Reise der Aktion Kleiner Prinz nach Rumänien (7.-12.April 2019)

„Es ist gut für die Zusammenarbeit, wenn man sich gelegentlich trifft und persönlich mit den Partnern vor Ort sprechen kann“, begründet Michael Quinckhardt, Vorsitzender der Aktion Kleiner Prinz, die diesjährige Reise einer dreiköpfigen Delegation im April nach Satu Mare. Hier ist die Caritas Projektpartner, und hierhin geht der Hauptteil der Sach- und Kleiderspenden, die die Kinderhilfsorganisation dank der Spendenbereitschaft der Bevölkerung aus Warendorf und Umgebung etwa zehnmal jährlich übermitteln kann. „Wir sind sehr auf diese Spenden angewiesen“, erläutert Janos Boros, Priester und Leiter der Caritas Satu Mare. „Rund 40 Prozent der rumänischen Bevölkerung lebt an der Armutsgrenze, 10 Prozent sogar darunter. Seit neunzehn Jahren können wir uns darauf verlassen, von der Aktion Kleiner Prinz Kleinmöbel, Haushalsgegenstände, Spielzeug, Kleidung und anderes geliefert zu bekommen. Wir haben große Lager, in denen die Ware sortiert und aufbewahrt wird, und Spezialisten, die genau wissen, welche Verkaufsstelle gerade was braucht. Das Beliefern geht reibungslos, sodass unsere Kunden immer aus einem guten Warenangebot auswählen können.“ Die Preise für die Waren sind so niedrig, dass auch sehr arme Menschen zugreifen und sich mit Lebensnotwendigem eindecken können. „Und mit dem Erlös finanzieren wir unsere Sozialprojekte“, so Janos Boros. 

Eines der Herzstücke dieser Sozialprojekte ist das Rehabilitationszentrum St. Josef. Hier werden rund 100 Kinder im Alter von null bis etwa sieben Jahren, die unter Geburtsschäden oder sonstigen Behinderungen leiden, unter anderem nach der sehr wirkungsvollen Vojta-Methode behandelt. Die TherapeutInnen sind hochqualifizierte SpezialistInnen. Um in den Genuss der Behandlung zu kommen, die möglichst früh einsetzen und zunächst mehrmals die Woche erfolgen sollte, kommen die Eltern oft von weither aus dem ganzen Kreis Siebenbürgen. „Es wäre schön, wenn wir eine weitere Filiale – eine kleine haben wir im Nordwesten schon eingerichtet – aufbauen könnten“, wünscht sich Janos Boros, „denn die Wartezeiten sind bei Entwicklungsverzögerungen oft einfach zu lang.“ 

Weiterhin betreibt die Caritas Satu Mare – neben den Einrichtungen für Erwachsene bzw. Senioren – unter anderem fünf Kindergärten, ein After School-Programm für Romakinder, ein Familienprogramm sowie ein Erholungszentrum für behinderte Jugendliche. „All diese Einrichtungen sind sehr gut geführt“, fasst Michael Quinckhardt seinen Eindruck zusammen. „Unsere Hilfe durch Sachspenden wird gut verwaltet und kommt bei den Richtigen an.“

Weiter ging die Reise nach Medias in der Mitte Siebenbürgens. Hierhin wird jedes Jahr etwa die Hälfte der Weihnachtspäckchen – 2018 waren es rund 4000 – geliefert, die durch den Einsatz von Kindern, Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen zusammenkommen und Ende November auf dem Wilhelmsplatz in Transporter gepackt und verschickt werden. „Das ist jedes Jahr eine große Freude für uns“, bestätigt Christine Thellmann, die stellvertretende Bürgermeisterin von Medias bei dem Empfang der Reisegruppe im Rathaus der Stadt. „Wir haben hier so viele arme Kinder, denen das Herz aufgeht, wenn sie ein Päckchen geschenkt bekommen. Sie wissen, dass Kinder in Deutschland für sie etwas Schönes eingepackt haben. Kinder helfen Kindern, das ist die schönste Hilfe überhaupt.“ Auch in diesem Jahr werden wieder Weihnachtspäckchen in Medias ankommen. „Hoffentlich wieder so viele wie im letzten Jahr“, wünscht sich Michael Quinckhardt. „Wir von der Aktion Kleiner Prinz sind stolz auf unsere Päckchenpacker und freuen uns über die Freude der Kinder!“

