Die Düsen – eine neue, frische deutsche Band aus NRW, deren Sängerin Nette Sol aus Lippstadt kommt

Wir machen, was wir wollen und mögen“

Hier kann man die Platte kaufen:

 

2021. In dieser neuen Wirklichkeit ist kein Platz mehr für sinnentleerte Popsongs. Doch nun kommt die Rock-Antwort aus dem Rheinland: Die Düsen. Der Name ist Programm, denn dahinter steckt kein geringerer als Wolly Düse – Mitbegründer und Schlagzeuger berüchtigter Rock´n Roll-Independenzen wie Rausch und Cowboys on Dope. Jetzt mischt er gemeinsam mit Sängerin Nette Sol die deutschprachige Song-Landschaft auf. Die beiden preschen mit ihren unkitschigen Liebesliedern gekonnt durch die Prärie ihrer ehrlichen Gerade-heraus-Botschaften. Soziale Schiffbrüche, echte Freundschaft, virale Lebensgefühle: Jedes Stück ein kleiner Film. Den genau richtigen Ton treffen die beiden mit Punk’n Roll, Psychedelia und freakbeatigem Singalong – erfrischend direkt und ohne Chi-Chi. Wolly Düse beherrscht einfach die Register seines Rock’n Roll, und dass es ihm Spaß macht, ist nicht zu überhören. Nette Sol besticht durch ihre gefühlvolle Stimme, 100 Prozent echt. Ganz großes Kino also, am besten laut aufgedreht: die Songs auf Vinyl und live sowieso – so bald wie möglich!

Frau Sol, Sie sind in Lippstadt geboren. Welche Verbindung haben Sie noch dorthin?

Nette Sol: Nun ja, tatsächlich bin ich in Beuthen geboren, das liegt in Oberschlesien/Polen. Als ich 13 war, zog meine Familie dann aber nach Lippstadt/Lipperode. Sie lebt heute noch dort und ich besuche sie immer mal wieder. Meine Lieben sind meine Verbindung zu dieser Stadt und natürlich der Name Karl Heinz Rummenigge, nicht weil ich Fan des FC Bayern bin, aber ohne ihn offenbar niemand wüsste, wo Lippstadt liegt.

Können Sie über ein schönes Erlebnis aus Ihrer Kindheit in Lippstadt berichten?

Sol: Schöne Erlebnisse, das sind die legendären Garten-Parties meiner Eltern. Meistens gab es immer gutes Wetter und es waren sicher 70, 80 Leute dort, also unsere Freunde und die ganze Familie, obwohl nie eingeladen wurde. Die Stimmung war prima und manchmal ist auch jemand in den Teich gefallen, ertrunken ist aber noch niemand. (lacht)

Ich war zudem drei Jahre im Kinder- und Jugendchor, den Lipperoder Burgschwalben. Wir hatten unter anderem auch ein Konzert im Stadttheater Lippstadt und auch einen Tausch nach Nothingham England. Das war damals total aufregend für mich.

Die Düsen wurden von Ihnen und Wolly Düse gegründet. Wie schwer ist es gerade in der Coronakrise als Band? Die Pandemie hat Musiker regelrecht ausgebremst.

Sol: Das ist richtig. Wolly und ich haben die Band gegründet, aber Die Düsen sind fünf tolle Musiker: Ingo Ruttke, Thomas Heidböhmer, der grandiose Christoph Herder, Wolly und ich. Drei von uns haben Kinder, das bedeutet, wir können gerade nicht zusammen proben und das seit einer gefühlten Ewigkeit. Am schönsten ist es doch, wenn eine Idee zu einem neuen Song gemeinsam entstehen kann. Eine Melodie, ein gewisser Beat löst plötzlich ein Gefühl aus oder eine Erinnerung an eine Geschichte aus deinem Leben, die Worte wollen nur noch raus und fallen schließlich aufs Papier. Das fehlt mir sehr, vor allem weil wir uns als Band auch mögen und schätzen, entsprechend gerne Zeit miteinander verbringen.

Das Feeling im Proberaum geht Ihnen also gehörig ab?

Sol: Oh ja. Wir können nicht an Songs arbeiten, wie wir uns das wünschen. Unsere weiße Vinyl nicht live bewerben zu können, das haben wir uns natürlich alles anders vorgestellt. Die Pandemie ist schon wirklich hart für Musiker, die ganze Szene, Händler und Gastronomie. Uns wird viel abverlangt in diesen Zeiten, es ist nicht nur schwer, es ist eine neue Art von Schmerz, den wir da kennenlernen müssen.

Wo sehen Sie sich als Band?

Sol: Da, wo wir hin gehören und am liebsten sind – auf der Bühne.

Und an wem orientieren Sie sich musikalisch? Ist die 2raumwohnung da ein gutes Beispiel?

Sol: Tatsächlich an niemandem, wir machen was wir wollen und mögen. Es kam schon öfter vor, das Leute, die uns zum ersten mal gehört haben, meinten, du klingst ja wie die Humpe oder Nena und ihr erinnert mich an. Aber das ist nicht unser Bedürfnis, wir sind da völlig frei und wollen dem, was uns treibt, Raum, Melodie und Wort geben. Wenn ich 2raumwohnung und Die Düsen miteinander vergleichen müsste, würde ich sagen, dass Inga und ich unsere Probleme auf ganz unterschiedliche Art und Weise lösen.

Herr Düse, was macht für Sie die Band aus?

