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Projektfahrt in die Jugendbegegnungsstätte Ysselsteyn in den Niederlanden

Frieden und Versöhnung über den Gräbern?!

Im Rahmen der diesjährigen Projekttage fuhr eine Gruppe von 16 Schülerinnen und Schülern des Gymnasium Laurentianum zusammen mit den begleitenden Lehrerinnen und Lehrern Christine Drees, Verena Jürgens und Robin Krühler nach Ysselsteyn in den Niederlanden. In Ysselsteyn befindet sich mit insgesamt fast 32.000 gefallenen deutschen Soldaten und Kriegstoten der größte Soldatenfriedhof der Niederlande, der vom „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ unterhalten und gepflegt wird. Direkt neben dem Friedhof liegt eine Jugendbegegnungsstätte des VDK, in der Schülergruppen unterkommen und betreut werden können. Unterstützt und gefördert wurde das Projekt zudem durch die „Stiftung Gedenken und Frieden“.

Zentrale Frage des Projekts war, inwiefern vor dem Hintergrund von so vielen sinnlos Gestorbenen und von unvorstellbaren Kriegsgräueln und Gewalt von deutscher Seite eine Versöhnung und Frieden zwischen den Völkern stattfinden und welche Rolle heute eine Kriegsgräberstätte dabei spielen kann. Hierzu unternahmen die Gymnasiasten aus den Jahrgangsstufen 9 bis Q1 (Jahrgangsstufe 11) eine Vielzahl von Aktivitäten, die nicht nur die deutsche Sicht und den Umgang mit dem 2. Weltkrieg, sondern auch die Sichtweise unserer niederländischen Nachbarn beleuchteten.

So besuchten die Schüler nach einer ausgiebigen Friedhofsführung auf einem Tagesausflug nach Amsterdam das Verzetsmuseum, welches sich mit den Niederlanden unter deutscher Besatzung (1940-45) auseinandersetzt. Auch das Kriegs- und Widerstandsmuseum in der benachbarten Kleinstadt Overloon thematisiert vor dem Hintergrund der dort im Herbst 1944 stattgefundenen Schlacht die niederländische Perspektive auf den 2. Weltkrieg. Zurück in Ysselsteyn setzten sich die Schülerinnen und Schüler intensiv mit einzelnen Schicksalen von dort begrabenen Soldaten auseinander, was die Jugendlichen sehr nachdenklich stimmte. So sagte Philip Kleykamp zu dem Schicksal eines 16jährigen Soldaten, der an der Front gefallen ist: „Ich finde es erschreckend mir vorzustellen, wie ich mich jetzt als Soldat im Krieg befinden würde, genau wie die Jungen damals ja schon in meinem Alter eingezogen wurden.“

Der Höhepunkt der Fahrt war allerdings das Gespräch mit Afko Schoonbeek, dem 1936 geborenen Sohn eines niederländischen Widerstandskämpfers. Er beeindruckte die Schülerinnen und Schüler mit der Lebensgeschichte seines Vaters, der gegen die deutsche Besatzung kämpfte und nach dem Krieg an seinen Verletzungen durch die Lagerhaft, u.a. im KZ Neuengamme starb. Schoonbeek sprach darüber, wie er die Besatzung als Kind erlebt hat und wie er in ärmlichen Verhältnissen um sein Leben bangen musste. Außerdem berichtete er, wie schwer es ihm fiel, über seinen Vater und den Krieg zu sprechen. Erst als er Mitte der neunziger Jahre den Ehering und eine Armbanduhr von seinem Vater aus dem Konzentrationslager bekam, begann er sich intensiv mit dem 2. Weltkrieg und seinem Vater auseinanderzusetzen. Obwohl Afko Schoonbeek durch die Deutschen im 2. Weltkrieg seinen Vater verloren hat, verspürt er keinen Hass den Deutschen gegenüber, weil er denkt, dass Schuld nicht vererbbar sei. Er versucht mit der Geschichte von ihm und seinem Vater aufzuzeigen, was Krieg bedeutet und besonders Jugendlichen als Zeitzeuge von seinen Erfahrungen zu berichten. Am Ende beeindruckte er die Laurentianer mit einem Gedanken zur Freiheit. Schoonbeek verglich die Freiheit mit einem Fisch, der im Wasser schwimmt und sagte: „Der Fisch wird niemals bemerken, dass er sich im Wasser befindet, obwohl er die ganze Zeit darin schwimmt, doch ohne das Wasser kann der Fisch nicht überleben. Es ist wichtig, dass ihr euch bewusst seid, was für ein Geschenk es, ist in Freiheit zu leben, aber noch wichtiger ist es, diese Freiheit gegen alles zu beschützen, weil sie für unser Leben unabdingbar ist.“ Mit genau diesem Gedanken fuhren die Jugendlichen zurück nach Warendorf. Das Thema der Fahrt: „Frieden und Versöhnung über den Gräbern?“ schien anfangs vielleicht etwas absurd, doch am Ende hat sich gezeigt, dass das Gedenken an die vielen Toten helfen kann, den Frieden zu bewahren und über die Folgen einer Diktatur aufzuklären, die schon ihre Kinder in den Krieg schickte.