Besuch bei Jenny Rasche, Kinderhilfe Siebenbürgen

Ein weiteres Ziel der Reise der Aktion Kleiner Prinz war Sibiu, die Stadt, in der Jenny Rasche das Zentrum ihrer Aktivitäten hat. Sie ist bekannt aus zwei Reportagen des WDR (die letzte gesendet am 13. Januar 2019 und anzuschauen über die ARD-Mediathek). Die junge Frau unterstützt zur Zeit etwa 200 Kinder, zumeist Roma. Ihre Devise lautet: „Du kannst nicht Menschen leben lassen wie Hunde und erwarten, dass sie sich wie Menschen verhalten.“ Entsprechend geht es bei ihrer Arbeit nicht nur um misshandelte und traumatisierte Kinder, sondern auch um die Verhältnisse, in denen sie leben. „Ich kümmere mich um jede Romasiedlung, auf die ich stoße und die Hilfe braucht, und grenze keinen aus, auch wenn zum Beispiel Alkoholprobleme vorliegen. Nur durch permanente Hilfe kann ich etwas an den Lebensbedingungen ändern.“ Ihre Einsicht: „Man muss den Roma zugestehen, Roma zu bleiben. Es bringt nichts, sie in Plattenbauten in die Nähe rumänischer Normalbürger zu verfrachten. Das muss schiefgehen, denn die kulturellen Unterschiede sind einfach zu groß.“ Statt dessen beschäftigt sie einen Maurer in Vollzeit, der mit ihr die Romasiedlungen aufsucht und den Familien, die in Lehmhütten oder unter Zeltplanen leben, ein Angebot macht: Hilfe beim Hausbau, unter der Voraussetzung, dass die Familie vier Männer stellt, die den Bau eines einfachen Wohnhauses unter der Anleitung des Profis selbständig bewerkstelligen. „Das ist sehr wichtig, dass sie selbst angefasst haben. Dann wird auch nichts wieder zerstört, es ist ja ihrer eigenen Hände Werk“, so Jenny Rasche. „Und die Männer fühlen sich dadurch ernstgenommen und erfahren Achtung.“ Das Baumaterial stellt Jenny rasches Organisation.

Ein solches Haus wird oft auf Gelände gebaut, das nicht wirklich den Roma gehört. Es wird von den Kommunen durch den Bau von Wasser- und Stromleitungen in der Regel aber später legalisiert, denn der Vorteil liegt auf der Hand: Die Roma bleiben unter sich, können aber anständig leben. 

Jenny Rasche berät zudem die Romafrauen über Empfängnisverhütung. „Wenn einige Frauen erst einmal begriffen haben, dass sie nicht unbedingt jedes Jahr ein Kind bekommen müssen, dass sie ihre schon vorhandenen Kinder dann auch besser versorgen können, spricht sich das unter ihnen herum und andere schließen sich an. Die Kindersterblichkeit ist hoch, viele sind unterernährt. Weniger Kinder bedeutet weniger Hunger für die, die schon da sind.“

Jenny Rasche betreibt außerdem zwei Kinderhäuser, in denen sie mit Hilfe von Tagesmüttern, die auf ihrer Lohnliste stehen, schwer traumatisierte Kinder, zumeist Roma, versorgt. Sie arbeitet mit einer Traumatologin und mehreren Sozialarbeiterinnen eng zusammen, um den Kindern die Verarbeitung ihrer Traumata zu ermöglichen. „Die Gewalt unter den unmenschlichen Lebensbedingungen der meisten Romasiedlungen ist sehr hoch. Darunter haben vor allem die Kinder und die Frauen zu leiden. Auch das bessert sich sukzessive, wenn die Lebensbedingungen besser werden.“

Die Aktion Kleiner Prinz prüft, ob eine Unterstützung der Kinderhilfe Siebenbürgen möglich ist. Angedacht ist eine Beteiligung an dem Hausbauprojekt.

Fotos: Ricarda Reker-Nass, Pressesprecherin der Aktion Kleiner Prinz