Kleine Reportage aus der „Aktion-Kleiner-Prinz“-Halle

„Annahmezeiten für Sachspenden Dienstag von 10 bis 12 Uhr und Donnerstag von 15 bis 17 Uhr.“

Das ist eine klare Information, und wer auf Keller oder Dachboden, bei Haushaltsauflösungen oder einer größeren Räumaktion Verwertbares gefunden hat und der Aktion Kleiner Prinz zur Verfügung stellen möchte, steuert zu diesen Öffnungszeiten die Halle am Hartsteinwerk an. Kartons ausladen – erleichtert und mit dem schönen Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, fährt man wieder nach Hause.

Kaum jemand aber hat eine Vorstellung davon, wie es in der Halle weiter geht und welch perfekte Organisation nötig ist, damit aus dem Chaos von Kisten, Tüten und Behältern ein System wird, sodass alle Spenden an den genauen Ort und die richtige Adresse gelangen. Wir haben uns einmal umgesehen an einem der Annahmetage:

Eben ist ein Spender auf den Parkplatz gefahren, schon steht ein freundlicher Helfer mit einem Rollwagen da. Er hilft, die Kartons und Taschen aus dem Kofferraum auf eine sogenannte Corlette zu wuchten und fährt sie in die Halle. Bücher bleiben gleich rechts auf dem großen Tisch neben dem Eingang und werden von den sachkundigen Mitarbeitern um Teamleiter Ulf Bergelt sortiert und in die Regale geräumt. Weil alle Sparten deutlich gekennzeichnet und nach Autoren alphabetisch geordnet sind, können Bücherfreunde ihren Lesestoff später bei den Büchersonntagen oder beim Trödelmarkt mühelos finden.

An langen Tischen, die beinahe die ganze Breite der Halle einnehmen, werden die anderen Sachspenden ausgepackt, gesichtet und sortiert.

In der Porzellanabteilung machen das heute Jutta Fels und Edeltraud Schön. Aus zerknittertem Zeitungspapier schälen sie behutsam Teller, Tassen, Kannen und Schüsseln. Was passt zusammen? Ist das Service vollständig und unbeschädigt? Auch sauber? Der Tisch steht voll; mit geübtem Blick ordnen die beiden Frauen die Einzelteile einander zu und verpacken sie neu. Wird man das nicht irgendwann leid? Edeltraut Schön lächelt und verrät: „Ich liebe Porzellan! Schon immer habe ich ein Faible für schön gedeckte Tische gehabt. Deshalb macht es mir auch hier Freude, mit Porzellan umzugehen. Außerdem ist es ja immer spannend, was sich im nächsten Karton verbirgt; etwas von Rosenthal oder Meißen ist durchaus auch manchmal dabei!“ 

Hinter dem Packtisch der Porzellanfrauen ist vor einigen Wochen eine Rollenbahn installiert worden. Diese Neuanschaffung erleichtert die Arbeit ganz erheblich: Auf ihr stehen in langer Reihe die Kartons, in die die sortierte Ware gepackt wird. Auf der vorderen Lasche und an der Seite der Kisten ist vermerkt, was hineingepackt werden soll und welchem Zweck die Sachen zugeführt werden: Gehen sie nach Bosnien oder Rumänien oder sind es Dinge, die für den Trödelmarkt bestimmt sind? Ohne Kraftaufwand gleiten die gefüllten Kartons zum Ende der Rollenbahn. Dort verschließen die Frauen mit Hilfe eines Gerätes die Kisten mit stabilen Kunststoffbändern, sie können nun auf Paletten gepackt werden.

Auch die Arbeit in der Abteilung für Textilien ist spürbar leichter geworden, seit es die Rollenbahn gibt, weil das Schleppen und Heben der Kartons jetzt weg fällt. Aber auch so ist es noch mühsam genug, sich durch die Berge von Spenden zu arbeiten: Jedes Kleidungsstück wird genau in Augenschein genommen und auf Schäden, Verschmutzung und Tragbarkeit geprüft. Dann wieder zusammengefaltet und einsortiert. Bei der Bett- und Tischwäsche, die in großer Stückzahl zusammen kommt, ist ebenfalls eine gründliche Prüfung erforderlich.

