Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
Weihnachten ist die Zeit innezuhalten, zurückzuschauen und Danke zu sagen.
Innehalten – das tun wir mal strenger, mal weniger streng, eigentlich schon seit März. Das Coronavirus hat die gefühlt immer schneller drehende Erdkugel ruckartig zum Stillstand gebracht. Erzwungener Maßen halten wir auch in dieser Weihnachtszeit stärker inne als in den sonstigen Jahren. So neigt sich ein außergewöhnliches, sicherlich in vielerlei Hinsicht jetzt schon historisches Jahr dem Ende entgegen; historisch, obwohl – und gerade weil – dieses Jahr im herkömmlichen Sinne so ganz und gar arm an Ereignissen war.
Denn Vieles, was für uns zum Alltag, zu unserer Freizeit, zum Lauf des Jahres gehört, musste – größtenteils ersatzlos – ausfallen. Die Schulen waren geschlossen. Unterricht wurde auf Distanz erteilt. Es gab kaum sportliche Wettkämpfe, keine Schützenfeste und keine Kirmes. Krüßing, Mariä Himmelfahrt, beides Feste, die im Jahresverlauf eigentlich nicht wegzudenken sind, mussten abgesagt werden. Das Theater am Wall, die Scala und die Museen waren weitestgehend geschlossen. Restaurants und Gaststätten durften einen Großteil des Jahres keine Gäste willkommen heißen. Begegnungen zwischen Menschen wurden plötzlich zum Synonym für Infektionsgefahr; wurden zu einem Risiko, das es zu vermeiden gilt. Statt sozialer Nähe, wurde Distanz, wurde Abstand zueinander zum Gebot der Stunde – letztlich zum Gebot des Jahres erhoben.
Das für uns gewohnte gesellschaftliche Leben stand still.
Wie schaut man zurück, auf ein Jahr, das so dauerhaft monothematisch war, wie wahrscheinlich kein anderes Nachkriegsjahr? Blickt man zurück auf dieses Jahr, überstrahlt Corona scheinbar alles andere. Tatsächlich wirkt Corona aber auch als Brennglas – und wer sich traut hinzuschauen, kann nicht zuletzt dank Corona entdecken, was in der Vergangenheit vielleicht überbewertet wurde, was wichtig ist, aber auch was gut und was noch eher schlecht läuft in unserer Gesellschaft.
Der Blick zurück ins Jahr 2020 fällt vorbei an den leeren Regalen für Nudeln und Toilettenpapier, welche bereits mit wenig Abstand nur noch für einen anekdotischen Nebensatz reichen. Fokussieren sollten wir unseren Blick auf die Definition des Begriffs „Systemrelevanz“. Entscheidend für die Beantwortung der Frage, was systemrelevant ist, ist die Vorfrage: Relevant für welches System? Die mit der Insolvenz von Lehman Brothers in 2008 begonnene Weltfinanzkrise hat uns nämlich noch gelehrt, dass Großbanken für den Kapitalismus moderner Prägung von größter Relevanz sind.
Die Corona-Krise von 2020 lehrt uns hingegen: relevant für unsere Gesellschaft sind vor allem die Gesundheits- und Pflegeversorgung, die Versorgung mit Lebensmitteln und Arzneien, mit Energie und Wasser, Feuerwehren und Rettungsdienste, die Sicherstellung der Entsorgung von Müll und Abwasser, die Aufrechterhaltung der Telekommunikationssysteme sowie der öffentlichen Ordnung. Wir können alle daran mitwirken, dass die Wertschätzung für all die Menschen, die in diesen Berufen arbeiten – und dort häufig über Gebühr ihren Einsatz verrichten –nachhaltig ist.
Die Corona-Krise bietet auch im Kleinen jedem einzelnen die Chance zu sehen, was wirklich Relevanz hat: Das sind die persönlichen Kontakte zu Freunden und Familie, deren Fehlen uns schmerzt. Zugleich zeigt sich ein erfreulicher Anstieg bei den Schwangerschaften, was nicht nur für die Notwendigkeit von körperlicher Nähe, sondern auch für die Wertschätzung von Familie spricht. Auch gibt es bereits Studien, die zeigen, dass die Menschen seit der Pandemie mehr Geld für Lebensmittel ausgeben und sich mehr Zeit für Mahlzeiten nehmen. Ich hoffe, dass diese und weitere positive Entwicklungen auch in der Zeit nach der Pandemie anhalten.
