„Es ist nur eine Übung“, reden die beiden Betreuerinnen immer wieder beruhigend auf die sichtlich verwirrte ältere Dame ein, die vor dem Haupteingang des Altenzentrums St. Josef in Sassenberg steht. Ihre Augen wandern immer wieder zu den zuckenden Blaulichtern der Feuerwehrfahrzeuge vor dem Haus und auf der Straße. „Aber die Feuerwehr“, sagt sie immer wieder. „Nur eine Übung“, wiederholen die zwei betreuenden Frauen und versuchen die Frau zu beruhigen. „Wir dürfen hier nicht im Weg stehen“.
Der Anblick war ja auch beeindruckend. Mehrere Feuerwehrfahrzeuge mit zuckendem Blaulicht und hellen Scheinwerfern hoben sich vor dem blauen Schein der Abenddämmerung ab. Die Wehrleute wiederum hätten sich im Ernstfall vermutlich auf weitere verwirrte Personen einstellen müssen, die ihre eigentliche Aufgabe, den Brand zu löschen, sicher nicht erleichtern würden. Denn das von den beiden Wehrführern der Sassenberger Wehr Matthias Freese und Stellvertreter Heinrich Otte für den Abend des 17. September erarbeitete Übungsszenario war ohnehin bereits anspruchsvoll genug: Ein Feuerteufel muss unterwegs gewesen sein, denn die Brandmeldeanlage hat für vier Stellen zugleich ausgelöst. Im Veranstaltungsraum, in Zimmern im 1. und 2. Obergeschoss, sowie in der Tagespflege herrscht dichter Qualm von vier Nebelmaschinen. „Vier Dummys sind zu finden und zu retten“, erläutert Matthias Freese.
Ein Altenzentrum mit 80 Bewohnern, vier Brände, unübersichtliche Lage – da wäre es nicht beim Einsatz der beiden Löschzüge aus Sassenberg und Füchtorf geblieben. „Der Einsatzleiter hat fiktiv mehrere Züge nachgeordert, dazu die entsprechende Stufe MAnV (Massenanfall an Verletzten) ausgerufen. Somit wären im Ernstfall noch zahlreiche weitere Rettungswagen und Notärzte vor Ort“, erläutert Heinrich Otte.
Anders gesagt: Die kleine Sackgasse vor dem Altenzentrum hätte zur Aufnahme der Fahrzeuge gar nicht ausgereicht.
Glücklicherweise handelte es sich nur um eine der zwei pro Jahr routinemäßig stattfindenden, gemeinsamen Übungen der Sassenberger und der Füchtorfer Feuerwehr. Aber wie gesehen keine leichte Übung.
Die rund 60 Wehrleute sind hochkonzentriert bei der Sache, obwohl sie wissen, dass es nur eine Übung ist. Sie wissen: Gerade in solchen Situationen spielt sich Zusammenarbeit ein, gewinnt man Erfahrungen, die im Ernstfall wichtige Sekunden bedeuten und Leben retten können.
Die notwendigen Schlüssel und die Infos der Brandmeldeanlage sind schnell gefunden. Entsprechend der Einsatzlage werden drei Abschnitte gebildet. Die 80 Bewohner zum Teil informiert oder abgeschottet. Im Ernstfall wären deren Alter, mögliche Gehbehinderungen oder Demenz zusätzliche Herausforderungen.
Faktoren, die mit einbezogen werden müssen. Daher schickt Einsatzleiter Patrick Hillebrand einen Trupp los, der das Außengelände absuchen soll. Falls mal ein Bewohner sich unbemerkt alleine auf den Weg gemacht hat und nun herum irrt.
Nach einer Stunde ist die Übung erfolgreich beendet. Alle Dummys sind gefunden, die vermeintlichen Brände gelöscht. Die Verantwortlichen sind mit dem Ergebnis der Übung zufrieden, bei der auch kleinere Schwachstellen aufgedeckt wurden.
Die ältere Dame ist längst wieder auf ihrem Zimmer. Und auch wenn sie die Situation nicht wirklich verstanden hat, kann sie beruhigt schlafen. Denn die Sassenberger Feuerwehren haben wieder einmal gezeigt, dass sie auch für schwierige Situationen gewappnet sind.
Fotos: Joe Rieder