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Deportationen von Warendorfer Juden

Angelika Sturm (Arbeitskreis Jüdisches Leben in Warendorf) berichtet über die Deportation der bis Dezember 1941 in Warendorf verbliebenen jüdischen Bürgerinnen und Bürger.

„So muß pro Person mitgenommen werden: […] Ein Koffer mit Ausrüstungsstücken (kein sperriges Gut). Vollständige Kleidung (ordentliches Schuhwerk). Bettzeug und Decke. Verpflegung für 3 Wochen (Brot, Mehl, Graupen, Bohnen).“ – In ihrem Schreiben vom 18. November 1941 wies die Geheime Staatspolizei u. a. den Landrat in Warendorf an, die sogenannte „Evakuierung“ der Warendorfer Juden vorzunehmen. Mit dem Begriff „Evakuierung“ beschönigte das NS-Regime die Deportation der jüdischen Bürger aus Warendorf nach Riga. – Tatsächlich ging es um ihre systematische Ermordung. Der Transport verließ Münster am 13. Dezember 1941.

Anlässlich der Erinnerung an dieses Ereignis vor 81 Jahren begrüßte der Geschichts-Leistungskurs Q2 des Mariengymnasiums Warendorf besonderen Besuch in seinem Unterricht. Das Kulturreferat für Westpreußen, Posener Land und Mittelpolen ermöglichte den Vortrag von Angelika Sturm (Arbeitskreis Jüdisches Leben in Warendorf) über die Deportation der bis Dezember 1941 in Warendorf verbliebenen jüdischen Bürgerinnen und Bürger. Angelika Sturm stellte mithilfe der Lebenserinnerungen ihrer 2013 verstorbenen Freundin Irmgard Ohl deren Leidensweg zur Zeit der NS-Diktatur vor. Irmgard Ohl wurde ebenfalls am 13. Dezember 1941 nach Riga deportiert.

Der Erfahrungsbericht schilderte die Eindrücke Ohls im KZ Kaiserwald, in der lettischen Stadt Riga und in weiteren Vernichtungs- sowie Arbeitslagern. Die detaillierte Beschreibung des Erlebten und Gesehenen verdeutlichte den Schülern und Schülerinnen das Ausmaß des NS-Terrors. Zu den besonders verstörenden Ausführungen gehörte jene, dass die Gefangenen des KZ Massengräber für andere Gefangene schaufeln mussten, welche kurz darauf in Massenerschießungen vor ihren Augen hingerichtet wurden. In der Folge sollten die Gräber von den Gefangenen wieder zugeschaufelt werden. Angelika Sturm erläuterte dazu, dass die Erde in den folgenden Tagen sich noch „hob und senkte”, da nicht alle Begrabenen direkt gestorben seien. Sturm machte auch darauf aufmerksam, dass nicht nur die deutsche jüdische Bevölkerung, sondern auch die lettische jüdische Bevölkerung dem NS-Terror zum Opfer gefallen sei.

Nach dem Vortrag fiel es den Schülern und Schülerinnen des Leistungskurses zunächst schwer, überhaupt Fragen zu stellen. Im Anschlussgespräch spannte Frau Sturm einen Bogen zur Gegenwart, indem sie auf aktuelle Umstände und Fälle von Diskriminierung und Gewalt einging. Abschließend verwies Angelika Sturm auf die Gesellschaft für christliche-jüdische Zusammenarbeit in Münster, welche auch heute noch von Bedeutung sei. Die eindrucksvolle Präsentation sowie das anschließende Gespärch waren eine große Bereicherung für den Geschichtsunterricht des Leistungskurses und dessen Aufarbeitung des NS-Terrors.

Von Lukas Bergen und Carlotta Wolff

Im Anschlussgespräch spannte Frau Sturm einen Bogen zur Gegenwart, indem sie auf aktuelle Umstände und Fälle von Diskriminierung und Gewalt einging: Lukas Bergen, Angelika Sturm (vorne von links).

Foto: Mariengymnasium Warendorf