Maria Grieben, Margret Bröggelhoff und Gisela Träger erledigen das mit Gelassenheit und erkennbarer Routine. Die Stimmung ist fröhlich und entspannt. Jemand hat in der kleinen Küche schon Kaffee gekocht, Plätzchen gibt es auch; manchmal sogar Kuchen. Alle freuen sich auf die Pause im geräumigen Sitzungszimmer.

Auch Marlies Hecker und Gisela Schoppmann können diese Unterbrechung genießen: Ihr Arbeitsplatz ist heute an der Rückseite der Halle in der Spielzeugabteilung. Vom Boden bis zur Decke stapeln sich in einem Regal hunderte Spiele, die sie alle schon auf ihre Vollständigkeit geprüft haben. Eine große Kiste mit Matchbox-Autos ist eben begutachtet und sortiert worden, und auf dem Tisch liegt noch ein ganzer Berg mit Kleinteilen: Legosteine, Puppenzubehör, kleines Kochgeschirr und kaum zuzuordnende Plastikteile. Die ein- oder andere Weihnachtsdeko kann man hier auch finden. Wie behält man an solch mühseliger Tätigkeit Freude? Gisela Schoppmann verblüfft mit ihrer Antwort: „Nun, ganz einfach: mit Herzblut und Geduld!“

Wenn die Kartons dann gefüllt und verschnürt auf den Paletten gestapelt sind, folgt die Arbeit für Günther Darazs und Michael Dambritz. Sie stehen heute nebenan in der Kalthalle an der Waage, und man merkt gleich: Dies ist ein eingespieltes Team. Weil Bosnien kein EU-Land ist, müssen für die Hilfslieferungen dorthin genaue Zolllisten geführt werden. Es gilt, die Kartons zu wiegen, zu nummerieren und den Inhalt exakt zu deklarieren: Damen-, Herren-, Kinderkleidung, Sommer- und Winterware, Heimtextilien und Kleinmöbel, Geschirr, Töpfe und Pfannen. In Bosnien finanziert die Organisation Bread of Life mit den Spenden Sozialprojekte für Kinder.

Die Lieferungen nach Rumänien sind weniger kompliziert. So ist Ende Juli der Transport Nummer 304 auf den Weg gebracht worden, in einem in 40-Tonner, vollgepackt mit Sachen, die die Warendorfer Bevölkerung gespendet hat und die dort dringend gebraucht werden. In Sozialkaufhäusern, die die rumänische Caritas betreibt, werden die Spenden für kleines Geld an bedürftige Menschen abgegeben. In den Hochregalen der Kalthalle stapeln sich schon wieder sorgfältig verpackte und deutlich beschriftete Paletten für den nächsten Transport, der für den Herbst geplant ist.

Hein-Eugen Nass ist zusammen mit Carola Frasch für Bilder und Rahmen zuständig. Mit Kennerblick taxiert er die eingegangenen Kunstwerke. Da ist alles dabei: Vom Alpenstilleben über das Stickbild bis zum modernen Farbdruck, alle Geschmäcker werden hier bedient. „Besonders die Rahmen sind beim Trödelmarkt gefragt“, erzählt Hein-Eugen Nass und verstaut einen prächtigen Barockrahmen vorsichtig ins Regal. „Wenn vom 3. Bis 6. Oktober hier der große Trödelmarkt seine Tore öffnet, wird der sicher einen Liebhaber finden!“

Bis dahin werden alle ehrenamtlichen Helfer noch eine Menge zu tun haben. „Herzblut und Geduld“ sind wohl unerlässliche Voraussetzungen, um diese Arbeit immer wieder aufs Neue zu leisten. Aber alle Helferinnen und Helfer sind sich einig: Die Mühe lohnt sich! Mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz leisten sie einen wichtigen Beitrag, die Not von Kindern in aller Welt zu lindern. Diese Gewissheit ist Motivation und Kraftquelle zugleich.

Eva-Maria Schmitz

Fotos: Aktion Kleiner Prinz