Je älter Menschen werden, desto häufiger müssen sie sich mit dem Verlust anderer Menschen und dem Thema Trauer auseinandersetzen. Und nein, es wird mit dem Alter nicht leichter. Aber man hat Lebenserfahrung, die bei der Trauerbewältigung helfen kann.
Kinder und Jugendliche haben das nicht. Sie lernen gerade erst einmal zu leben. Und wen sie dann mit dem Tod konfrontiert werden, haben sie keine Erfahrungen, auf die sie zurückgreifen können. Manchmal haben sie nicht einmal Menschen, die ihnen helfen. Nicht weil sie nicht könnten – sondern meist, weil sie nicht wissen „wie“.
Die rund 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Sternenland e.V. in Sendenhorst wissen es, zumindest ansatzweise. „Wir sind keine Therapeuten“, sagen sie „und wir arbeiten auch nicht therapeutisch.“ Stattdessen arbeiten sie symptomatisch. Fangen die Kinder und Jugendlichen da auf, wo sie gerade sind, lassen sie sein, wie sie sich gerade fühlen. Und wollen den Kindern einen Weg zeigen durch die Trauer.
Dazu zählt der Schutz, den ihnen das Sternenland bietet. Hier finden sie Raum für ihre widersprüchlichen Gefühle und Gedanken, dürfen sie im Sternenland erleben. Auch hilft die Auseinandersetzung mit anderen Kindern und Jugendlichen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Die Schilderungen der Mitarbeiterinnen berühren. Mitunter erleben sie echte Tragödien, auch gesellschaftliche. Sie sprechen von der Last, die auf den kleinen Schultern liegt, wenn Mama, Papa, Oma, Opa, Tante, Onkel oder Geschwister gestorben sind. Sie sprechen von der Wut, die manche dieser Kinder haben, weil sie nicht wissen, wie anders mit ihrem Schmerz umzugehen. Oder der brutalen Realität, die vor allem jugendlichen Trauernden abverlangt schnell wieder funktionieren zu müssen. In der Schule, aber auch in der Familie und im Freundeskreis.
Die Betroffenen finden meist über Jugendämter, Kinderärzte, Schulen und Kitas, aber auch das Umfeld oder Google zu ihnen. Um helfen zu können, haben sie verschiedene Angebote aufgebaut. Vier davon finden alle 14 Tage statt, außer in den Ferien. Die Kinder entscheiden frei, wie lange sie die Angebote in Anspruch nehmen. Meist sind es ein- bis eineinhalb Jahre. Auch geschlossene Gruppen gibt es, vieles orientiert sich an der Altersstruktur und der jeweiligen Situation der Trauernden. An manchen Gruppen nehmen auch Eltern teil, die dadurch die Kommunikation mit dem Nachwuchs verbessern können und so selbst mehr Sicherheit bekommen. Und oft sind es die Eltern, die ebenfalls ein Gespräch brauchen.
In unserer gut funktionierenden Gesellschaft sollte all das doch kein Problem sein, sagen Sie!? Angebote gibt es doch genug!? Gibt es nicht! Die altbekannte Telefonseelsorge. Die Kirchen, soweit Zeit dafür ist. Manche Hospizvereine bieten zusätzliche Angebote zur Trauerbewältigung, aber meist für Erwachsene. Auch hier fallen die jungen Seelen wieder einmal durch das Raster.
Deshalb ist das Einzugsgebiet von Sternenland e.V. relativ groß. Der Verein, der 2011 gegründet und noch im selben Jahr als gemeinnützig anerkannt wurde, hat viel zu tun. Und wenig Geld! Trauerarbeit wird weder staatlich noch von Krankenkassen gefördert. Zwar hängen an den Wänden die Zuwendungsbescheide von der Aktion Mensch oder der Glücksspirale. Doch dies sind nur die berühmten Tropfen auf den heißen Stein. „Wir waren uns noch nie zu schade zum Betteln“, lachen die Mitarbeiterinnen offen und ehrlich. Denn die Arbeit wird ausschließlich durch Spenden und Stiftungen finanziert. Das bedeutet: Jedes Jahr hoffen, dass das Jahr gut rum geht, denn alle fühlen eine große Verantwortung gegenüber den Kindern, den Familien und natürlich auch den Mitarbeitern. Ein kleiner Lichtblick ist dabei die Tatsache, dass immer mehr Menschen und Institutionen in der Region von der Arbeit des Sternenland e.V. erfahren und spenden.
Damit können sie einen der Wünsche erfüllen, die von den Kindern geäußert werden: „Dass das Sternenland nie aufhört!“
Eines der Spendenkonten lautet:
DE66 4005 0150 0153 5120 41
Sparkasse Münsterland-Ost
Weitere Informationen unter www.kindertrauer-sternenland.de
Ein fröhliches Lachen ist nichts Schlimmes: Ingrid Rose, Renate Eckhart, Ragna Valhaus und Ramona Schulte erleben bei ihren Hilfsangeboten im Sternenland oft genug herzzerreißende Momente