Weihnachten im Frauenhaus 2020

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Im November lag die Auslastung im Frauenhaus bei 100 %. Zuviel für eine Zufluchtsstätte! Wenn alle Betten belegt sind, hat es sich mit der Zuflucht erledigt – da ist kein Platz in der Herberge.

Jetzt gerade leert sich das Haus ein wenig. Vor Weihnachten freuen sich die Frauen, die eine Wohnung gefunden haben, und setzen alles daran, zum Fest auf dem eigenen Sofa zu sitzen, oder unter dem eigenen Tannenbaum. Manche Frauenhausbewohnerinnen können auch Verwandte oder Freund*innen besuchen, aber den meisten sind diese Kontakte versperrt – nicht wegen Corona, sondern wegen der Sorge, dort vom Gefährder gefunden zu werden.

Das fällt uns erst jetzt auf: auf Abstand gehen, Reisen reduzieren, Aufenthalte in öffentlich besuchten Orten, z.B. Bahnhöfen, vermeiden, Verwandtenbesuche einschränken oder ganz sein lassen – das hört sich an wie Corona Regeln. Tatsächlich sind es aber für die meisten unserer Bewohnerinnen immer lebensnotwendige Alltagsregeln, wenn sie sich von einem gewalttätigen Mann getrennt haben und weiterhin bedroht sind.

Es bleiben also Frauen und Kinder im Haus. Normalerweise gäbe es regelmäßige Gruppentreffen mit aktuellen und ehemaligen Bewohnerinnen, würden wir jetzt im Advent Plätzchen und Bratäpfel backen, uns über die verschiedenen religiösen und nichtreligiösen Bräuche und Feste unserer internationalen Frauen austauschen und voneinander lernen. Normalerweise würden wir zusammen das Haus schmücken, zusammensitzen und jede Menge Kaffee trinken. Normalerweise hätten wir eine schöne stimmungsvolle Weihnachtsfeier mit gutem Essen, “In der Weihnachtsbäckerei“- Singen und/oder Macarena-Tanzen (in diesem Jahr wohl eher Jerusalema), einer Geschenketombola usw.

Da es nun nicht normal sein wird, hier also das kleine Programm: kurze Treffen auf dem Hof, bis der Wind uns wieder hineintreibt. Deko im Haus ist verteilt, wirkt aber irgendwie etwas verlegen. Die gemeinsame Feier mit uns Mitarbeiterinnen entfällt, zu viele Personen aus zu vielen Haushalten. Geschenke für alle wird es natürlich geben. Wie in jedem Jahr gibt es auch wieder die Aktion, dass unsere Kinder ihre Wünsche bei Karstadt an den Tannenbaum hängen dürfen – und alle erfüllt werden.

Übrigens: normalerweise würden wir mit unserem Förderverein „Rettungsring“ auf den Weihnachtsmärkten in Warendorf und Freckenhorst stehen und Wundertüten verkaufen. Oder bei Murrenhoff Waffeln backen. Wir sind sehr froh, dass vielen Menschen unser Angebot fehlt und sie uns deswegen Geld gespendet haben. Dafür bedanken wir uns ganz herzlich bei den vielen Einzelpersonen, Vereinen und Gemeinden.

Auch danken wir für kleine Gesten, die gerade jetzt so wichtig werden: wenn eine Frau sich beim Kleinen Prinzen Einrichtungsgegenstände abholen darf, die sie dringend benötigt, und dort nicht als Spendenempfängerin, sondern wie ein willkommener Gast begrüßt wird. Das gibt Mut, und das gibt Würde zurück, wo sie oft verletzt worden ist. Auch das: wenn Vermieter eine Wohnung anbieten, nicht, obwohl eine Frau im Frauenhaus wohnt, sondern weil sie dort wohnt.

Wir wünschen Ihnen und uns eine freundliche Zeit zum Weihnachtenfeiern oder zum Jahresausklang, und ganz viel Zuversicht für ein gutes neues Jahr 2021. Normalerweise. Und jetzt erst recht.

Spendenkonto: Rettungsring e.V., Förderverein für das Frauenhaus Warendorf

Volksbank IBAN DE46 412 625 01 3417 010400 BIC GENODEM1AHL