„Wir lassen unsere Azubis nicht im Stich – Corona hin, Shutdown her!“
Mit E-Learning und Homeschooling zum Berufsabschluss.
Die DEULA in Warendorf bietet seit Jahren die Umschulung zum Fachlagerist an. Im Münsterland, der Logistik-Hochburg in Deutschland, ist das ein nachgefragter Ausbildungsberuf. In kleinen Gruppen können die Umschüler im DEULA-eigenen Logistik-Zentrum alle Fertigkeiten lernen, die in Speditionen, im Versandhandel oder im Großlager gefordert werden. Von der Lagerung über das Warenwirtschaftssystem bis zur Kommissionierung, der Verladung, Verpackung und dem Versand reicht hier das Spektrum der Ausbildung. Geprüft werden die Azubis vor der IHK, sowohl praktisch als auch theoretisch. Aber was tun, wenn unmittelbar vor der praktischen Prüfung der Unterricht ausfällt?
Als sich Anfang März der erste Shutdown der Geschichte im Kreis Warendorf abzeichnete, war die DEULA in Warendorf bereits vorbereitet: Der Fachbereich Logistik hatte schon vorab bei den Ausbildern wie auch den Teilnehmenden alles für das „Homeoffice bzw. Homeschooling“ eingerichtet um weiter die berufliche Ausbildung für seine Schützlinge sicherzustellen. Einige von ihnen standen nämlich unmittelbar vor der Abschlussprüfung vor der IHK – und hatten Sorge, nicht optimal vorbereitet zu sein oder gar durchzufallen, sollte die DEULA ihre Pforten schließen müssen.
Gemeinsam hatte das Team um Fachbereichsleiter Albert Schumacher ein E-Learning-Konzept erarbeitet: „Das war ein echtes Experiment! Wir haben Schulungsunterlagen digitalisiert, einen Ablaufplan definiert, eine Plattform für unsere Schüler und unsere Lehrer eingerichtet, Software ausprobiert, um Unterlagen in Video-Konferenzen einzublenden und vieles mehr.“ Albert Schumacher koordinierte damals die vielen Ideen, die für dieses Projekt in kürzester Zeit von allen Teammitgliedern zusammenkamen. „Die Bildungsberatung musste die rechtlichen Voraussetzungen prüfen, das Jobcenter oder die Agentur für Arbeit als Kostenträgermussten mit ins Boot geholt werden, ja selbst die Umschüler haben ihren Teil dazu beigetragen!“ Als Mitte März dann der Shutdown kam, war man vorbereitet und konnte unmittelbar mit dem Unterricht beginnen. „Natürlich hat in der ersten Woche nicht gleich alles geklappt“, gibt DEULA-Logistikmeisterin Bianca Neubert lachend zu. „Wir mussten einem unserer Teilnehmer noch schnell ein Laptop zur Verfügung stellen, weil sein PC angesichts unserer E-Learning Software abgeraucht war. Oder die Videoübertragung war zu hell oder zu dunkel, sodass wir über die Kameras nichts sehen konnten. Aber das haben wir schnell in den Griff bekommen – Lernen und Erleben!“
Interessant für die DEULA-Verantwortlichen war der hohe Grad der Selbstorganisation aller Teilnehmer. „Die haben sich gegenseitig unterstützt, so wie sie das im normalen Arbeitsalltag hier auch immer tun. Nur dass das virtuell auch so gut klappt, hat uns alle ehrlich begeistert!“ meint Bianca Neubert sichtlich gerührt und gibt aber gleich zu, dass die verflixte siebte Woche eine echte Geduldsprobe für alle Beteiligten war: „In der siebten Woche hatten alle einen Durchhänger. Da zeigten sich das erste Mal die Folgen der Isolation. Die Leute über Telefon oder Video-Konferenz zu motivieren wurde eben immer schwerer, je länger der Shutdown dauerte und je näher die Prüfung rückte. Gelöst hat man das Motivationsproblem durch zusätzlichen Einzelunterricht. Im 4-Augen-Gespräch konnten die angehenden Fachlageristen dann auch mal ihren Frust loswerden oder über ihre Prüfungsangst sprechen. „Der Mensch steht für uns im Mittelpunkt. Da ist es doch selbstverständlich, dass wir unsere Schüler nicht mit ihren Sorgen alleine lassen!“ Es sei vor allem das Problem gewesen, die Nervosität der Umschüler einzufangen, die unmittelbar vor der Prüfung standen, erklärt Fachbereichsleiter Albert Schumacher. „Alle waren ja wegen der Stubenhockerei schon ganz kribbelig, aber die Prüflinge sind fast die Wände hochgegangen!“ Wie man online seine Azubis auf eine praktische Prüfung vorbereitet, beantwortet wiederum Bianca Neubert: „Wenn man erst kurz vor der Prüfung mit der praktischen Arbeit beginnt, ist natürlich alles zu spät. Wir arbeiten mit unseren Umschülern im Fachbereich Logistik von Anfang an praktisch. Sie merken sofort, dass ihr Ausbildungsberuf und ihre Arbeit hier in der DEULA eine entscheidende Rolle spielen. Die waren also praktisch so gut drauf, dass wir uns in der Homeschooling-Phase tatsächlich auf die theoretischen Grundlagen und Inhalte konzentrieren konnten.“ Die Prüfungsergebnisse sprechen für sich. Alle Absolventen haben voraussichtlich mit guten Zweiernoten abgeschlossen!
Schon Ende August startet die nächste Umschulung zum Fachlagerist im DEULA Bildungszentrum, für die sich Interessenten gerne noch bewerben können. Für viele ist dieser Ausbildungsweg die erste echte Chance auf einen Abschluss, meint Katharina Zurwieden von der DEULA Bildungsberatung: „Wir arbeiten eng mit dem Jobcenter und der Agentur für Arbeit zusammen und haben schon oft erlebt, dass unseren Umschülern hier nach einigen gescheiterten Berufserfahrungen eine völlig neue Perspektive gegeben wurde! Unsere Erfolgs- und Vermittlungsquoten sind hoch, einige Absolventen haben inzwischen sogar ihren Meister gemacht und kommen uns heute noch besuchen. Das spricht doch für positive Erfahrungen in ihrer Ausbildung bei uns!“
Mit Abstand zum Abschluss: (v.l.n.r.): Fachbereichsleiter Albert Schumacher, DEULA-Lehrer Rainer Klöpper, Absolventen David Plattner, Ilya Rande, Daniel Ritter, Bildungsberaterin Katharina Zurwieden, DEULA-Logistikmeisterin
Bianca Neubert