Münsterland/Emscher-Lippe-Region. – Kurz vor der Bundestagswahl ist die Stimmung bei den Unternehmen in Nord-Westfalen von großer Unsicherheit geprägt. Dies zeigt sich an den Ergebnissen der Konjunkturumfrage der IHK Nord Westfalen, die die IHK heute (4. Februar) veröffentlicht hat. „Die Wachstumsschwäche hat sich verfestigt. Die gesamtwirtschaftliche Aktivität bleibt auch im Münsterland und in der Emscher-Lippe-Region schwung- und kraftlos“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel. Insbesondere die Industriekonjunktur sei schwach geblieben, die im Handel erhoffte Belebung der Nachfrage habe sich nicht eingestellt. Lediglich der Dienstleistungssektor sorge für eine gewisse konjunkturelle Stabilität, vor allem dank der IT- und der unternehmensnahen Dienstleister.
Den Stimmungstiefpunkt scheint die Wirtschaft hinter sich zu haben, doch Jaeckel vermisst jegliche Aufwärtsdynamik: Der Anteil der zufriedenen und der unzufriedenen Stimmen hält sich ungefähr die Waage: 26 Prozent verzeichnen eine gute Geschäftslage, vier Prozentpunkte mehr als bei der Umfrage im Herbst 2024. 24 Prozent melden schlechtere Geschäfte, zwei Prozentpunkte weniger als im Herbst. Der IHK-Konjunkturklimaindikator verbessert sich damit zwar leicht um sieben Zähler auf rund 97 Punkte. Dennoch liegt er weiterhin deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von knapp 110.
Beim Ausblick stellt sich allenfalls eine leichte Stimmungsaufhellung ein. Eine bessere Geschäftslage erwarten nur knapp 19 Prozent der befragten Unternehmen, das sind fünf Prozentpunkte mehr als im Herbst. Mit schlechteren Geschäften rechnen 26 Prozent der Betriebe, zwei Prozentpunkte weniger als bei der Umfrage zuvor.
Zu den anhaltend hohen konjunkturellen Risiken sind Unsicherheiten über die politischen Rahmenbedingungen hinzugekommen. Der Blick richtet sich insbesondere auf die künftige Bundesregierung. „Sie muss mit der Aufnahme der Regierungsgeschäfte zügig die Lösung der Wachstums- und Standortprobleme in Angriff nehmen“, fordert Jaeckel. Aus Sicht der Wirtschaft stehen Bürokratieabbau, sinkende Steuerbelastung, Erhaltung und Ausbau der Infrastruktur und schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren an vorderster Stelle, um die Wachstumskräfte wieder zu beleben. „Dabei sollte gerade der Mittelstand als Rückgrat unserer Volkswirtschaft stärker berücksichtigt werden“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Mittelständische Unternehmen wünschten sich weniger Subventionen oder einzelne Zuschüsse. „Sie brauchen stattdessen Verlässlichkeit und wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen“, unterstreicht er.
Unterschiede bei den Einschätzungen zeigen sich in den Teilregionen: Im Münsterland machen fast 29 Prozent der Befragten gute Geschäfte, knapp 19 Prozent sehen ihre Lage als „schlecht“ an. In der Emscher-Lippe-Region bezeichnen dagegen weniger als 19 Prozent die Geschäftslage als „gut“ und fast 39 Prozent als „schlecht“. Das hängt nicht zuletzt mit hohen Energie- und Produktionskosten zusammen. Diese wirken sich insbesondere in der Emscher-Lippe-Region mit einem hohen Anteil energieintensiver Unternehmen aus.
Ein unterschiedliches Bild zeigt sich auch bei den Branchen. Nur 19 Prozent der Industriebetriebe machen gute, 38 Prozent schlechte Geschäfte. Besonders groß sind die Sorgen im Handel: Gerade einmal zehn Prozent der Unternehmen mit einer „guten Geschäftslage“ stehen 35,4 Prozent mit einer „schlechten Geschäftslage“ gegenüber. Bei den Dienstleistungen ist das Verhältnis genau umgekehrt. Hier melden 34,7 Prozent der Unternehmen gute Geschäfte, nur 11,6 Prozent sind unzufrieden. „Die Dienstleistungen sorgen für eine gewisse konjunkturelle Stabilität“, erläutert Jaeckel.
Die größte Sorge der Unternehmen bleibt, wie schon im Herbst 2024, die Nachfrageschwäche. Von 64 Prozent der Befragten wird die Inlandsnachfrage als Konjunkturrisiko angesehen, in der Industrie sind es sogar 71 Prozent. Auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen werden mit nunmehr knapp 60 Prozent hoch gewichtet und stehen an zweiter Stelle der belastenden Faktoren. Fachkräftemangel (56 Prozent) sowie Arbeitskosten und Energie- und Rohstoffpreise (jeweils rund 55 Prozent) gelten ebenfalls als Konjunkturrisiken.
Die Beschäftigungssituation bewegt sich im Spannungsfeld zwischen dem Fachkräftemangel und einer konjunkturbedingt schwächeren Personalnachfrage. 56 Prozent der Betriebe fehlen Fachkräfte, noch vor einem Jahr lag der Anteil der Nennungen mit rund 71 Prozent allerdings merklich höher. Vor allem in den Dienstleistungsbranchen bremst der Mangel an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die wirtschaftliche Expansion. Hingegen muss in Teilen der Industrie mit Stellenabbau gerechnet werden. Von den befragten Unternehmen planen 41 Prozent mit einer Verringerung der Beschäftigtenzahl. Auch rechnet fast jeder vierte Händler damit, sozialversicherungspflichtig Beschäftigte entlassen zu müssen.
Diese Skepsis drückt sich auch durch eine Zurückhaltung bei Investitionen aus: 24 Prozent der Befragten planen höhere Investitionen im Inland, 26 Prozent geringere Ausgaben. Auch die anhaltend schwierige Finanzlage hindert Unternehmen daran zu investieren. Liquiditätsengpässe melden 17 Prozent der Befragten, einen Rückgang beim Eigenkapital sogar fast 18 Prozent.
Besorgt blickt die IHK Nord Westfalen auf das Auslandsgeschäft. Drohende Handelsschranken und Zölle bei der Einfuhr in die USA verunsichern die Wirtschaft. „Die Vereinigten Staaten bleiben ein wichtiger Handelspartner für die nord-westfälische Wirtschaft“, betont Jaeckel. Der Versuch, hinter mögliche Zollschranken zu kommen, spiegelt sich in der Konjunkturumfrage wider: Jeder zweite Industriebetrieb, der sich im Ausland engagiert, plant, in den USA zu investieren. „Nach der Eurozone ist damit Nordamerika die zweitwichtigste Zielregion für Auslandsinvestitionen“, resümiert der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Der Konjunkturbericht und weitere Informationen unter www.ihk.de/nw/konjunktur.
Als „schwung- und kraftlos” bewertet Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen, die gesamtwirtschaftliche Aktivität in Münsterland und Emscher-Lippe-Region.
Foto: Mensing/IHK Nord Westfalen