Der Inflationsdruck bleibt – Erstes Konjunkturforum der IHK Nord Westfalen

Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Wie werden sich Rahmenbedingungen und Aussichten für die Wirtschaft in unserer Region und in Deutschland angesichts der historischen Krisenkaskade entwickeln? Wie wirken sich hohe Energiepreise und Rekordinflation aus? Antworten gab es beim ersten Konjunkturforum der IHK Nord Westfalen in Münster. Rund 170 Teilnehmer hatten sich für die Onlineveranstaltung angemeldet, die von IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel moderiert wurde.

Keynote-Speaker Jens Ulbrich von der Deutschen Bundesbank hatte zunächst gute Nachrichten: „Insgesamt haben sich die konjunkturellen Perspektiven in den vergangenen Wochen leicht aufgehellt“, resümierte der Leiter des Zentralbereichs Volkswirtschaft der Deutschen Bundesbank, der online aus Frankfurt zugeschaltet war. Der freie Fall des Konsumklimas sei gestoppt, es werde sich voraussichtlich ab dem Sommer 2023 erholen. Gleiches gelte für die Exportwirtschaft. Der deutsche Arbeitsmarkt sei robust aufgestellt und stütze die konjunkturelle Entwicklung.

Allerdings sei der Preisdruck nach wie vor sehr hoch und werde sich erst allmählich entspannen. Schon in diesem Jahr sei mit einem Rückgang zu rechnen, doch werde die Inflationsrate deutlich oberhalb von zwei Prozent bleiben. Deshalb empfiehlt der Volkswirt dringend, die weitere, längerfristige Abkehr von expansiver Finanzpolitik. „Wenn sich die Preisdynamik durch die gegenwärtige Flaute am Wohnungsmarkt beruhigt, ist das für die Gesamtwirtschaft zwar ein Dämpfer, aber unter Aspekten der Finanzstabilität erwünscht“, erläuterte Ulbrich seinen Standpunkt. Ab 2025 stellt er der Baubranche wieder Erholung in Aussicht.

Auch Dr. Manuel Rupprecht, Professor für Volkswirtschaftslehre an der FH Münster und Dekan der Münster School of Business, geht davon aus, dass der Inflationsdruck noch lange auf der Wirtschaft lastet. Das sei aber nicht allein den Schocks der vergangenen Jahre geschuldet. Rupprecht führt fünf Faktoren als mutmaßliche langfristige Inflationstreiber an, darunter Entwicklungen, die auf den politischen und gesellschaftlichen Willen zurückgehen: Deglobalisierung, Dekarbonisierung zudem eine enorm hohe Staatsverschuldung, die Demografie und die Marktmacht einiger sehr großer Unternehmen. „Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben, und die Rückkehr in eine Welt, in der das Thema keine Rolle spielt, wird es nicht geben“, sagt Rupprecht voraus.

Jürgen Wannhoff, Vizepräsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe, gab sich in seiner Einschätzung der Lage aus regionaler Sicht dennoch zuversichtlich. Zwar sei das Baufinanzierungsgeschäft stark zurückgegangen, und die Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück. Doch erneut habe sich die hohe Anpassungsfähigkeit des stark mittelständisch geprägten Standorts gezeigt. „Die Wirtschaftsleistung in der Region Westfalen-Lippe hat sich zuletzt stabilisiert, der befürchtete Einbruch ist ausgeblieben, wir können durchatmen“, sagte Wannhoff.

Diskutierten beim ersten IHK-Konjunkturforum (v.l.): Jürgen Wannhoff (Vizepräsident des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe), Dr. Fritz Jaeckel (Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen) und Dr. Manuel Rupprecht (Professor für Volkswirtschaftslehre an der FH Münster und Dekan der Münster School of Business).

Fotos: IHK Nord Westfalen