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Setz dich hin und … Erzähl’ mir was

Es ist eine ungewöhnliche Vorstellung. Auf einer Bank, irgendwo in der Stadt, sitzt ein Mensch und bietet Ihnen an „Erzähl mir was!“.

Ungewöhnlich vielleicht, aber durchaus erfolgreich, wie Beispiele aus Hamburg oder Düsseldorf zeigen. Dort laden solche „Zuhörbänke“ zum Verweilen ein und bieten die Möglichkeit, mit geschulten Zuhörern ins Gespräch zu kommen. Eine Idee, die jetzt auch in Warendorf umgesetzt wird.

Ursprung sei eine Veranstaltung zum Thema „Einsamkeit im Alter“, die im September des Vorjahres für alle 13 Kommunen im Kreis Warendorf stattgefunden habe, berichtet Britta Sporket vom Seniorenbüro der Stadt Warendorf und freut sich, dass die im Nachgang dazu aufgegriffene Idee aus der Landeshauptstadt jetzt nach den Osterferien an den Start gehen soll: Am 17. April von 9 bis 11 Uhr wird am Emssee – die genauen Orte der Bänke werden zeitnah bekannt gegeben – zum ersten Mal eine Bank mit den aussagekräftigen grünen Kissen ausgestattet. „Erzähl mir was!“ steht darauf, ein Ohr und ein Mund zeigen: Hier ist jemand, der zuhört.

Aus 30 Ehrenamtlichen besteht das Team der Zuhörenden bisher, es wird sicher noch größer werden, Interessierte gibt es bereits. Frauen, Männer, sehr jung, meist mittelalt, aber auch wesentlich älter. Aus allen Glaubensrichtungen und meist deutschsprachig, doch auch andere Sprachen werden hinzu kommen, weiß Ulrike Klemann vom Fachdienst Integration und Migration der Caritas. Eine türkischsprachige Frau zähle bereits zum Kreis der Ehrenamtlichen, die weiteren würden gerade geschult.

Denn eine Schulung ist für die Aufgabe wichtig, genauer sogar drei. Reines Zuhören ohne Lösungsvorschläge zu unterbreiten oder selbst in die Rolle des Erzählenden zu fallen, sei gar nicht so einfach, sagt Britta Sporket und Susanne Wittkamp von der LVHS sowie Wolfgang Stüker vom Seniorenfreizeitkreis stimmen ihr gerne zu. Es gehe nicht darum zu beraten, betonen die Projektverantwortlichen. Bei ernsteren Problemen könne und solle an die entsprechenden Institutionen verwiesen werden. Dafür erhalten die Zuhörenden eine vier DIN-A4 Seiten umfassende Liste mit der Überschrift „Was tun wenn? – Hotlines und telefonische Unterstützung“ auf der Ansprechpartner für nahezu alle Lebensfragen aufgelistet sind.

Wolfgang Stüker erwartet nicht, mit großen Problemen konfrontiert zu werden, sondern vermutet mehr den Gedankenaustausch. Aus seinen regelmäßigen Kontakten im Seniorenfreizeitkreis weiß er, dass durch die Pandemie – aber eben auch durch Einsamkeit – die Gespräche über Tagesthemen vermisst werden. Die Erfahrungen aus der Landeshauptstadt unterstützen seine Vermutung.

Ob Alltagsdinge oder spezifische Probleme – was angesprochen wird unterliegt der Schweigepflicht zu der sich die Ehrenamtlichen verpflichtet haben.

An jedem Werktag soll eine Zuhörbank einladen, an Sonntagen sogar zwei. Dafür wurde ein vorläufiger Plan entwickelt, der sich, je nach Zuspruch, auch ändern kann. Die Orte und Zeiten sollen, zeitnah und immer wieder, überall dort bekannt gegeben werden, wo man Menschen erreicht. Also in der Presse, durch Aushänge in der Bücherei oder Behörden, oder auch im Internet.

Montags soll eine Bank am Emssee einladen, am Dienstag bietet sich der Wochenmarkt an. Für mittwochs denken die Organisatoren an den Historischen Marktplatz, für donnerstags an das Gelände am Seniorenheim Eichenhof. In der Nähe des Warenkorbs, im Bereich des Laurentiuskirchplatz, ist das grüne Kissen freitags zu finden. Samstags am Krankenhaus, und sonntags sowohl auf dem Warendorfer Friedhof wie auch an der Landvolkshochschule in Freckenhorst, als bisher einzigem eingebundenen Ortsteil. Die weiteren werden hinzu kommen.

Krankheits- oder wetterbedingt können Termine ausfallen, ahnen die Organisatoren schon jetzt. Im Herbst soll das zunächst bis Jahresende geplante Projekt in geeigneten Räumlichkeiten fortgesetzt werden. Hierzu bieten sich die Stadtbücherei oder beispielsweise Pfarrheime an. Der evangelische Pfarrer Cornelius Bury und der katholische Pastoralreferent Ulrich Hagemann legen Wert darauf, dass die Aktion für alle Denk- und Glaubensrichtungen offen ist.

Auf welcher Bank genau ein Zuhörender an den genannten Orten wartet, wird ebenfalls noch bekannt gegeben. „Wir können ja niemanden herunterwerfen, der da schon sitzt“, sagt Petra Schürmann von der Kreativwerkstatt schmunzelnd. „Allenfalls zum Gespräch einladen“, ergänzen die anderen mit optimistischem Lächeln.

Wer sich ebenfalls für die Aufgabe als ehrenamtlich Zuhörender interessiert ist eingeladen, sich bei Britta Sporket, Telefon 02581/541506, E-Mail: britta.sporket@warendorf.de zu melden.

„Erzähl mir was“ laden Britta Sporket (sitzend), sowie Susanne Wittkamp, Ulrike Klemann, Ulrich Hagemann, Petra Schürmann, Cornelius Bury und Wolfgang Stüker zum Erzählen und gerne auch weitere Ehrenamtliche zum Zuhören ein (v.li.)

Foto: Rieder