kantine für die Nudeln entscheiden, weil keine Kartoffeln mehr da sind. In Wirklichkeit wurmt ihn diese Entscheidung allerdings ganz gewaltig, denn dieser Schritt wäre vermeidbar gewesen – wenn der betroffene Patient oder die Patientin mitgearbeitet und die ärztlichen Ratschläge und Anweisungen befolgt hätte.
Doch genau diese Mitarbeit, „Compliance“ wie die Ärzte sagen, fehlt bei betroffenen Diabetespatienten häufig. Denn während ein bohrender Zahnschmerz auch den letzten Angsthasen irgendwann auf den gefürchteten Zahnarztstuhl treibt, fehlt dieser wichtige Antrieb bei durch Diabetes geschädigten unteren Extremitäten – also Bein und vor allem Fuß – völlig, weil das Nervengewebe in den betroffenen Körperteilen ebenso zerstört ist, wie die Gefäße. „Leibesinselschwund“ lautet die Bezeichnung für diesen gefährlichen Effekt, wird Schwerbrock gleich erklären. Was nicht weh tut, wird nicht wahrgenommen.
In der Folge wird die Amputation, die der Arzt dem Team gerade im Telefonat angekündigt hat, unvermeidbar. Er legt das Telefon aus der Hand, setzt sich zum Gespräch an den Tisch und sieht verständlicherweise nicht sehr zufrieden aus. Denn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Teams, sowie alle angeschlossenen Therapeutinnen und Therapeuten, tun ihr Möglichstes, um derartige Folgen zu vermeiden.
Ein einziger vernehmbarer Satz – aber das geplante Gespräch über die Arbeit des Departments bekommt mit der beschriebenen Intensität der Konsequenzen eine ganz besondere Wendung. Und dabei, lässt der Mediziner wissen, ist dies nicht die endgültigste aller möglichen Folgen. Schlimmstenfalls lauere der Tod.
Die Diabetologie im Josephs-Hospital Warendorf verfolgt ein ganz anderes Ziel: Das Leben. Genauer: Das Leben für Menschen mit Diabetes möglichst lebenswert zu machen. Dass und wie das geht, weiß Schwerbrock aus langjähriger Erfahrung. Behandeln, Beraten, Begleiten. Logischerweise steht die Behandlung am Anfang, denn viele Patienten erfahren erst spät, dass sie „zuckerkrank“ sind, wie der Volksmund verniedlichend sagt. „8,5 Millionen Menschen allein in Deutschland“, sagt Schwerbrock. „Und geschätzt eine Million, die von ihrer Erkrankung noch nicht wissen!“.
Die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig und im Allgemeinen bekannt. Von der richtigen Ernährung über Medikamente bis hin zu Insulinspritzen. Meist befinden sich die Patienten in diesem Stadium in haus- oder fachärztlicher Behandlung. „Wir stehen in engem Kontakt mit Kollegen und Schwerpunktpraxen“, erläutert Schwerbrock. Da Adipositas, also (stärkeres) Übergewicht zu den beeinflussenden Faktoren zählt, zeigen sich im Warendorfer Krankenhaus auch die Vorteile der Anbindung an die hier vorhandene Fachabteilung.
Ganz eng ist ebenfalls die Zusammenarbeit mit Orthopädieschuhmachermeistern und Orthopädietechnikern, denn die spielen bezüglich der belasteten Extremitäten eine große Rolle. Mittels 3D-Druck kann den Betroffenen tagesaktuell das korrekte Hilfsmittel erstellt werden. Soweit Schwerbrock weiß, nur hier. „Sonst müssten die Menschen dafür nach Düsseldorf fahren“, sagt er. Auch weitere Behandlungen können direkt hier versorgen, wie die Gipsentlastungsversorgung, mit der die betroffenen Gefäße entlastet werden sollen. „Wir gipsen hier selber“, unterstreicht er und legt großen Wert darauf, dass das gesamte Behandlungsspektrum sehr liebevoll erbracht wird. „Tagesstationär“ lautet ein Begriff, der vielen Patienten gefällt. Denn wenn möglich, müssen sie nicht im Krankenhaus übernachten, die Behandlungen finden tagsüber statt. Alles in enger Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von medizinischen und therapeutischen Fachrichtungen.
Dr. Schwerbrock könnte noch sehr vieles zur Thematik beisteuern. Beispielsweise wie oft er schon sagen musste „Mensch, ein, zwei Wochen vorher, nicht erst bei Fieber“. Denn wenn dieses Stadium erreicht ist, wird es richtig gefährlich, mit den genannten Konsequenzen, bis hin zu den schlimmsten. „Wir sind bestens erreichbar“, verspricht er. Unter der zentralen Telefonnummer 02581-203100 gelangen Anrufer zum Team oder zu einem Anrufbeantworter, der einen kurzfristigen Rückruf ermöglicht. So kann auch an eine nahegelegene Schwerpunktpraxis vermittelt werden.
„Nehmen Sie einfach Kontakt zu uns auf“, wünscht sich der Mediziner. Denn den eingangs genannten Satz, möchte er so selten wie möglich sagen müssen. Noch besser: nie!
Das Team der Diabetologie im Warendorfer Josephs-Hospital (von links): Annika Benten, Nadine Löckmann, Dr. Sebastian Schwerbrock, Mario Ossenbrink, Dr. Sabine Zöller, Judith Gembries und Jasmin Benten
Foto: JHW