Dunkle Wolken hatten sich über dem Schmetterlingshof in Milte zusammengebraut und sie für eine Weile sah es so aus, als würden sie tatsächlich das Ende der einzigen tiergestützten Therapie im Kreis Warendorf (und weit darüber hinaus) bedeuten.
„Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagte Christin Brockmann, die Initiatorin des gemeinnützigen Vereins, noch im Dezember. Und das wäre ein völlig unnötiges Scheitern des Projekts gewesen, das weder auf Missmanagement noch auf schlechte Leistungen zurückzuführen gewesen wäre.
Im Gegenteil! Denn die Leistungen sind sogar in der Kategorie erstaunlich bis unbegreiflich einzuordnen. Die Frage: „Was haben Sie mit dem Kind gemacht?“, hat Brockmann nicht nur einmal in ihrem Leben gehört. Sie ist die erstaunte Reaktion auf die Wandlung der Klienten, weg von den in sich gekehrten, zurückgezogenen, von Sozialphobien und anderen Ängsten gequälten jungen Seelen, hin zu – zumindest kurzzeitig – zugewandten, geöffneten und lebensbejahenden Individuen. Dazu muss man wissen, dass viele traumatisierte Klienten der tiergestützten Therapie in ihrem Leben Missbrauch erfahren haben und/oder als suizidal, also selbstmordgefährdet, gelten. „Ein extrem schwieriges Klientel“, unterstreicht Brockmann und freut sich, dass ihre Co-Therapeuten so gute Arbeit leisten.
Mit denen arbeitet sie nicht nur täglich zusammen, die leben sogar auf ihrem Hof. Pepe, Isis, Hilde und viele andere. Dass sie keine Nachnamen haben liegt daran, dass Tiere in der Regel eben keine Nachnamen haben. Ebenso wenig wie Vorurteile. Vielmehr ein Gespür. Ein Gespür, das ihnen nicht nur sagt „Den oder die da mag ich“, sondern auch „Dem oder der da kann ich helfen“. Oft sehr gut bei Pepe dem Pitou-Esel zu beobachten. Esel gelten ja gemeinhin als störrisch. Das kann er auch sein. Störrisch in seiner Art, einfach da zu bleiben, wenn seine Klienten unruhig sind. Sich ihnen, völlig uneselisch, auch wieder zu nähern, wenn sie ihn zurückgewiesen haben. Frei von Ressentiments. „Wobei wir den Klienten keine Tiere zuweisen, sondern ihnen frei stellen, sie sich zu erarbeiten“, erläutert die gelernte Krankenschwester das Konzept, das weltweit Erfolge feiert. Bestens bekannt sicherlich die delfintherapeutischen Institute in Florida/USA.
In Ermangelung eines Ozeans und fröhlich zwitschernder Flipper, greift man in Deutschland meist auf Pferde zurück. Nur: Pferde sind nicht jedermanns Sache und Pferde verhalten sich auf eine eigene Art. Der Schmetterlingshof hingegen ist ein kleiner Zoo aus tierischen Therapeuten. Esel, Hunde, Katzen, Meerschweinchen, Ziegen, Schafe, Minischweine, Hühner und andere stellen sich in Dienst der hilfsbedürftigen, meist jungen, Klienten.
Bisher mit den genannten großen Erfolgen, die von hochkarätiger Fachärzteschaft bestätigt werden. „Wir sind glücklich, wenn wir diese Kindern auf einen guten Weg begleiten können“, versichert die Therapeutin. Doch das rührt die Krankenkassen nicht. Sie weigern sich beharrlich, die notwendigen Kosten zu übernehmen. „Wir müssen einen Stundensatz von 80 Euro für die Einzeltherapie rechnen“, erläutert die Leiterin des Hofes. Die kann sie gut begründen. Miete, Futter- und Tierarztkosten sind die größten Posten. Löhne bislang kaum, denn bis auf Minijobs konnte Brockmann bisher keine Arbeitsstellen anbieten. Rund 20 Ehrenamtliche helfen mit, aber nicht alle haben viel Zeit dafür. Zumindest sind seit Herbst alle Formalitäten so weit gediehen, dass jetzt, Anfang 2024, zumindest Gelder seitens der Jugendämter fließen können – ein letzter Federstrich der das ermöglicht steht kurz bevor.
„Seit Beginn haben wir fast ausschließlich von Spenden gelebt“, sagt Brockmann. Die fließen zwar, sind aber oft rein projektgebunden. Und die ungebundenen, wie beispielsweise die 1.500 Euro vom Adventsbasar in Hoetmar, werden umgehend von den laufenden Kosten verschlungen. Mit all diesen finanziellen Problemen stand der Wunsch nach Aufbau einer Trauergruppe für verwaiste Eltern bisher in weiter Ferne – Brockmann hofft ihn nun bald realisieren zu können, denn der Bedarf ist groß.
Der finanzielle Boden wurde dem Schmetterlingshof mit dem unvermeidlichen Umzug von Everswinkel nach Milte und den dadurch entstandenen Folgekosten unter den Füßen weg gerissen. Unter anderem waren es lange Wartezeiten auf Behördenentscheidungen, die vieles teurer machten. Hinzu kommt ein privatbaurechtliches Problem, das sich mit einem Federstrich lösen ließe – aber der erfolgt nicht. Glücklicherweise haben sich einige Probleme, die noch vor Weihnachten auf das baldige Ende hindeuteten, aus der Welt schaffen lassen, vielleicht auch wegen der Aufmerksamkeit der Presse und bekannter Warendorfer Bürgerinnen und Bürger. Noch immer aber ist die fehlende Summe fünfstellig – wenn auch nicht mehr so groß wie noch vor einem Monat. Auch eine Aktion des Lokalfernsehens macht Hoffnung, dort steht der Schmetterlingshof in einem Ranking von 200 Aktionen sehr weit oben.
Christin Brockmann hofft jetzt auf weitere Spenden für die Hilfe, die der Schmetterlingshof direkt vor Ort leistet. Auch die Übernahme von Tierpatenschaften können Spenden sein. Die sind nicht teuer, aber sie helfen. Die Jahrespatenschaft mit Urkunde beträgt für ein Meerschweinchen 30 Euro, für eine Katze 50. Bürgermeister Peter Horstmann hat sich schon vor Monaten entscheiden, Pate von Pepe zu werden. Die 250 Euro pro Jahr investiert er gerne und freut sich bei seinen Besuchen auf das Wiedersehen mit dem liebevoll-unstörrischen Zeitgenossen. Eine solche Patenschaft eignet sich auch hervorragend als Geschenk für Menschen die eigentlich schon alles haben. Ein immaterielles Geschenk, das mehr Wert haben kann, als alles materielle und zudem unkompliziert über die Webseite möglich ist. Jederzeit, nicht nur zu Weihnachten. auch nach Weihnachten.
Weitere Informationen:
www.schmetterlingshof-warendorf.de
Spendenkonto:
Schmetterlingshof-Waf
IBAN: DE98 412625016406160300
Esel Pepe schafft es immer wieder, den Menschen einfach ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Christin Brockmann und Pepes Pate Peter Horstmann können sich dem Zauber ebenfalls nicht entziehen
Bilder: (c) Schmetterlingshof