„Ich wollte kein Opfer mehr sein“.
So beginnt Anke (Name geändert) ihren Bericht über ihr Leben mit einem alkoholkranken Partner.
„Lange Jahre habe ich versucht die Krankheit meines Mannes, den Alkoholismus, zur heilen, zu vertuschen und nach außen immer das Bild einer ‚Vorzeigefamilie‘ zu demonstrieren. So lange, bis ich selbst am Ende meiner psychischen und physischen Kräfte war. Einige Zeit ging es in der Selbstüberforderung so weiter, bis ich mich selbst gar nicht mehr gespürt habe.“
Anke geht es inzwischen besser. Sie fand zu einer Al-Anon-Familiengruppe, einer Gruppe speziell für Angehörige und Freunde von alkoholkranken Menschen, die sich gegenseitig auf ihrem Weg begleiten. In Al-Anon finden diese Menschen einen Schutzraum, wo sie offen über sich und ihre Lebenssituation reden können und wo völlige Anonymität gegeben ist.
Anke berichtet, wie lange es gedauert hat, bis sie zu der Erkenntnis gelangte, dass sie nicht ihren Partner verändern kann, sondern nur sich selbst, um einen Ausweg aus der Situation zu finden.
Sie erzählt:
„Wenn ein Rückschlag kam, mein Mann wiedermal volltrunken war, dann musste ich eben noch mehr Einsatz zeigen sowie meine restlichen Kräfte mobilisieren. Ich dachte, ich müsste das so machen, da ich ja meinen Mann und meine Familie liebe. Das verstand ich unter völliger Hingabe und Liebe, aber es war Aufopferung und Märtyrertum. Dann merkte ich, wie sinnlos und anstrengend es war. Ein Fass ohne Boden, wobei mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.
Eigene Bedürfnisse gab es nicht mehr und ich kontrollierte alle meine Familienmitglieder.
Da ich mich durch den Alkoholismus meines Mannes in eine Opferrolle gebracht hatte, habe ich gemerkt, dass es auch eine Familienkrankheit ist, die über Generationen indirekt weitergegeben wird. Egal, ob in der nächsten Generation getrunken wird oder nicht, die Verhaltensmuster sind da. Es geht von Co-Abhängigkeit über Herrschsucht und Kontrolle und ständiger Kritik am anderen und sich selbst.
Ich lebte die Rolle der Anderen und lebte nicht mehr mein Leben. Langsam begriff ich, dass irgendetwas nicht mehr stimmte und ich kein Opfer mehr sein wollte, da diese Erfahrung immer schmerzlicher wurde.
Danach kam meine Wut, dass all meine Bemühungen nichts nützten. Der alkoholkranke Mensch entfernte sich von mir und mein Kartenhaus brach zusammen. Zum Glück gab mir die Wut die Energie, die ich brauchte, um etwas bei mit zu ändern und um aus der Spirale herauszukommen.“
In der Al-Anon-Familiengruppe fand Anke Trost und eine liebevolle Gemeinschaft, die sie stützte und ihr Selbstbewusstsein und ihre Eigenliebe wiederentdecken ließ.
Die Al-Anon-Familiengruppe Warendorf trifft sich jeden 1. und 3. Dienstag im Monat um 19.00 Uhr im Pfarrheim Sankt Marien in Warendorf, Marienkirchplatz 7. Jeder und jede ist ohne vorherige Anmeldung willkommen.
Weitere Informationen gibt es unter www.al-anon.de oder unter der Telefonnummer. 040/226389700.
Info-Box:
Die Selbsthilfe-Kontaktstelle Kreis Warendorf
Die Selbsthilfe-Kontaktstelle ist eine Beratungsstelle rund um das Thema Selbsthilfe und Selbsthilfegruppen. Die Hauptaufgaben der Selbsthilfe-Kontaktstelle sind die Information und Beratung über Selbsthilfe, die Vermittlung in Selbsthilfegruppen und die Unterstützung bestehender Gruppen und Gruppengründungen. Neben ihren Hauptaufgaben verweist die Selbsthilfe-Kontaktstelle auf professionelle Unterstützungsangebote und übernimmt somit eine wichtige Lotsenfunktion im Gesundheits- und Sozialbereich des Kreises. Weitere Informationen unter http://www.selbsthilfe-warendorf.de oder unter Telefon: 0 25 81 46 799 88.