Engagement aus Verantwortungsgefühl

KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner berichtet bei der Aktion Kleiner Prinz über internationale Bildungsaktivitäten.

Warendorf. Warum kümmern sich die Vereinsvorsitzende Sylvia Oertker und ihre Mitstreiter:innen bei der „Aktion Kleiner Prinz“ um Menschen, vornehmlich um Kinder, beispielsweise in Indien, Syrien, Uganda und aktuell auch im Ahrtal, wenn sie doch hier von Familie, Beruf, Hobby und vielleicht auch Ehrenamt in vielerlei Hinsicht beansprucht werden? Warum engagiert sich die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf und ihr Hauptgeschäftsführer Frank Tischner in Berufsbildungspartnerschaften in Afrika und übernimmt die Federführung bei Projekten in Jordanien oder Marokko, wenn doch hier die Interessen von rund 2.200 Innungsbetrieben wahrgenommen, die Ausbildung von tausenden von Auszubildenden organisiert und Modernisierungsvorhaben an beiden BildungsCentern mit einem Investitionsvolumen von 26 Millionen Euro realisiert werden müssen? In beiden Fällen ist der Grund wohl nicht Langeweile und Unterforderung, sondern Verantwortungsgefühl gegenüber denjenigen, die nicht das Glück haben, ein Zuhause zu haben und die Chance auf Bildung und Auskommen zu erhalten.

Auf Einladung von Sylvia Oertker, deren Ehemann Heinz.Dieter seit vielen Jahren im Vorstand der Bau-Innung Warendorf und der Kreishandwerkerschaft ehrenamtlich mitarbeitet und dieser Funktion die Aktivitäten der Kreishandwerkerschaft unterstützt und mitträgt, berichtete Frank Tischner den Mitgliedern der „Aktion Kleiner Prinz“, was die KH bei ihrem internationalen Bildungsengagement so treibt und vor allem was ihn und alle Beteiligten antreibt. Um es vorweg zu nehmen: Es ist nicht der wirtschaftliche Profit. Man arbeitet hier zur Kostendeckung mit öffentlichen Fördermitteln oder Einnahmen durch Partner-Unternehmen im Ausland. „Innungsbeiträge oder andere Mittel aus der originären Arbeit der KH werden nicht eingesetzt“, stellt Tischner gleich klar und erzählt dann, worum es ihm, der eigentlich ein Vollblut-Kaufmann ist, hier geht – und dies auf ebenso spannende wie anschauliche Weise.

Große Vorratsgläser mit insgesamt 6.000 bunten Kaugummi-Kugeln stellte er auf einen Tisch und demonstrierte damit die Gründe und die Notwendigkeit, sich beispielsweise in Afrika für die duale Berufsausbildung nach deutschem Vorbild einzusetzen, denn 6.000 Kaugummis stehen für die Erdbevölkerung von 6 Milliarden Menschen. Eine Kugel wanderte dann in ein Wasserglas. „Das ist die Anzahl der Menschen, nämlich 1 Millionen, die 2015 als Flüchtlinge nach Deutschland kamen“, erläuterte Tischner. Diese eine Kugel nahm im „deutschen Glas“ nicht viel Platz ein und schuf auch im „Afrika-Glas“ nicht erkennbar mehr Platz. „Doch es gibt in den Staaten der dritten Welt ja viel mehr Menschen, die sich nach etwas Wohlstand und Sicherheit sehnen, und durch das Internet wissen sie auch, dass es Länder gibt, wo es so etwas gibt. Damit das ‚Europa‘-Glas nicht zum Überlaufen gebracht wird, „müssen wir den Menschen in ihrer Heimat einen Grund geben, zu bleiben, und dies gelingt am besten mit Bildung, die Zukunftsperspektiven schafft“, so Frank Tischner.

Seit 2015 ist die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf mit einer vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten Berufsbildungspartnerschaft in Südafrika aktiv. „Unsere Stärke ist, dass die KH als Wirtschafts- und Arbeitgeberverband gleich gute Kontakte zu den dortigen Unternehmen knüpfen konnte, denen eine betriebliche Ausbildung, so wie wir sie kennen, fremd war. Die duale Ausbildung aus Deutschland ist im Ausland zwar schon lange Thema, allerdings wurde sie früher komplett verschult übernommen. Wir haben es mit Einsatz unserer Projekt- und Bildungsexperten geschafft, die duale Ausbildung direkt in die Betriebe zu bringen. Mittlerweile gilt die Kreishandwerkerschaft Steinfurt-Warendorf als erfahrener Partner in Sachen Berufsbildung. Eine weitere Berufsbildungspartnerschaft in Mosambik und Projekte, wie die Einführung einer Imagekampagne für die handwerkliche Ausbildung in Jordanien, sind hinzugekommen. „In Südafrika“, berichtet Tischner amüsiert, aber auch stolz, „wird das Wort Kreishandwerkerschaft schon als Synonym für das deutsche Modell der Berufsbildung verwandt.“

Engagement für die, die Hilfe brauchen: Sylvia Oertker, Vorsitzende des Vereins „Aktion Kleiner Prinz“, und KH-Hauptgeschäftsführer Frank Tischner mit Berufsbildungspartnerschaften in Afrika.