
Die Gewinner des Urban Mining Student Award Architektur 2024/25 stehen fest. Der Wettbewerb wurde erstmals von der Münster School of Architecture ausgelobt. Der an der Bergischen Universität Wuppertal entstandene Wettbewerb zeichnet Konzepte, Ideen und Strategien zur Förderung einer konsequenten Kreislaufwirtschaft aus. Beim diesjährigen Award, der dank eines Sponsorings von Köster Bau und Hottgenroth Software ermöglicht wurde, stand eine urbane Industriebrache in Warendorf im Fokus der Betrachtung. Die Siegerteams kommen von der Hochschule Koblenz, der Bergischen Universität Wuppertal, der Hochschule Trier und der Berliner Hochschule für Technik.
Urbane Industriebrache Warendorf
Schauplatz des Urban Mining Student Award 2024/25 ist die Emsinsel in Warendorf – ein Areal zwischen historischem Marktplatz und nordrheinwestfälischem Landgestüt.
Seit mehr als 20 Jahren schlummert das Industrie-Areal in Warendorf einen Dornröschenschlaf. Von 1847 bis 2003 wurden auf dem Grundstück zwischen der Ems und dem Emssee Bettwaren hergestellt. Nach dem Niedergang des produzierenden Gewerbes passierte lange nichts – bis die Stadt schließlich das Grundstück kaufte. Der städtebauliche Entwurf zur Transformation des Industrieareals in ein urbanes Quartier sah den Erhalt einiger Hallen bereits vor.
„Hier setzt der Urban Mining Student Award an und macht die Umnutzung der Hallen zur Aufgabenstellung des Wettbewerbs“, sagt Prof. Dr. Anja Rosen von der Münster School of Architecture. „Die Studierenden waren gefragt, Entwurfskonzepte und baukonstruktive Lösungsansätze zur Transformation dreier Hallen entlang der zukünftigen Kulturachse zu entwickeln. Hierfür bekamen Sie einen Katalog an die Hand, in dem wiederverwendbare Bauteile aus rückzubauenden Gebäuden verzeichnet waren. Zur Optimierung ihrer Konstruktionen und Berechnung der Zirkularität wurde den Teilnehmenden die Software ECO-Pass zur Verfügung gestellt, mit der der ‚Urban Mining Indicator` berechnet werden kann. Ziel war es, möglichst viele vorhandene Materialien im Sinne eines ‚Re-Beauty‘ für die Umgestaltung zu nutzen.“
Siegerentwürfe überzeugen mit architektonischer Qualität
In einem spannenden Preisgericht hat eine professionelle Jury am 11. April aus 28 Entwürfen vier Preise und zwei Anerkennungen ausgewählt.
Der erste Preis wurde mit 1.200 € prämiert und ging an Tim Becker und Frederic Herbel von der Hochschule Koblenz.
Zwei zweite Preise mit je 900 € Preisgeld gingen an Noah Sattler und Andreas Witrahm von der Bergischen Universität Wuppertal sowie an Jonas Müller und Phil Speer von der Hochschule Trier.
Über den dritten Preis mit 500 € Preisgeld freuten sich Jan Blank, Jakob Schulz und Jonas Staeder von der Berliner Hochschule Technik.
Details/Erläuterungen zu den Entwürfen
1. Preis: Tim Becker und Frederic Herbel – alte Industrie in neuer Form
Das Besondere an dieser Arbeit ist, dass die Methode offengelegt wird. Die Themen des Urban MInings werden atmosphärisch zusammengebracht. Fassaden sind alt/neu dargestellt. Es gelingt den Verfassenden, die Materialien als vorhandene Ressourcen einzubinden, so dass die Arbeit methodisch schwer zu toppen ist.
Im Entwurf wird eindrucksvoll aufgezeigt, wie Urban Mining zu einer Architektursprache werden kann, ohne gebastelt zu wirken oder modisch zu sein. Die Arbeit hebt sich damit ab, von dem was wir in einer Mainstreamarchitektur sehen. Sie fußt auf den städtebaulichen Vorgaben und akzeptiert sie, verlagert aber den Experimentierraum in die Tiefe. Das Thema des Urban Mining zieht sich durch die ganze Arbeit vom Städtebau bis ins Detail.
