
Die besondere Geschichte der Müllerinnen Christine und Angela Terfloth machen Telgte zum FrauenOrt.
Mit dem Projekt FrauenOrte NRW würdigt der FrauenRat NRW e.V. an 52 Orten besondere Frauenpersönlichkeiten aus über 1000 Jahren Geschichte. Zwei dieser Frauen lebten in Telgte: Christine und Angela Terfloth sorgten im 19. Jahrhundert dafür, dass die Mühle am Bernsmeyerhaus für 70 Jahre in weiblichem Familienbesitz blieb. Sie setzten ausschließlich Töchter und Nichten als Erbinnen ein. Jetzt wurde den Pionierinnen weiblicher Selbstbestimmung zu Ehren eine Gedenktafel am Bernsmeyerhaus enthüllt.
Bürgermeister Wolfgang Pieper begrüßte die Gäste – unter ihnen auch Wolfgang Bruens, ein Nachfahre der Terfloth-Schwestern sowie der ehemalige Bürgermeister Ulrich Roeingh. Er bedankte sich bei allen, die sich für die Sichtbarmachung der Frauen eingesetzt haben, die Geschichte geschrieben haben, aber oft nicht wahrgenommen wurden. Pieper: „Männer haben eine eingeschränkte Sicht, wir weiten jetzt unseren Blick.“ Die Stele unter der Weide beim Christoph-Bernsmeyer-Haus sei dezent und ins Auge fallend zu gleich.
Sarah Gonschorek als Vertreterin des FrauenRats NRW machte in ihrer Ansprache deutlich, wie wichtig es sei, Frauengeschichten sichtbar zu machen. „Du kannst das werden, was du siehst“, sagt sie. „Erfolg ist nie eine Frage des Geschlechts, und es war nie eine Frage des Geschlechts.“
Dr. Stefanie Reitzig, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Telgte, und Gaby Fartmann, ehemalige Gleichstellungsbeauftragte und Mitwirkende im Verein Kulturelle e.V., sind glücklich, dass ihr Antrag vom FrauenRat angenommen wurde, die Terfloth-Frauen zu würdigen. „Telgte darf sich nun FrauenOrt nennen“, sagt Reitzig. Sie machte noch einmal deutlich, was die Frauen vor fast 300 geleistet haben. „Christine Terfloth hatte zwölf Kinder und war gleichzeitig Unternehmerin“, so Reitzig. Gaby Fartmann erinnert sich in ihrer Rede an die Recherche-Zeit: „Wir geisterten durch Archive, haben Fotos gemacht und Texte geschrieben.“ Arbeit, die sich gelohnt habe.
Pastoralreferent Richard Schu-Schätter sprach als Vertreter der Gemeinde Sankt-Marien als Eigentümerin des Christoph-Bernsmeyer-Hauses, in dem viele Jahre die Mauritzer Franziskanerinnen gelebt und gewirkt haben. „Hier ist also ein wirklicher Frauenort“, sagte er. Es brauche in unserem Leben Vorbilder. „Mit der Gedenktafel hat man Frauen-Power sichtbar gemacht.“
Im Anschluss an die Reden, wurde die Gedenktafel enthüllt. Musikalisch begleitet wurde der Festakt am 16. Mai vom Quartett Friday Strings.
In einem fiktionalen szenischen Dialog zwischen Christine und Angela Terfloth – mit Blick aus dem Himmel auf das Bernsmeyerhaus, das verwunderlicher weise nicht den Namen Terfloth-Haus trägt – erweckten Fartmann und Reitzig die Mühlenfrauen schließlich noch einmal zum Leben. Sie luden dazu ein, die Erinnerung an diese beiden Telgterinnen weiterzutragen und zu bewahren.
Die Geschichte der Terfloth-Frauen:
Die außergewöhnliche Geschichte der Terfloth-Frauen begann im Jahr 1833. Christine Terfloth war Witwe geworden und schloss 1938 die Kaufverhandlungen um die Emsmühlen ab.
Als „Tante Engel“ war sie zudem Versorgerin unverheirateter Familienangehöriger und gemeinsam mit ihren Schwestern auch eine Wohltäterin in Telgte. Über siebzig Jahre blieben die Telgter Emsmühlen in Frauenhand, bis sie 1908 insolvent gingen.
Bei Tourismus + Kultur kann man unter anderem auch eine Frauenstadtführung buchen, in der es auch um die Terfloth-Geschichte geht.
Fotos: Stadt Telgte