Wolly Düse: Im Gegensatz zu meinen früheren Bands haben wir bei den Düsen mehr akustische Instrumente (Ukulele, Zither, Violine, Flügel etc.), aber auch Synthies und elektronische Elemente am Start, ohne dabei aber auf wuchtige Drums, fette Bassläufe und Rockgitarren zu verzichten. Zudem kommt der teilweise zweistimmige Gesang von Nette und mir dazu, wobei ich da meistens die höheren Parts übernehme. Da die Songs stilistisch stark variieren, wird der Hörer immer wieder überrascht. Trotzdem zieht sich aber ein roter Faden durch unseren Sound. Aber vielleicht ist es auch die Überraschung, die uns ausmacht.

Nach dem Aus der Cowboys, die fast an jeder Steckdose spielten, haben Sie relativ zügig Die Düsen gegründet. Deutscher Pop. Erzählen Sie mal…

Düse: Nachdem wir den Score und den Soundtrack zu Peter Thorwarths Film „Nicht mein Tag“ gemacht hatten, war noch viel Material übrig und ich habe das meinem Freund und Kollegen Paul Grau, unserer früherer Rausch-Produzent, vorgespielt. Er brachte mich auf die Idee mein erstes Soloalbum zu schreiben. Zuerst schrieb ich die Texte auf Englisch, das war aber leider ziemlich mies und grammatikalisch unterirdisch. Schließlich entschied ich mich deutsche Lieder zu schreiben.

Die Debütsingle heißt „Im Netz“. Das Thema ist ziemlich aktuell, oder?

Düse: Ja klar, Digitalisierung und Social Media bestimmen leider immer mehr unser Leben. Ich bin oft froh, wenn ich nicht am Rechner sitze, einfach nur Musik mache oder mit Freunden zusammen sitze und wir uns unterhalten.

Wie erleben Sie als Musiker, der seit 30 Jahren im Geschäft ist, keine Stadien füllt und für den Konzerte überlebenswichtig sind, die Coronakrise?

Düse: Wir haben natürlich auch ein paar Streaming-Gigs gespielt, aber ohne Publikum, das ist natürlich total daneben, wenn du keine Reaktion, also den Applaus auf deine Musik erhältst.

Sie sprechen es an. Sie waren früher Schlagzeuger von Rausch, einer Kultband. Schon Dave Grohl hat 1991 mit Nirvana im Tanzbrunnen auf Ihre Felle eingedroschen. Wie war das für Sie?

Düse: Das war nichts Besonderes, wir hatten schon 1989 mit Soundgarden gespielt und mit Faith No More getourt, Nirvana kannte ich überhaupt nicht. Wir haben Nirvana auch noch 200 Dollar für das Benutzen unserer Backline abgenommen.

Rausch war Fluch und Segen zugleich, nach der Trennung sind Sie Ihrem früheren Weggefährten Peter Sarach treu geblieben. Es entstand die Band Cowboys On Dope. Da schien der Durchbruch ganz nah. Oder?

Düse: Der Durchbruch mit Rausch war viel wahrscheinlicher, als der mit C.O.D. Ich fange jetzt nicht mit hätte und wäre an, denn wir waren jung und hatten keine Ahnung vom Business. Wir hatten auf jeden Fall eine super Zeit.

1995 hätten Sie bei Brings einsteigen können. Warum hat es nicht sollen sein?

Düse: Weil ich da noch Vertraglich an Rausch beziehungsweise an unsere Plattenfirma gebunden war.

Extrabreit wollte Sie ebenfalls als Trommler haben. Auch da haben Sie der Verlockung widerstanden mehr ins Rampenlicht zu rücken. Was war hier der Grund?

Düse: Da kam sogar eine beträchtliche Ablösesumme ins Spiel, doch ich habe aber weiter an meine Band Rausch geglaubt und das Angebot dankend abgelehnt. Ich habe aber ihre damalige Single „Jeden Tag, jede Nacht“ eingetrommelt

Die deutsche Radiolandschaft ist extrem schwierig. Was macht Ihnen Hoffnung, dass Die Düsen ihr Plätzchen da finden? 

Düsen: Im Radio läuft leider fast nur Mist, als Indieband hast du es da sehr schwer, vor allem bei den großen Sendern hast du so gut wie keine Chance auf einen Sendeeinsatz, es gibt aber auch einige kleine Radostationen wie Köln Campus wo kein Mainstream läuft. Musik von uns ist aber ziemlich eingängig und poppig. Vielleicht hört sie ja ein einflussreicher Redakteur und wir werden die neuen Fools Garden. (lacht)

Auch jetzt hoffen Sie auf den Hit, oder nicht? Was würde Sie glücklich machen?

Düse: Ich schiele nicht auf einen Hit, es wäre natürlich schön wenn unsere Musik bei möglichst vielen Leuten ankommen würde, aber es gibt noch eine ganze Menge guter neuer Bands, die alle nach oben wollen. Ich bin ganz entspannt, wir werden sehen wie es läuft. Leider sind unsere Konzerte alle Corona bedingt abgesagt worden. Wie lange das noch so weitergeht, steht in den Sternen.

Bereuen Sie etwas in Ihrem Musikerleben?

Düse: Nein, es war mit Rausch und den Cowboys eine wirklich gute Zeit, sind viel rumgekommen und hatten immer sehr viel Spaß. Vielleicht hätte man ein bisschen besser auf die Pinunzen aufpassen sollen.

Interview: Reinhard Franke  //  Fotos: Andi Grossheim