Erneut grassiert ein Virus – Uniform erwünscht, Maske nicht.
Es beginnt alljährlich mit einem leichten Kribbeln. Niemand könnte sagen wo genau. Es ist nicht im Bauch, es ist nicht auf der Haut, es ist nicht im Kopf – es ist in der Schützenseele. Spätestens Anfang Juli wird es von Tag zu Tag stärker – und ja, mitunter macht es arbeitsunfähig, aber das ist eine andere Geschichte. Klar ist: Es gibt nur eine Medizin. Rezeptfrei und mit nur geringer Zuzahlung. Sie wird von den Ärzten nicht verschrieben, von den Kassen nicht erstattet, und doch immer wieder gern genutzt. Ihr Name: Schützenfest.
Die erste Dosis dieser Medizin darf bereits am Freitagabend, in diesem Jahr am 12. Juli, genommen werden. „PIMP MY DRINK!“ heißt die Party, „Malle Anja“ die Band und „Der Zug hat keine Bremse“, „Stumpf ist Trumpf“ oder „Bockwurst & Aperol Spritz“ deren Titel. Der Live-Act der 5 Kölner Jungs wird der Höhepunkt einer langen Partynacht!
Am Samstag können die Schützen zur Behandlung des Virus mit dem traditionellen Auftakt um 17:00 Uhr beginnen. Das Glockengeläut zur Messe markiert für viele Sassenberger den eigentliche Beginn des Schützenfestes. Ganz traditionell bleibt der Samstag allerdings nicht, denn er wird es. Klingt komisch, ist aber so. Denn das Antreten erfolgt in diesem Jahr wieder auf dem Gebrasa-Gelände. So, wie es vor vielen Jahren für viele Jahre üblich war.
Nur wenig später werden auf dem Festplatz im Brook Vogel und Hampelmann aufgesetzt und es folgt ein besonderer Moment, dessen Besuch stets empfehlenswert ist: Wer erleben will, wie feierlich die Tradition dieses Festes sein kann, darf den Großen Zapfenstreich um 21:30 Uhr keinesfalls versäumen. Wie immer mit den Spielmannszügen aus Sassenberg und Milte, sowie dem Fanfarenzug Sassenberger Landsknechte und dem Gebrasa Blasorchester. Anschließend HASHTAG#, eine Top-Band aus Niedersachsen. Sechs Musiker mit perfekt abgestimmten Sounds und riesigem Repertoire sorgen für allerbeste Stimmung.
Am Sonntag erfolgt die Einnahme des Schützenfestmedikaments erst spät. Um 14:00 Uhr findet das Antreten – und zwar wie gewohnt – auf dem Lappenbrink statt. Ein kleiner Umzug durch den Ort führt zum Ehrenmal am Rathaus, wo die feierliche Kranzniederlegung erfolgt. Auch in diesem Jahr werden die Worte dabei wieder die Kriegsgräuel der Welt ins Gedächtnis rufen, die selbst im Rahmen fröhlicher Feiern niemals ganz vergessen werden dürfen.
Unbehelligt vom vielen grausamen Geschehen in der Welt, treffen sich die Kinder in Sassenberg als Kompanie auf dem Dreihüm und reihen sich in den Umzug ein, der nach der Ehrenfeier vom Rathaus zum Festplatz zieht. Hier steht am Sonntag nicht alles, aber vieles im Zeichen des Kinderschützenfestes und der Familien. „Alle Kinder, ob aus Sassenberg oder anderswo, ob mit Bezug zum Verein oder ohne, sind eingeladen“, betonen die Schützen immer wieder. Grüne Cappys für die Teilnehmer am Umzug sind genügend vorhanden und auch bei der Kinderbelustigung können alle mitmachen. Ganz besonders dürfen sie sich in diesem Jahr auf den Kinderliedermacher „herrH“ freuen, der mit über 100 Millionen Streams im Netz und regelmäßigen Auftritten beim „KiKa TanzAlarm“ zu den ganz Großen der deutschen Kindermusik zählt. Ab 16:00 Uhr bei freiem Eintritt auf dem Festplatz!
Doch der Sonntag gehört nicht nur den Kindern. Vor allem die um 15:30 Uhr beginnende Ehrung der Mitglieder, die bereits ein halbes Jahrhundert zu den Vereinsmitgliedern zählen, ist weit mehr als eine „Seniorenkaffeetafel“. Denn der Sassenberger Schützenverein mit seiner über 175-jährigen Tradition ist und bleibt allen, die ihm zu seiner Blüte verholfen haben, stets ehrlich dankbar.
Während die Senioren im Festzelt Kaffee, Kuchen und durchaus auch anderes genießen, freuen sich die weiteren Gäste über das Hampelmann- und Preisschießen sowie ein Platzkonzert. Der Tag klingt mit der Kinderkrönung um 18:00 Uhr noch nicht aus, denn um 18.30 Uhr lädt ein DJ vor dem Festzelt noch zu unterhaltsamen Klängen ein.
Die Nacht wird kurz, die Montagsdosis des Medikaments kann bereits ab 5:00 Uhr erfolgen, denn das ist die offizielle Startzeit für den Weckruf. Und bereits ab ca. 8:00 Uhr werden auswärtige Autofahrer feststellen, dass viele Straßen nicht passierbar sind, weil dort viel passiert. Die große Parade auf dem Lappenbrink beispielsweise, die den Grundstein für den stets sehenswerten Umzug am Montag bietet, der wie immer von mehreren Musikzügen begleitet wird.
Pünktlich um 10:00 Uhr werden sie alle im Brook angelangt sein, denn dann beginnt der Kampf um den „schönsten Job außer Papst oder Karnevalsprinz“ wie vor Jahren ein angeheiterter Schütze formulierte. Schützenkönig!
Der Neue wird am Montagabend mit der Krönung auf dem Festplatz offiziell vorgestellt. Um 19:00 Uhr wird sich die Polonaise am Lappenbrink auf den Weg machen und kurz darauf vom bereits wartenden Schützenvolk auf dem Festplatz bejubelt zu werden.
Den feierlichen offiziellen Abschluss des Schützenfests markiert der Königsball im Festzelt, mit „Impuls“ und erneut mit einem Showblock des Roland-Kaiser-Doubles Peter Jähn.
Das inoffizielle Ende des Festes findet in den frühen Morgenstunden des folgenden Tages statt, wenn sich eine nicht ermüden wollende Gesellschaft auf den Weg zum neuen König (oder Kaiser) macht, zum Brötchenessen. Und dann, so weiß man, sind die meisten Schützen nicht wirklich geheilt. Denn das Schützenfestvirus bleibt chronisch.
Fotos: Rieder