Wussten Sie, dass Frauen häufiger mal für ihre Männer zum Arzt gehen? Dr. Hans Joachim Hilleke, Internist und Hausarzt in Beelen, überraschte die Anwesenden beim Info-Abend zum Thema „Männergesundheit“ im Warendorfer Krankenhaus mit dieser Information. Was als nette Geste gemeint sein kann, birgt natürlich einige Nachteile. Denn schließlich kann der Arzt auf diese Weise bei ihren Männern keine der allgemein sinnvollen und angeratenen Vorsorgeuntersuchen durchführen.
Die Männer und ihre Gesundheit standen zwar im Titel des Vortragsabends, insgesamt richteten sich viele der von den fünf Referentinnen und Referenten vorgetragenen Informationen allerdings an beide Geschlechter.
Die Moderation übernahm Dr. Lothar Biermann, Leiter des Darmkrebszentrums, das die Aktion in Kooperation mit der AOK Nord-West durchführte. Mit ersten Zahlen beschrieb er die große Bedeutung der Vorsorge, die, wen wundert’s, von Frauen zwei Mal häufiger als von Männern in Anspruch genommen wird. Ein möglicher Grund, warum Frauen eine im Schnitt fünf Jahre höhere Lebenserwartung haben. Allein in seinem Fachbereich, dem Darmkrebs, sei bei konsequenter Vorsorge eine Senkung der jährlichen Todesfallzahlen in Deutschland von 27.000 auf 16.000 möglich. Zum Vergleich: Bei Verkehrsunfällen versterben „nur“ 5.000 Menschen.
Dr. Hilleke berichtete über die Gesundheitsuntersuchung beim Hausarzt, früher Check-Up genannt. Sie stellt oft den ersten Weg der Vorsorge dar. Deren Kostenübernahme durch die Krankenkassen ist über die Jahre zunehmend besser geworden. Zwischen 18 und 34 Jahren übernehmen sie mindestens einen Check-Up, ab 35 ist dieser alle drei Jahre möglich. Wichtig zu betonen: Eine nach bestimmten Kriterien gestaffelte Kostenübernahme gilt in allen Gesundheitsbereichen nur für die routinemäßigen, anlasslosen Screenings. Bei Symptomen, also Auffälligkeiten, Blut, Schmerzen oder ähnlichem, sollte der Weg immer in die ärztliche Praxis führen, denn Diagnostik und Behandlung sind altersunabhängig immer Kassenleistung!
Auch im Bereich der Hautkrebsvorsorge, über die die Warendorfer Hautärztin Dr. Kathrin Möllenhoff informierte. Sie berichtete zunächst über den weniger gefährlichen aber sehr häufigen weißen Hautkrebs, das Basaliom, bevor sie vor den selteneren, dafür aber nach oft kurzer Entwicklung sehr oft tödlichen Melanomen, dem schwarzen Hautkrebs, warnte. Schon ein Tiefenwachstum von nur einem Millimeter könne die Bildung von zahlreichen Tochtergeschwülsten, den Metastasen, bedeuten und einen tödlichen Ausgang nach sich ziehen. Die Vorsorge bestehe nicht nur in erhöhter Aufmerksamkeit und regelmäßigen Ganzkörperuntersuchungen, sondern auch im respektvollen Umgang mit der UV-Strahlung der Sonne.
Erhöhte Aufmerksamkeit empfahl auch Urologe Dr. Bernhard Weritz, dessen Vortrag sich speziell an die sogenannten Herren der Schöpfung wandte. Er informierte intensiv über die Diagnostik der Prostata und nachfolgende Behandlungsmöglichkeiten. Zudem ging er auf das durch aktuelle Fälle in der Welt des Fußballs deutlicher gewordene Problem von Hodentumoren ein. Gerade auch wegen der Schamhaftigkeit, mit der diese Themen von Betroffenen oft angegangen werden, ist Selbstkontrolle wichtig. Bei der Prostata sind ab einem Alter von 45, mitunter auch früher, Vorsorgeuntersuchungen wichtig – nicht erst beim Auftreten von Symptomen! Und nein, es nutzt dabei gar nichts, wenn die Frau für ihren Mann zum Arzt geht.
Der Darmkrebs mit seinen eingangs bereits genannten 27.000 Todesfällen pro Jahr, sei lange Zeit symptomlos, wie Darmkrebsspezialist Prof. Dr. Dirk Domagk erläuterte. Er zeigte anhand von sehr verständlichen Bildern und kleinen Videos, warum die Vorsorgeuntersuchung, speziell die Darmspiegelung, nicht nur wichtig ist, sondern zugleich Therapie sein kann. Denn während der Untersuchung können Darmpolypen, die als Vorstufen des Krebses gelten, sofort abgetragen und damit eine Entwicklung zum Tumor verhindert werden. Den Ablauf einer solchen harmlosen Untersuchung, die nicht so unangenehm ist wie weithin angenommen, zeigt ein Video auf der Webseite des Josephs-Hospitals.
„Die Zeitbombe in mir“ hatte Matthias Bahl, der Leiter des Departments Gefäßchirurgie, seinen Vortrag getitelt. Dabei sprach er über das Bauchaorten-Aneurysma, die zum Reißen neigende Aussackung der Hauptschlagader, und nannte Albert Einstein, Thomas Mann und Charles de Gaulle als prominente Opfer dieser häufigen, aber einfach zu diagnostizierenden Gefahr mit der hohen Sterblichkeitsrate. Selbst bei sofortiger medizinischer Versorgung eines Aortenrisses verbluten mehr als die Hälfte der Opfer. Geschätzt haben hierzulande mehr als 200.000 Menschen eine defekte Bauchaorta, die jederzeit ohne Vorwarnung platzen kann. Die einfache erste Vorsorge ist eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraums. Zeigt diese ein Aneurysma folgen Beobachtung oder auch sofortige Behandlung.
Matthias Bahl schloss diesen letzten Vortrag des Abends mit einem Satz, der auch für die anderen dargestellten Fachgebiete gilt: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt!
Aufschlussreiche Informationen über oft lebensrettende Vorsorgeuntersuchungen gaben Prof. Dr. Domagk, Dr. Hans Joachim Hilleke, Matthias Bahl, Dr. Kathrin Möllenhoff, Dr. Bernhard Weritz und Dr. Lothar Biermann (v.li.)
Foto: Rieder