Corona hat aber leider auch dafür gesorgt, dass wichtige Themen, wie die Klimakrise und die Menschenrechtskrise im Mittelmeer aus dem Fokus gerückt sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir als Menschheit – wenn wir die richtigen Lehren aus der Pandemie ziehen – auch in diesen Bereichen Fortschritte machen werden. Denn auch das hat Corona gezeigt: wir sind stärker und schneller, wenn wir zusammen arbeiten – und wir kommen auch zu besseren Ergebnissen.
Danke sage ich als Bürgermeister der Stadt Warendorf und persönlich.
Ich bedanke mich bei Ihnen allen dafür, dass Sie den einschränkenden Maßnahmen zur Reduzierung der Kontakte so viel Verständnis entgegenbringen.
Insbesondere in den vielen Bereichen des Gesundheitswesens und den vielen Pflegeeinrichtungen wird auch gerade zurzeit wieder Übermenschliches geleistet. Parallel waren und sind auch heute noch viele Menschen in den systemrelevanten Berufsgruppen und Organisationen intensiv damit beschäftigt jeden Menschen in im Kleinen wie im Großen bestmöglich zu versorgen und zu schützen. Ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rettungsdienste riskieren immer wieder ihre Gesundheit für uns – dies gilt in Pandemiezeiten ganz besonders. Daneben haben sich viele ehrenamtliche Helfer spontan zusammengefunden um schnell und konkret Hilfsdienste anzubieten. Viele Einzelhändler und Arbeitgeber, aber auch Religionsgemeinschaften und Kulturtreibende wurden kreativ und betraten digitales Neuland. Erzieher, Lehrkräfte und Leitungen der Betreuungs- und Bildungseinrichtungen haben sich immer wieder neu auf die schwierigen und wechselhaften Umstände eingestellt. Die zwischenbehördliche Zusammenarbeit war und ist zu jeder Zeit vorbildlich. Ich danke allen Beteiligten für Ihren unermüdlichen Einsatz.
In diesem schwierigen Jahr fanden in Warendorf Kommunalwahlen statt. Vielen Dank für das mir entgegengebrachte, überwältigende Vertrauen, die Stadt Warendorf in diesen Zeiten zu führen.
Dieses Weihnachten wird anders werden als die vielen unbeschwerten Weihnachtsfeiern der Vergangenheit, bei denen das besondere Fest der Familie keine Grenzen kannte. Für die kommenden Weihnachtsfeiertage möchte ich Sie bitten auch bei Zusammenkünften im engen Familienkreis einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, sich gemeinsam möglichst draußen aufzuhalten und auf Abstand zueinander zu bleiben. Dieses Weihnachten wird für viele vielleicht gerade wegen der fehlenden Begegnungen ein ganz anderes Fest der Besinnung sein. Es mag uns deutlich machen, wie wichtig nicht nur an den Weihnachtstagen, sondern über das gesamte Jahr Zusammenhalt in Familien, Nachbarschaften, Freundeskreisen, in der gesamten Gesellschaft ist. Denn dieser Zusammenhalt ist die Basis für ein friedliches Miteinander.
Weihnachten ist auch die Zeit um voller Hoffnung und Zuversicht auf das zu schauen, was vor uns liegt. Dieses Vertrauen in eine gute, in eine bessere Zukunft brauchen wir dieses Jahr mehr denn je. Ich bin überzeugt: Wenn wir einander zuhören, einander Verständnis entgegenbringen und uns manches verzeihen, können wir gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.
Ich wünsche Ihnen als Bürgermeister der Stadt Warendorf eine gesegnete und friedvolle Weihnacht, frohe und besinnliche Feiertage und alles Gute für das kommende Jahr.