Die Arbeit überzeugte die Jury durch die methodische Herangehensweise und den starken Gedanken des „Re-Beauty“.
2. Preis: Noah Sattler und Andreas Witrahm – Cinelofts Warendorf
Der Vorschlag „Cinelofts“ überrascht mit einem klugen u. tief ausformulierten Nutzungsvorschlag für ein Kino und bietet ein stimmiges Gesamtbild mit den anderen Kubaturen und Fassaden.
Der Betrachtungsperimeter wird erweitert um die alte Näherei und sorgt für eine tiefe und durchgearbeitete Betrachtung der Zirkularität und führt diese zu einer ausdrucksstarken Architektursprache als identitätsbildendes Element. Die Terrasse oberhalb des zukünftigen Stadtplatzes schlägt eine städtebauliche Brücke zum Stadtkern auf der gegenüberliegenden Uferseite.
Die überraschende Programmierung und die städtebaulichen Verbindungen wurden von der Jury besonders gewürdigt.
2. Preis: Jonas Müller und Phil Speer – Patchwork
Den Verfassenden gelingt eine sehr atmosphärische Arbeit mit einer starken Detailtiefe. Durch das Fortschreiben der vielfältigen Dachlandschaften greift die Arbeit neben dem Urban Mining räumliche Aspekte auf und führt diese stimmig zu einer Gesamtkonstruktion.
Die Verfassenden orientieren sich am städtebaulichen Entwurf, setzen sich aber dafür ein, dass durch Erhalt eines weiteren Achsmaßes im Norden des Areals noch mehr Substanz erhalten und umgenutzt wird.
Die Jury lobt das Weiterbauen vorhandener Strukturen und den durchdachten Einsatz von wiederverwendeten Bauteilen, wobei die Herkunft der Materialien noch mehr Bezug zur Lokalität nehmen könnte.
3. Preis : Jan Blank, Jakob Schulz und Jonas Staeder: Räume in Resonanz
Der Erhalt der ehemaligen Trägerstruktur im Freiraum führt zu einem Kontinuum zwischen den Gebäuden. Hier belegt sich der Titel „Räume in Resonanz“
Die Setzung der Gebäude ist sehr solide und klar. Der Erhalt und Umbau eines weiteren Gebäudes (Stahlbetonskelettbau, Halle 06) wird von der Jury sehr positiv wahrgenommen: Die Transformation zeigt eine Eigenständigkeit, die sich in den Bestand integriert. Die Schichtung der Fassade verleiht dem vorher sehr schlichten Gebäude eine Tiefe, die der Nutzung guttut, auch wenn der Ausblick unter der zweiten, verschiebbaren Hülle aus transluzenten Platten optimierungsfähig ist.
Das Preisgericht würdigt die umfassende Weiternutzung des Bestands und das präzise Re-Use Konzept.
Im Urban Mining Student Award 2024/25 stand der Umbau des Bestands unter Wiederverwendung lokaler Materialien im Fokus. „Die ausgezeichneten Arbeiten zeigen, dass durch die Transformation alter Industriehallen nicht nur nachhaltige Architektur, sondern vor allem eine besondere Ästhetik entstehen kann, die einem Quartier einen einzigartigen, identitätsbewahrenden Ausdruck verleiht“ fasst Prof. Dr. Anja Rosen die Ergebnisse zusammen.
Für die Stadt Warendorf war der gesponserte Wettbewerb eine einmalige Gelegenheit, Inspirationen für die architektonische Umgestaltung der industriellen Bestandsgebäude zu erhalten.
Der leitende Baudirektor der Stadt Warendorf berichtet aus dem Preisgericht, dass er aus den Arbeiten verschiedene Denkanstöße mitgenommen habe, wie vorhandene Gebäude und Materialien noch stärker als bisher seitens der Stadt Warendorf mitgedacht und im Rahmen der weiteren Entwicklung des Geländes weiter bzw. wieder genutzt werden können. „Die Impulse aus dem Wettbewerb werden wir auf- und in kommende Gespräche mit Partnern für die Entwicklung der Industriebrache Brinkhaus mitnehmen“, so Pesch.
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Fotos: Stadt Warendorf